1,5 Mio Menschen in der Schweiz sind über 65 Jahre alt. Viele davon sind mobil und mit dem Auto unterwegs. Mit dem Alter sinkt die Leistungsfähigkeit, deshalb müssen Autofahrer ab 70 alle zwei Jahre zum Arzt. Er kontrolliert den allgemeinen Gesundheitszustand und beispielsweise die Sehkraft.
Aktuell wird im Parlament diskutiert, die Altersgrenze für diese Ärzte-Checks auf 75 zu verschieben. Der Nationalrat hat diesem Vorschlag bereits zugestimmt, am Mittwoch, 8. Juni, entscheidet der Ständerat darüber.
Skeptische Beratungsstelle für Unfallverhütung und Pro Senectute
Was die Kontrollen der Fahreignung im Hinblick auf die Unfallprävention genau bringen, weiss nicht einmal die Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU. Direktorin Brigitte Buhmann erhofft sich von einer Studie konkrete Antworten. Gegenüber der Erhöhung der Altersgrenze von 70 auf 75 zeigt sich Brigitte Buhmann in der Sendung «Kassensturz» skeptisch und verweist auf die positiven Effekte, welche ein Termin beim Arzt haben kann: «Der Arzt kann den Senioren helfen, länger Autofahren zu können. Eventuell genügt ja bereits eine Brille oder ein Hörgerät um die Mobilität möglichst lange zu erhalten.»
Auch die Pro Senectute sieht bei der aktuellen Alterslimite keinen Handlungsbedarf. Ältere Menschen seien heute zwar länger fit. Die Zunahme des Verkehrsaufkommens relativiere jedoch diesen Umstand zunehmend. Pro Senectute erachtet den Gesundheitscheck als Chance für die Sensibilisierung und Prävention. «Er bietet die Möglichkeit, ältere Menschen auf freiwillige Angebote wie Fahrtrainings hinzuweisen», erklärt die Pro-Senectute-Sprecherin Judith Bucher auf Anfrage von «Kassensturz.»
Fahrtauglichkeitstests erst ab 75: Macht das Sinn oder nicht?
Im «Kassensturz»-Studio diskutierten Gegner und Befürworter:
- Pro: Maximilian Reimann, SVP-Nationalrat und Verfasser des parlamentarischen Vorstosses.
- Contra: Rolf Seeger, Verkehrsmediziner am Institut für Rechtsmedizin Zürich
Die Argumente
Pro:
- Die Regelung mit der Alterslimite 70 wurde in den 1970er-Jahren aufgestellt. Die Senioren sind heute um einiges gesünder als damals. Es ist Zeit für eine Änderung.
- In verschiedenen Nachbarländern (Deutschland, Frankreich, Österreich) kennt man solche Medizinal-Checks für ältere Lenker überhaupt nicht.
- Ausländische Senioren-Lenker, die auf Schweizer Strassen fahren, dürfen dies auch ohne Kontrolle. Warum also nicht auch die Schweizer? In der Schweiz werden diese Altersgruppen diskriminiert.
- Die Selbstverantwortung ist auch im höheren Alter noch vorhanden. Nicht zuletzt leben die älteren Lenker auch in einem Umfeld (Familie, Ärzte etc.). Auch diese Personen können dem Lenker Hinweise geben, wenn sie ein schlechtes Gefühl haben, was das Autofahren betrifft.
Contra:
- Genau im Alter von 70 Jahren verzeichnen wir fünf Mal mehr Führerausweis-Entzüge oder -Abgaben als in den Folgejahren.
- Es gibt auch bei den 70- bis 75-Jährigen Personen, die nicht mehr fähig sind, das Auto durch den Verkehr zu lenken. Zum Beispiel wenn Sie an einer beginnenden Demenz leiden oder die Sehschärfe nachlässt. Deshalb ist auch hier eine Kontrolle wichtig.
- Eine wichtige Rolle bei diesen Arztbesuchen spielt auch die Sensibilisierung. Muss ein ü70-Lenker das erste Mal zum Arzt, macht er sich seine Gedanken und legt sich einen Plan B bereit.
- Bei gewissen Erkrankungen können die Fahrer keine Selbstverantwortung mehr übernehmen. Es ist daher wichtig, dass sie regelmässig kontrolliert werden.