Bundespräsidialamt - 140 Stimmen für Berset: Schlechtestes Resultat seit elf Jahren

Wenig Stimmen für den designierten Bundespräsidenten 2023. 2011 wurde dieses Resultat sogar noch unterboten – ebenfalls von der SP.

Innenminister Alain Berset präsidiert im kommenden Jahr zum zweiten Mal den Bundesrat. Er erhielt allerdings lediglich 140 Stimmen – kein Glanzresultat. Zahlreiche Ratsmitglieder legten leer ein oder vergaben ihre Stimmen anderweitig.

Alle Fraktionen hatten die Kandidatur von Alain Berset unterstützt, wie Nationalratspräsident Martin Candinas (Mitte/GR) vor der Wahl bekannt gab. Dennoch wurden 46 der 232 eingegangenen Wahlzettel leer eingelegt, hinzu kamen fünf ungültige.

Stimmen für Amherd und Keller-Sutter

Stimmen gab es dafür auch für andere Bundesratsmitglieder: 16 Stimmen gingen etwa an Bundesrätin Viola Amherd. Bundesrätin Karin Keller-Sutter erhielt zehn Stimmen – 15 Stimmen gingen an andere Personen. Das absolute Mehr lag bei 91 Stimmen.

Neue Vize-Bundespräsidentin wird Mitte-Bundesrätin Viola Amherd – mit einem Glanzresultat. Sie erhielt 207 von 223 gültigen Stimmen. Amherd wird voraussichtlich im Jahr 2024 den Bundesrat präsidieren. Alain Berset sagte nach der Wahl vor der Vereinigten Bundesversammlung, er sehe die Schweiz vor grossen Aufgaben – im Kontext mehrerer Krisen. Dank ihrer Stabilität sei sie aber gut gerüstet.

Die Schweiz habe ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft, mahnte Berset. Sie müsse ihre Gerechtigkeitslücken angehen. Der designierte Bundespräsident des neuen Jahres verwies insbesondere auf die Gleichstellung der Geschlechter, die Inklusion und die Anliegen der jungen Generation.

Als Herausforderung nannte Berset unter anderem den Krieg in der Ukraine. Auch die Klima- und die Energiekrise müssten angegangen werden. Er wünsche der Schweiz für das kommende Jahr exzellente Debatten, geprägt von Respekt, sagte der Neugewählte.

Unterdurchschnittliches Ergebnis

Bersets erhaltene 140 Stimmen liegen deutlich unter den Stimmen für die Bundespräsidenten der Vorjahre. Ignazio Cassis (FDP), Bundespräsident im laufenden Jahr, war Ende 2021 mit 156 von 197 gültigen Stimmen gewählt worden. Sein Vorgänger Guy Parmelin (SVP) hatte vor zwei Jahren 188 von 202 gültigen Stimmen erhalten. Doch Alain Berset ist mit seinem schlechten Resultat nicht alleine.

Bundespräsidialwahlen: Die grössten Flops

Das schlechteste Resultat in der Geschichte machte die SP-Frau Micheline Calmy-Rey 2011: Nur gerade 106 Stimmen konnte sie auf sich vereinen. Vor der Wahl war sie für ihre Rolle in der Libyen-Affäre hart kritisiert worden. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie den Gesamtbundesrat zu spät über eine Befreiungsaktion der beiden Geiseln informiert habe.

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Auch fünf Jahre zuvor hatte Calmy-Rey nicht viel Grund zum Lachen: Zwar holte sie 2006 147 von 246 möglichen Stimmen, doch auch das war das bis anhin schlechteste Resultat der Geschichte.

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Doch auch die SVP kann schlechte Wahlresultate vorweisen: Ueli Maurer wurde 2012 mit 148 Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt – und hatte damit nur eine Stimme mehr als Micheline Calmy-Rey ein paar Jahre vor ihm. Maurer war unter Beschuss geraten, weil er sich trotz breiter Kritik für den Gripen-Kampfjet entschieden hatte.

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Damals wars noch ein Küken, kein Ferkel: Bundespräsident René Felber (links) zu Besuch an der Olma. Mit 158 Stimmen erreichte er 1991 das damals historisch schlechteste Resultat. Heute ist er nur noch auf Platz fünf der am knappsten gewählten Bundespräsidenten der letzten 50 Jahre.

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Auch nicht gerade populär unter den Parlamentariern: Im Jahr 2006 erhielt SP-Bundesrat Moritz Leuenberger 159 Stimmen bei der Wahl zum Bundespräsidenten. Die SVP-Fraktion hatte im Vorfeld der Wahl aufgerufen, nicht für Leuenberger zu stimmen. Die Partei kritisierte ihn für seine Amtsführung als Departementschef.

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Das beste Resultat in den letzten Jahrzehnten hatte SVP-Bundesrat Ueli Maurer 2018 mit 201 Stimmen. Und Berset hatte seine erste Wahl zum Bundespräsidenten 2018 mit 190 von 210 gültigen Stimmen geschafft.

Während Pandemie im Fokus

Im Bundesrat sitzt der 50-Jährige seit 2011, als Nachfolger von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Genauso lange steht er dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) vor. Dort ist Berset namentlich für die Gesundheits- und Sozialpolitik zuständig. Zu seinen wichtigsten Themen gehören die Altersvorsorge und die Gesundheitskosten. Die AHV-Revision mit dem Rentenalter 65 für die Frauen wurde im September an der Urne angenommen. Noch im Parlament hängig ist die umstrittene Reform der beruflichen Vorsorge.

Als das neue Coronavirus und die Schutzmassnahmen gegen Covid-19 die öffentliche Diskussion beherrschte, stand Gesundheitsminister Alain Berset im Fokus. Auch wenn er sich teilweise gehässige Kritik anhören musste, stützte die Mehrheit in zwei Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz den Kurs des Bundesrates.