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Sind auch IS-Terroristen unter den Flüchtlingen?
Aus 10 vor 10 vom 03.07.2017.
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Bundesanwaltschaft ermittelt Drei syrische Asylsuchende in der Schweiz unter IS-Verdacht

Die angeblichen IS-Mitglieder sollen sich als Flüchtlinge ausgegeben haben. Gegen einen Verdächtigen läuft ein Strafverfahren.

Über fünf Millionen Syrer haben ihre Heimat wegen dem Bürgerkrieg verlassen müssen. Dass sich darunter auch einzelne Extremisten oder Terroristen befinden könnten, war schon in Deutschland und Frankreich zu beobachten. Jetzt zeigen Recherchen von «10vor10»: Auch in die Schweiz sind mutmassliche Mitglieder des selbsternannten «Islamischen Staates» (IS) aus Syrien eingereist. Getarnt als Flüchtlinge.

Letztes Jahr startete die Polizei Ermittlungen, das ist dem jüngsten Terrorismus-Bericht der europäischen Polizei-Koordination Europol zu entnehmen. «Ein Fall in der Schweiz betraf drei Verdächtige, die sich als syrische Flüchtlinge und Asylsuchende ausgaben. Zwei von ihnen waren mit humanitären Visa eingereist, sie waren Gegenstand von Ermittlungen als dieser Bericht verfasst wurde.»

Strafverfahren eröffnet

Für Fälle von möglicher IS-Mitgliedschaft ist in der Schweiz die Bundesanwaltschaft (BA) zuständig. Auf Anfrage von «10vor10» teilt sie mit: «Im genannten Zusammenhang hat die BA zwei Nichtanhandnahmeverfügungen gemäss Art. 310 StPO erlassen. Ein Strafverfahren ist hängig, wobei es sich beim Beschuldigten dieses Verfahrens nicht um eine Person mit einem sogenannten humanitären Visum handelt.» Das heisst: Die Bundesanwaltschaft hat gegen einen der drei Syrer ein Strafverfahren eröffnet. In den anderen zwei Fällen jene mit humanitären Visa – wurde kein Strafverfahren gestartet. Was der Grund ist, beantwortet die BA nicht.

Nichtanhandnahmeverfügungen können juristisch gesehen aus verschiedenen Gründen erlassen werden, etwa wenn die Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind oder wenn Verfahrenshindernisse bestehen. Im Fall der Syrer deutet vieles darauf hin, dass 2016 gegen alle drei Verdächtigen polizeiliche Ermittlungen aufgenommen wurden. Aber nur in einem Fall wurden genug Beweise gefunden, um ein Strafverfahren eröffnen zu können. Gegen diese Person läuft nun das offizielle Strafverfahren der BA. Details zum Fall gibt die Behörde keine bekannt.

Terrorexperte: IS-Rekruten seit 2014 auf dem Weg nach Europa

Terrorismus-Experte Guido Steinberg von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin sagt, dass der IS seine Kämpfer schon seit mehreren Jahren nach Europa schicke: «Seit Anfang 2014 entsendet der IS Rekruten aus Syrien und Irak, damit sie in Europa Strukturen aufbauen und gegebenenfalls Anschläge verüben. Es geht dabei einerseits um Rückkehrer, das heisst Deutsche, Franzosen, Briten, die ausgebildet und dann zurückgeschickt wurden. Es geht aber auch um Flüchtlinge, oder besser gesagt falsche Flüchtlinge – Syrer und Iraker, die geschickt wurden, damit sie sich an diesen Aktivitäten beteiligen.»

Guido Steinberg

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Der promovierte Islamwissenschaftler ist Sicherheitsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Bis 2005 arbeitete er als Terrorismusreferent für die deutsche Regierung. An der SWP erforscht er die Politik des Nahen Ostens und den islamistischen Terrorismus.

Über die Grenze, getarnt als Flüchtling – Kriminelle bedienen sich gerne dieses Mittels. Und sie bringen damit echte Flüchtlinge in Verruf. Als Flüchtlinge getarnte Terroristen seien für ganz Europa ein Problem, sagt Steinberg. «Die wichtigste Massnahme im Kampf gegen die Terroristen im Flüchtlingsstrom ist zunächst einmal die Kontrolle der Grenzen. Diese Kontrolle der Grenzen ist 2015 vollkommen zusammengebrochen, wobei sie schon vorher nicht funktioniert hat. Und wenn wir nun einmal mit dem Schengen- und Dublin-Raum eine gemeinsame Aussengrenze haben, dann muss diese eigentlich genau so gut funktionieren wie vorher die Kontrolle der nationalstaatlichen Grenze. Davon sind wir sehr weit entfernt.»

Der Bund hat die Sicherheitsprüfungen verschärft

Zudem brauche es Abklärungen vor Ort über die Asyl-Suchenden, findet Steinberg. Die Schweiz hat diese Massnahme eingeführt und letztes Jahr die Sicherheits-Prüfungen verschärft. Die Federführung liegt beim Staatsekretariat für Migration (SEM). Dieses hat sich im vergangenen Jahr zur verschärften Praxis schriftlich geäussert. Die Gesuche für humanitäre Visa würden vor Einreise auch dem Nachrichtendienst unterbreitet. «Es hat sich gezeigt, dass im Zusammenhang mit der Aufnahme von Personen, die möglicherweise im Krieg verwundet worden sind, aus Sicherheitsgründen vertiefte Abklärungen angezeigt sein könnten», so das SEM.

Hintergrund der Praxisänderung des SEM im letzten Jahr: Ende April 2016 sei eine private medizinische Fachperson ans SEM gelangt mit der dringlichen Bitte, schwerverletzte Personen aus zwingenden medizinischen Gründen in die Schweiz einreisen zu lassen. Deshalb hat das SEM die Abläufe bei der Erteilung von humanitären Visa damals überprüft und für wenige Wochen keine solchen Visa an Personen erteilt, die aus dieser Region stammen. Daraufhin wurden die Abläufe laut dem Staatssekretariat für Migration angepasst. Bei humanitären Visa von Personen mit Syrien oder Irak-Kontext werden nebst der Prüfung seitens des Nachrichtendienstes des Bundes auch vertiefte Abklärungen vor Ort durchgeführt. Weiter schrieb das SEM: «Aus taktischen Gründen können wir zu diesen Abklärungen keine Angaben machen.»

Ob es sich bei den erwähnten Personen um die IS-Verdächtigen handelt, beantwortet das SEM nicht.

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