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Gefahr durch Hochwasser 100 Schulen stehen im Risikogebiet

14'000 Gebäude sind schweizweit stark durch Hochwasser bedroht – auch zahlreiche Schulhäuser sind betroffen.

14'000 Gebäude in der Schweiz sind laut dem «Tagesanzeiger» stark durch Hochwasser bedroht, darunter auch 100 Schulen. Dies zeigten Daten des Bundesamtes für Landestopografie.

«10vor10» hat in Reichenbach (BE) nachgefragt. «Dem bin ich mir nicht bewusst gewesen, das ist auch überraschend gewesen für mich», sagt Christian Amstutz, Schulleiter der Volksschule Reichenbach. Das Primarschulhaus mit 80 Schülerinnen und Schülern steht in der roten Zone. «Man ist sich zu wenig bewusst gewesen, dass es so gefährlich ist hier und darum muss jetzt unbedingt etwas gehen», fordert der Schulleiter.

Bei einem Extremereignis können Schüler ums Leben kommen.
Autor: Peter Bettschen Naturgefahrenberater

Falls der Reichenbach aufgrund von extremen Niederschlägen über seine Ufer geht, kann es sehr gefährlich werden. Denn das könne innerhalb von Sekunden passieren, so Peter Bettschen. Er ist Naturgefahrenberater der Gemeinde Reichenbach und Schwellenkorporationspräsident «Bei einem Extremereignis können Schüler ums Leben kommen», warnt Bettschen.

Die Schwellenkorporation ist für die Wasserbaupflichten der Gemeinde verantwortlich. Präsident Bettschen übt Kritik. Seine Vorgänger hätten andere Prioritäten gesetzt bei den Hochwasserschutzprojekten. «Ich selbst kann das nicht verstehen, dass man ein Schulhaus mit rund 80 Kindern nicht als erste Priorität setzt.»

80 Prozent der Rhonedämme sind sanierungsbedürftig.
Autor: Tony Arborino Leiter Amt für Wasserbau

Auch in Massongex, einem 1800-Seelen-Dorf im Wallis, sind die Primarschule und der Kindergarten gefährdet. Im Wallis ist man sich des Hochwasserrisikos sehr wohl bewusst. Die Schutzdeiche an den Ufern der Rhone wurden vor 150 Jahren erstellt. Seither wurden sie zwar verschiedentlich verstärkt, doch der Zahn der Zeit und vor allem die Strömung nagen an den Dämmen.

80 Prozent der Rhonedämme seien sanierungsbedürftig, sagt Tony Arborino, Leiter des Walliser Amts für Wasserbau in Massongex zu «10vor10». «Sie können nachlassen, schon bevor sie überschwemmt werden. Wir haben das im Oktober 2000 gesehen und wissen, dass sich das wiederholen kann», so Arborino.

Und weiter: «Bei einem Dammbruch haben wir sehr hohe Fliessgeschwindigkeiten. Gebäude und Menschen, welche sich auf einer Distanz von 100-150 Metern von den Dämmen entfernt befinden, sind dadurch stark gefährdet». Dass die Dämme saniert werden müssen, wisse man seit zwanzig Jahren. Im September würden sie hier in Massongex endlich verstärkt werden.

Gefahrenkarten für jeden Kanton

Unkenntnis ist laut Bundesamt für Umwelt der Grund, warum tausende von Gebäuden in den 50er- oder 60er-Jahren in gefährdeten Gebieten gebaut wurden. Zuvor sei es durch Zufall über mehrere Jahrzehnte davor und danach zu keinen grösseren Hochwassern gekommen. Da lange Zeit kaum etwas passiert war, wusste man oftmals nicht, dass die Standorte gefährdet sind.

Inzwischen gibt es in jedem Kanton Gefahrenkarten. Sie zeigen bis auf wenige Meter genau an, welche Gebiete hochwasser- oder lawinengefährdet sind. Der «Tagesanzeiger» hat verschiedene Karten zusammengefasst und eine schweizweite Karte für seine Leser im Internet aufgeschaltet.

Die Behörden haben zahlreiche Projekte lanciert, um Bevölkerung und Infrastruktur in den Gefahrengebieten zu schützen. Doch laut «Tagesanzeiger» seien die Arbeiten meist noch nicht umgesetzt, sondern erst geplant. Eine Expertengruppe des Bundes warnte bereits 2016, dass es Handlungsbedarf beim Hochwasserschutz gebe: «Objektschutzmassnahmen an bestehenden Gebäuden und Anlagen in bekannten Gefahrengebieten werden oft erst nach einem Schadenfall realisiert.»

Schutz gegen Hochwasser

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Die Schweiz sei im Grossen und Ganzen gut gegen Hochwasser geschützt, sagt Max Maurer, Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der ETH Zürich. Bei Überschwemmungen durch Starkregen sieht er aber Probleme: Das oberflächlich abfliessende Wasser kann Gebäude, vor allem Keller und die Inhalte, beschädigen. «Es gibt sehr viel von diesen Überschwemmungen und es gibt wenig Todesfolgen. Aber wenn zentrale Einrichtungen wie Spitäler versagen, kann es zu Problemen führen», so Maurer. Er sieht dementsprechend Handlungsbedarf in der Planung.

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