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Schweiz «Die Arbeitslosenquote wird nie Null sein»

Die Angst, arbeitslos zu werden, ist die grösste Sorge der Leute in der Schweiz. Trotz der tiefen Arbeitslosigkeit von 3,2 Prozent im letzten Jahr, trotz der Krise, die am Vorbeigehen ist, und trotz guter Wirtschaftsaussichten auch für dieses Jahr. «Mister Arbeit» Boris Zürcher kann das verstehen.

SRF: 3,2 Prozent Arbeitslosigkeit im 2013: Ist das viel oder ist das wenig?

Boris Zürcher: Das ist eher wenig. Wir sind damit zwar leicht über dem Vorjahr. Aber wir sind nahe an der Vollbeschäftigung mit dieser Zahl.

Audio
Boris Zürcher zur Angst vor Arbeitslosigkeit
aus Tagesgespräch vom 10.01.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 5 Sekunden.

Das heisst mit rund 3 Prozent Arbeitslosigkeit muss die Schweiz einfach leben?

Vielleicht nicht gerade 3 Prozent. Aber es dürfte nicht viel mehr darunter sein. Natürlich ist jeder Arbeitslose einer zu viel. Aber man muss auch verstehen, wie der Arbeitsmarkt funktioniert: Man kündigt, man findet vielleicht nicht gleich eine neue Stelle, man braucht eine Überbrückung von zwei drei Monaten, dann kommt die Arbeitslosenversicherung, und schon ist man registriert als Arbeitsloser. Das ist die sogenannte friktionelle Arbeitslosigkeit. Das ist ganz normal. Null Prozent ist daher nicht erstrebenswert und wird auch nie erreicht werden.

2,5 Prozent sind also besser als Null Prozent Arbeitslosigkeit?

Zur Person

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Legende: Keystone

Boris Zürcher ist gelernter Maschinenzeichner und studierter Ökonom – und seit Mitte 2013 Direktor für Arbeit im Seco, dem Staatssekretariat für Wirtschaft. Davor war er unter anderem als Chefökonom bei Avenir Suisse und als Direktor von BAK Basel tätig.

Absolut. Das zeigt, dass der Arbeitsmarkt in Bewegung ist, es steckt Dynamik dahinter. Die Leute sind in der Lage, einen Job zu finden, der ihnen passt.

Trotzdem bleibt die Arbeitslosigkeit eine der grössten Sorgen der Schweizer. Erstaunt Sie das?

Überhaupt nicht. Die meisten in der Schweiz leben nicht von den Erträgen eines grossen Vermögens, sie müssen arbeiten. Von dem her leben sie von ihrem Humankapital. Hinzu kommt: Arbeit ist nicht nur Arbeit. Sie ist auch ein Mittel zur Selbstverwirklichung, um vorwärts zu kommen und so weiter. Es werde viele Dinge in den Job hineinprojiziert, die wichtig sind, und deshalb ist es existentiell, ob man eine Arbeit hat, ob sie gut bezahlt ist, ob die Bedingungen stimmen oder nicht.

Nimmt man andererseits die tiefe Quote auch als Selbstverständlichkeit hin?

Diesen Eindruck habe ich, wenn ich politische Vorstösse sehe, die Regulierungen verlangen, die dieses dynamische Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage stören könnten. Da könnte man meinen, man habe sich an eine niedrige Arbeitslosigkeit gewöhnt, obwohl diese durchaus nicht gegeben ist. Gerade wenn man ins Ausland schaut, in Länder mit 8, 9 oder 10 Prozent. Und wir hier haben 3 bis 4 Prozent.

Die meisten Schweizer haben kein grosses Vermögen, sie müssen arbeiten.
Autor: Boris Zürcher Direktor für Arbeit

Kaum waren die neuesten Zahlen draussen, gab es Kommentare, sie seien das beste Argument für die Masseneinwanderungsinitiative der SVP...

Man muss die Zahlen genau anschauen. Wir haben über das Gesamtjahr eine Arbeitslosenquote von 3,2 Prozent gehabt. Aber wir haben natürlich seit dem Sommer aus saisonalen Gründen eine Zunahme verzeichnet. Zuerst steigt in der Regel die Jugendarbeitslosigkeit, weil viele Jugendliche im Sommer ihre Ausbildung abschliessen. Dann folgt die Zwischensaison: Der Tourimus, die Gastronomie, die Hotellerie schwächeln. Also haben wir dort einen saisonal bedingten Anstieg. Und im Winter ist es der Bau, der witterungsbedingt die Aktivitäten zurückfährt. Das wirkt sich zwar negativ aus, hat aber an sich nichts mit der Personenfreizügigkeit zu tun.

Das Gespräch hat Urs Siegrist geführt.

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