Die Jungsozialisten sind alte Hasen, wenn es um Kritik am Weltwirtschaftsforum WEF gehört. Präsidentin Tamara Funiciello war denn auch eine der ersten, die sich lautstark gegen den Besuch von US-Präsident Donald Trump gewehrt hat. «Wir versuchen diesen Besuch zu verhindern. Trump hat hier nichts verloren», sagte sie.
Mir wäre es lieber, keinen Trump zu haben und dafür einen kleineren Protest zu veranstalten.
Von der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die Trumps Besuch bringt, profitieren auch die Juso, räumt sie ein: «Mir wäre es lieber, keinen Trump zu haben und dafür einen kleineren Protest zu veranstalten. Er ist aber ein Zünder und wir haben diese Zündung wahrgenommen und angezündet.»
Gegensätze an der Gegenveranstaltung
Auch die Bewegung für den Sozialismus (BFS), die seit mehreren Jahren in Zürich eine Gegenveranstaltung zum WEF organisiert, das sogenannte «Andere Davos», rechnet dieses Jahr mit mehr Interesse dank Trump. Mitorganisator Philipp Gebhard: «Wir merken, dass die Aufmerksamkeit für unsere Gegenveranstaltung massiv zugenommen hat. Die Demonstration, die am Eröffnungstag angekündigt ist, geht durch die Decke.»
Am Freitag und Samstag werde im Zürcher Volkshaus über die Diskriminierung von Frauen weltweit diskutiert. «Es ist sehr symbolisch. Das WEF lädt Trump nach Davos ein. Wir haben Sherry Wolf, eine US-Aktivistin, die den ‹Women's March› bei der Inauguration von Trump mitorganisiert hat, eingeladen.» Da sehe man den Gegensatz, wer sich in Davos treffe und wer im Zürcher Volkshaus.
Das Original der Globalisierungskritik
Er bringt also nicht nur dem WEF, sondern auch den WEF-Kritikern und ihren Anliegen zusätzliche, teils sehnlichst erhoffte Aufmerksamkeit. Der US-Präsident bekämpft selber eines der grossen Ziele des WEF: die Ausbreitung des Freihandels. Mit ihm in den gleichen Topf geworfen werden, das wollen die WEF-Kritiker aber auf keinen Fall.
Oliver Classen, Kommunikationsverantwortlicher der Nichtregierungsorganisation Public Eye, betont: «Das Original der Globalisierungskritik kommt nicht aus der rechten Ecke, sondern aus der Linken. Wir haben es schon in den 80er-Jahren formuliert und es hat sich nichts daran geändert. Es geht um Widerstand gegen ungehemmten Freihandel, die Liberalisierung von Finanzmärkten und den Abbau von öffentlichen Dienstleistungen.»
Das zeigt, dass das WEF auch bis zu einem gewissen Grad vom Protest lebt.
Public Eye, die frühere «Erklärung von Bern» hat die Opfer der Globalisierung am WEF zum Thema gemacht. Vor zwei Jahren aber hat sich die Organisation aus Davos zurückgezogen. Ihr Hauptanliegen, Schweizer Unternehmen für ihr Handeln weltweit zur Verantwortung zu ziehen, verfolgt sie nun auf politischer Ebene.
WEF-Verantwortliche schweigen
Der Widerstand sei tatsächlich ruhiger geworden, sagt auch der Public Eye-Vertreter Classen. Das habe paradoxerweise auch dem WEF-Gründer Klaus Schwab nicht gepasst, behauptet Oliver Classen: «Jetzt provoziert Klaus Schwab Widerstand gegen Davos, indem er Trump einlädt oder nicht verhindert, dass er kommt. Das zeigt, dass das Forum auch bis zu einem gewissen Grad vom Protest lebt.»
Ob das WEF mit dem Trump-Besuch tatsächlich provozieren will und wie sehr man dort die Kritiker vermisst – das hätte SRF News gerne die WEF-Verantwortlichen selbst gefragt. Leider wollte beim WEF trotz mehrmaligem Nachfragen niemand dazu Stellung nehmen. Der Trump-Besuch ist für die Organisatoren wohl nicht nur logistisch, sondern auch kommunikativ eine Herausforderung.