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Schweiz Die Eidgenossen und die Samurai

Seit 150 Jahren pflegen die Schweiz und Japan diplomatische Beziehungen. Dabei kam die erste Schweizer Delegation 1863 zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt in das ferne Land: Japan stand damals kurz vor einem Bürgerkrieg.

Auf der Suche nach neuen Handelspartnern und Märkten wandte die Schweiz ihren Blick im 19. Jahrhundert in den fernen Osten. Die Aufmerksamkeit der Eidgenossen auf Japan wurde damals durch die Mission vom amerikanischen Admiral Matthew Calbraith Perry geweckt.

Zur Person

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Roger Mottini hat Internationale Beziehungen an der Universität St. Gallen (HSG) studiert und 1998 promoviert. Am Institut für Internationale Beziehungen und Entwicklung in Genf betrieb er zudem Nachdiplomstudien und war zwei Jahre an der Universität in Tokio. Er ist Editor des «Yearbook Switzerland – Japan» der Handelskammer Schweiz-Japan.

Mit militärischer Machtdemonstration zwangen die Amerikaner den Inselstaat zwischen den Jahren 1853 und 1854 zur handelspolitischen Öffnung. Das Land hatte sich seit etwa 250 Jahren aus Angst vor fremden Einflüssen beinahe komplett abgeschottet. Nur über die Hafenstadt Nagasaki wurde Handel mit ausländischen Mächten – primär mit Holland – betrieben.

Aufbruch in den Osten

Die Schweiz hatte zu der Zeit bereits erste Erfahrungen in Fernost gesammelt wo Schweizer Uhren seit langem in China gehandelt wurden.

Mit grosser Aufmerksamkeit verfolgten die Eidgenossen die amerikanische Intervention in Japan. «Die Schweizer Textilindustrie steckte damals in einer Krise. Grund war der amerikanische Bürgerkrieg, welcher Baumwollexporte aus den Südstaaten verhinderte», erklärt Roger Mottini, Experte für Internationale Beziehungen.

Die Schweiz musste sich auch immer wieder nach neue Märkten umsehen. «Als man sah, dass die Amerikaner erste Verträge abschliessen wollte man ebenfalls dabei sein», erklärt Mottini. Es begann der Aufbruch nach Japan.

So kam es, dass fünf Jahre nach der erzwungenen Öffnung durch die Amerikaner im Jahr 1859 Rudolf Lindau, ein preussischer Staatsbürger, im Namen der Schweizer Textil- und Uhreinindustrie in Japan eintraf. «Es waren die Lobbies der beiden führenden Schweizer Industrien, welche damals die Initiative ergriffen», meint Mottini. «Die Schweizer Regierung verhielt sich zunächst noch passiv.»

Erste diplomatische Kontakte

Erst vier Jahre später wurde dann eine offizielle Schweizer Delegation unter der Leitung des Neuenburgers Aimé Hubert, dem Präsidenten des schweizerischen Verbandes der Uhrenindustrie, nach Japan entsandt. Sie reiste im November 1862 von Marseille ab und traf am 9. April 1863 in Nagasaki ein.

Auf einem von der holländischen Marine zur Verfügung gestellten Kriegsschiff wurde die Schweizer Flagge gehisst und die Schweizer Gesandten trafen damit am 27. April 1863 in Yokohama ein. Doch: «Die Schweizer Delegation traf zu einem extrem schlechten Zeitpunkt ein», so Mottini.

In Japan wurde die heimische Produktion durch die bereits abgeschlossenen und oftmals ungleichen Verträge, unter anderem mit den USA, bedroht. Der heimische Markt wurde mit billigen Industriegütern überschwemmt und gefährdete die Wirtschaft des Landes. Unruhen rüttelten an der Macht des herrschenden Shogunat, dem japanischen Adel. Die Ressentiments gegenüber Ausländern nahmen zu. «Bewaffnete Übergriffe auf Ausländer waren an der Tagesordnung», so Mottini.

Die Verhandlungen zwischen der Schweizer Delegation und der japanischen Regierung kamen unter diesen Voraussetzungen nicht voran.

Schwierige Kommunikation

Humbert harrte in Japan aus und betrieb Studien über die Gesellschaft des spätfeudalen Japan. In der Schweiz wurde man inzwischen unruhig und wollte Resultate sehen. Die Kommunikation über dem Korrespondenzweg mit dem Heimatland war dabei schwierig. «Es gab zwar vereinzelt bereits Telegrafenverbindungen entlang der Seewege, doch der grösste Teil der Kommunikation lief über Briefe», so Mottini.

Die Delegationsleiter hatten dementsprechend mehr Spielraum in den Verhandlungen gehabt, da sie nicht immer Rücksprache mit der heimischen Regierung halten konnten, erklärt Mottini. «Ausserdem waren die Verträge stark standardisiert.»

Kurz bevor die Schweizer Regierung die Geduld verlor und ihren Abgesandten Humbert nach Hause zurückkehren musste, gelang den Schweizern doch noch ein Durchbruch. «Innert wenigen Tagen wurden die Verhandlungen wiederaufgenommen und man erreichte in kürzester Zeit einen Vertragsabschluss.» Zu verdanken hatte die Eidgenossenschaft diesen Erfolg auch den Holländern, welche der Schweiz beratend zur Seite standen und die zu ihren Gunsten bei den Japanern interveniert und von diesen die Aufnahme von Verhandlungen gefordert hatten.

Gut 28 Jahre später nach der Mission von Aimé Humbert entsandte Bern 1895 mit Paul Ritter den ersten Schweizer Botschafter auf den Inselstaat und intensivierte die bilateralen Beziehungen mit Japan.

SRF 4 News; 21:00 Uhr

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