Die finnischen F/A-18 sind ständig einsatzbereit: Immer wieder verletzen russische Kampfjets den Luftraum Finnlands. Die Nervosität im hohen Norden hat seit der Ukraine-Krise zugenommen. Der Ersatz der 64 F/A-18 ist deshalb praktisch unbestritten.
Verantwortlich für die Beschaffung neuen Kampfjets ist Generalmajor Lauri Puranen. Seine Analyse ist glasklar: «Finnland kann sich seine geographische Lage nicht aussuchen. Die Russen sind da, die Arktis ist von grossem Interesse, und wir sind ein bündnisfreies Land. Deshalb müssen wir uns gegen alle Gefahren selbst verteidigen können.» Die Konsequenz: Finnland brauche die bestmögliche Luftverteidigung.
Das Land hat eine 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland – und schmerzhafte Erinnerungen an die gemeinsame Geschichte: Bis 1917 gehörte Finnland zum russischen Zarenreich. Erst die Oktoberrevolution machte den Weg frei für die Unabhängigkeit. Im «Winterkrieg» 1939/40 gelang es der finnischen Armee unter General Mannerheim, den Vormarsch sowjetischer Truppen zu stoppen. Finnlands Rolle blieb lange Gegenstand von Historiker-Kontroversen.
Die Russen sind da, die Arktis ist von grossem Interesse, und wir sind ein bündnisfreies Land.
Doch noch heute macht Finnland keine Kompromisse in der Landesverteidigung. Die Luftwaffe sei dabei ein kritischer Erfolgsfaktor, erklärt Generalmajor Puranen im Gespräch mit SRF: «Wir haben ein grosses Land und können nicht überall Truppen und Artillerie stationieren. Die Fähigkeiten der Luftwaffe sind deshalb entscheidend.»
Im Kalten Krieg ging Finnland einen Sonderweg und blieb ausserhalb der Nato. Heute ist das Land zwar Mitglied der EU, ist aber militärisch bisher kein Bündnis eingegangen. Eine stärkere Zusammenarbeit mit dem skandinavischen Nachbarn Schweden ist in Diskussion, aber nicht spruchreif. Ähnlich wie die Schweiz ist Finnland deshalb für den Schutz seiner Souveränität allein verantwortlich.
Gleiche Typen zur Auswahl
Praktisch zeitgleich beschafften die beiden Länder in den 1990er Jahren die Navy-Version der F/A-18: Finnland 64 Maschinen, die Schweiz 34. Seither besteht eine enge Zusammenarbeit im Unterhalt der Jets – ebenso bei der Verlängerung der Lebensdauer bis 2030. Bis dann wollen beide Luftwaffen ihre F/A-18 vollständig ersetzt haben.
Zur Auswahl stehen die gleich fünf Flugzeugtypen: Der schwedische Gripen, die F-35 und die Super Hornet aus den USA, die französische Raffale und das europäische Gemeinschaftsprodukt Eurofighter Typhoon. Für Generalmajor Puranen gibt es keine Alternative zum F/A-18-Ersatz: «Wir suchen keinen neuen Kampfjet, sondern ein ‹multirole fighter›.» Also eine Plattform für mehrere Fähigkeiten – unter anderem Luftverteidigung, Erdkampf oder Aufklärung.
Kombination der Systeme
Finnland sieht dafür einen Kostenrahmen von 7 bis 10 Milliarden Euro vor (8,4 bis 12 Milliarden Franken). Die Schweiz erneuert gleichzeitig ihre bodengestützte Luftverteidigung: 8 Milliarden Franken müssen für ein neues Raketensystem und den F/A-18-Ersatz reichen. Ausserdem will Bundesrat Guy Parmelin ein Referendum über den Grundsatzentscheid möglich machen.
In seinem erläuternden Bericht schreibt der Bundesrat, bodengestützte Luftverteidigung könne nur zum Abschuss von Flugobjekten eingesetzt werden. Für normale Lagen, also Luftpolizeidienst, und auch in Zeiten erhöhter Spannungen seien Kampflugzeuge flexibler und dynamischer einsetzbar. Diese Ansicht teilt der finnische Chef-Beschaffer Puranen: «Eine Fähigkeit des ‹multirole fighters› ist die Luftverteidigung. Es gibt also keine Konkurrenz zu den bodengestützten Systemen, sondern eine Kombination.»
Im Einsatz bis 2060
In der Beschaffung will Finnland keine Kooperationen eingehen. Es gehe um die besten Fähigkeiten für Finnland. Doch ein kritischer Punkt sei der Unterhalt der neuen Flieger, sagt Generalmajor Puranen gegenüber SRF: «Wenn wir aber unsere Entscheidung getroffen haben, suchen wir die Kooperation mit anderen Anwendern des Flugzeugs. So, wie wir dies heute bei den F/A-18 mit der Schweiz tun.»
Die grösste Herausforderung für Finnland sei die vorgesehene Einsatzdauer der F/A-18-Nachfolger bis 2060: «Wir entscheiden hier über die Fähigkeiten für die nächsten dreissig Jahre. Treffen wir eine schlechte Entscheidung, verschwenden wir Geld – und schwächen unsere Fähigkeiten in der Zukunft.» Vor der gleichen Frage steht auch die Schweiz: Die neuen Kampfjets sollen mindestens dreissig Jahre im Einsatz sein.