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Was kommt nach der Ehe für alle?
Aus Echo der Zeit vom 01.07.2022. Bild: keystone
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Ehe für alle Die Suche nach neuen Partnerschaftsmodellen geht weiter

Mit der Ehe für alle verstummt in der Schweiz die Diskussion über Alternativen nicht. Das zeigt der Blick auf Europa.

Seit dem 1. Juli können in der Schweiz alle heiraten, Männer auch Männer und Frauen auch Frauen. Mit der Ehe für alle geht die eingetragene Partnerschaft verloren. Ehe oder loses Konkubinat – so lautet das neue Motto. Die Schweiz hinkt damit anderen europäischen Ländern bezüglich Partnerschafts-Alternativen zur Ehe hinterher. Zumindest jenen Ländern, die die Ehe für alle ebenfalls kennen.

So ist in Österreich, England und Wales die eingetragene Partnerschaft trotz der Einführung der Ehe für alle nach wie vor möglich. Belgien, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande haben gar eine Alternative zur Ehe geschaffen.

Kein Stillstand in der Schweiz

Auch in der Schweiz tut sich noch einiges. So wird auf Bundesebene in einer parlamentarischen Initiative die Einführung eines «Pacte Civil de solidarité», kurz PACS, verlangt. Es wäre ein Mittelweg zwischen Ehe und Konkubinat nach französischem Vorbild.

Initiant und FDP-Ständerat Andrea Caroni sieht im PACS eher ein «Konkubinat Plus» als eine «Ehe light». Paare sollen sich wirtschaftlichen Beistand versprechen oder auch vertreten können, falls einer der Partner aus medizinischen Gründen urteilsunfähig wird. Eine Mehrheit der ständerätlichen Rechtskommission hat das Anliegen unterschrieben. Der Chancen stehen nicht schlecht, dass dereinst eine Gesetzesvorlage vors Parlament kommt.

Neuenburg und Genf kennen «pacsé»

Auch sonst gibt es in der Schweiz bereits Zwischenformen auf kantonaler Ebene: Genf und Neuenburg kennen das Partenariat Cantonal (PACS) bereits. Im Kanton Neuenburg etwa gehen die Paare zu einem Notar oder eine Notarin, wo ihnen eine Erklärung vorgelesen wird. Dann folgt das Versprechen – und schon ist man «pacsé».

Die Idee stammt aus Frankreich, wo seit 1999 der Pacte civil de solidarité (Pacs) gilt – und zwar für gemischt- und gleichgeschlechtliche Paare. Und mit weitreichenden Folgen, wie der Staat Paare bei den Steuern oder den Sozialleistungen behandelt.

Gute Gründe für Mittelweg

Genf hat diesen PACS bereits 2001 eingeführt, drei Jahre vor Neuenburg. Auch hier gilt er für gemischt- und gleichgeschlechtliche Paare. Doch die Folgen sind in beiden Kantonen weniger weitreichend als in Frankreich: Die Personen werden einzeln besteuert, man wird nicht automatisch Erbe oder Erbin und der Zivilstand bleibt «ledig». Paare können aber einfacher gemeinsam einen Wohnungsvertrag unterzeichnen und werden im Spital wie Ehepaare behandelt.

Manche Paare würden genau deshalb einen PACS schliessen, weil er nicht so weit gehe wie eine Ehe, erklärt der Neuenburger Notar Pascal Hofer: «Manche wollen nicht mehr heiraten, weil sie schon einmal verheiratet waren. Für andere kommt eine Ehe aus steuerlichen Gründen nicht infrage.»

Noch eine Randerscheinung

Doch in Neuenburg wie auch in Genf ist der PACS bislang eine Randerscheinung geblieben. Beide Kantone verzeichnen viel mehr Hochzeiten. Dennoch sei der symbolische Wert des Partenariat Cantonal wichtig, schätzt Yves de Matteis, der in Genf für die Einführung des PACS kämpfte: «Es ist ein Bedürfnis, wenn auch nur für eine Minderheit.» Auch Notar Hofer würde eine Einführung auf eidgenössischer Ebene begrüssen.

Der Bundesrat hat Ende März einen Bericht zu einem «PACS nach Schweizer Art» vorgelegt. Bis zur Einführung eines Mittelwegs zwischen Ehe und Konubinat in der Schweiz dürften aber noch mindestens fünf Jahre vergehen.

Echo der Zeit, 01.07.2022, 18:00 Uhr

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