Die Wahrheit steht in der Tabelle. Diesen Satz haben Sie bestimmt schon zigmal gelesen, gehört oder vielleicht sogar selbst gesagt, wenn es um Sport geht. Wenn man die Tabelle der obersten Schweizer Handball-Liga konsultiert, dann steht es um die Handballerinnen der HSG Aargau Ost ganz schlecht, ja miserabel, geradezu hoffnungslos.
Fünf Spiele, fünf Niederlagen, ein Torverhältnis von 110 erzielten zu 185 erhaltenen Treffern, der letzte Tabellenplatz. Da scheint guter Rat teuer. Sollte man den Trainer feuern? Den Schiedsrichtern die Schuld zuschieben? Einfach nur noch die weisse Fahne schwenken und aufgeben?
Die Spielerinnen der HSG Aargau Ost tun nichts von all dem. Ein Besuch beim Training diese Woche zeigt: Das Team hält zusammen, die Spielerinnen sind frohen Mutes und versprühen trotz der niederschmetternden Resultate Zuversicht.
Der Zusammenhalt trägt die Equipe
In der Turnhalle in Obersiggenthal trainieren die jungen Frauen viermal pro Woche. «Wenn es keinen Spass mehr machen würde, dann würde das Team schnell auseinanderfallen», sagt Captain Anja Ringele. Doch gerade jetzt zeige sich, dass der Zusammenhalt in der Equipe sehr gut sei. «Wir haben eine super Stimmung untereinander, die trägt uns durch die schwierigen Spiele.»
Auf diese Saison hin sind die Handballerinnen aus dem Ostaargau in die höchste Liga aufgestiegen. Beim ersten Spiel gingen sie mit 18:34 unter. «Da merkten wir sofort, wie hoch das Niveau ist», sagt die Kapitänin. Dass es eine schwierige Saison werden würde, sei allen klar gewesen.
Doch nach einigen erfreulichen Saisons, nach mehreren Aufstiegen in wenigen Jahren, wollte der Verein das Abenteuer wagen und sich in der obersten Liga versuchen. «Wir haben uns mental auf diese Situation vorbereitet», sagt Lena Bopp, die seit mehreren Jahren zum Team gehört. «Wenn es aber so weiter geht, wird es Mitte Saison sicherlich happig.»
«Den Spass nicht verlieren»
Auch wenn sie nun in der obersten Liga spielen, vom Profisport sind die Handballerinnen weit entfernt. Jede muss ihren eigenen Ball mit ins Training bringen, jede muss einen Sponsor an Land ziehen, um den Social-Media-Kanal der Equipe kümmert sich eine Spielerin, die Videoanalyse des letzten Spiels machen die Spielerinnen auch gleich selbst.
Der Verein sei auf den Aufstieg des Damenteams in die oberste Liga gar nicht vorbereitet gewesen, sagt der Co-Präsident der HSG Aargau Ost, Marco Bodmer. Man habe die Strukturen deswegen nicht angepasst und auch auf den Einsatz einer ausländischen Spielerin verzichtet. «Das Wichtigste ist, dass wir den Spass nicht verlieren», so Bodmer. «Wenn uns dann auch noch der Ligaerhalt gelingen würde, wäre das wie das Tüpfchen auf dem i.»
Nummer 1 beim Publikum
Immerhin: Eine Aufwärtstendenz ist zu erkennen. Das letzte Spiel gegen Herzogenbuchsee haben die Ostaargauerinnen «nur» mit 21:25 verloren. «Da konnten wir mithalten, das war sicher cool», sagt Anja Ringele.
Und in einer Statistik führen die Ostaargauer Handballerinnen die oberste Liga sogar an: bei den Zuschauerzahlen. 350 Zuschauerinnen und Zuschauer haben die Heimspiele im Schnitt mitverfolgt. «Es ist mega schön, dass so viele Leute zu uns kommen», sagt Lena Bopp. Vielleicht erzählt die Tabelle halt doch nicht die ganze Wahrheit.