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Vetternwirtschaft im Verteidigungsdepartement?
Aus Echo der Zeit vom 17.04.2024. Bild: KEYSTONE/Anthony Anex
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Walliser-Connection Vorwurf der Vetternwirtschaft – Amherd-Beraterin in der Kritik

Wie Recherchen von SRF Investigativ zeigen, stellt die Eidgenössische Finanzkontrolle dem VBS unangenehme Fragen um Viola Amherds persönliche Beraterin. Es geht um Goms, den Walliser Austragungsort der nächsten Winter-Militärweltspiele.

Eine «unangemessene Einflussnahme». Zu diesem Vorwurf hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Abklärungen unternommen. Im Fokus: Goms als einer der Austragungsorte der Winter-Militärweltspiele 2025.  

Verwandtschaftliche Bande: Sohn und Schwiegertochter  

In einem Schreiben, das SRF Investigativ vorliegt, stellte die EFK deshalb letzten März dem Generalsekretariat des VBS unbequeme Fragen. Im Zentrum des möglichen Interessenskonflikts steht die enge Vertraute von Bundesrätin Viola Amherd: die Walliserin Brigitte Hauser-Süess. Sie soll sich persönlich für ihre Heimatregion Goms als Austragungsort ausgesprochen haben. Genauer: das «Nordische Zentrum Goms», das in den letzten Jahren für über 15 Millionen Franken ausgebaut wurde. Bei der Durchführung der Winter-Militärweltspiele im März 2025 wird die Walliser Wettkampfstätte mit Biathlon-Schiessstand und Loipen eine zentrale Rolle spielen. 

Winter-Militärweltspiele 2025  

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CISM – Winter-Militärweltspiele
Legende: CISM – Winter-Militärweltspiele Das Schweizer Nationalteam an den CISM-Wettkämpfen in Sochi/Russland 2017. KEYSTONE/TASS/Artur Lebedev

Unter dem Motto «Military Champions for Peace» messen sich 1400 Athletinnen und Athleten aus 40 Nationen im März 2025 in der Zentralschweiz und in Goms an den Winter-Militärweltspielen. Auf dem Programm stehen etwa Ski, Langlauf, Sportklettern und Biathlon. Die Stadt Luzern steht dabei als Gastgeberstadt im Mittelpunkt. Daneben werden die Austragungsorte Engelberg/Titlis und Goms zentral sein. 

Die Standortfrage Goms war zwischen 2019 und 2022 wiederholt Thema an der Amtsleitungssitzung des VBS. Hauser-Süess habe sich persönlich für den Standort Goms ausgesprochen, heisst es im Schreiben der EFK. Pikant: «Sohn und Schwiegertochter übten Funktionen im direkten und indirekten Umfeld des Nordischen Zentrum Goms aus oder tun es noch immer.» Tatsächlich arbeitet Hausers Schwiegertochter in leitender Funktion im Zentrum, Hausers Sohn war im Organisationskomitee des Langlauf-Weltcuprennens, das dort diesen Januar durchgeführt wurde.  

Luftaufnahme Nordisches Zentrum Goms
Legende: Nordisches Zentrum Goms Diesen Januar fand in Goms ein FIS-Langlauf-Weltcup-Rennen statt. SRF

 «Die Angelegenheit stinkt zum Himmel» 

«Salopp ausgedrückt: Die Angelegenheit stinkt zum Himmel», sagt Korruptionsexperte und Strafrechtler Mark Pieth nach Sichtung des EFK-Schreibens: «Ich sehe zwar keine Bestechung, aber Interessenskonflikte.» Dass Sohn und Schwiegertochter Funktionen ausüben würden, seien «No-Gos». Hier hätte Viola Amherd als Departementschefin einschreiten müssen. 

«Walliser-Connection» im Fokus 

Auch Amherds Cyber-Chef im VBS, der Oberwalliser Roger Michlig, wird im Schreiben der Finanzkontrolle erwähnt. Michlig ist auch Verwaltungsratsmitglied der Genossenschaft Feriendorf Fiesch, welche nächsten März Athletinnen und Athleten am Standort Goms beherbergen wird. Michlig gehört zu Amherds Führungsriege, zur sogenannten «Walliser-Connection», die immer wieder Fragen über Personalentscheide im VBS aufwirft.

Das sagt der Rechtsexperte 

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Benjamin Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen: «Es gibt in dem Schreiben verschiedene Hinweise, dass an dem Standort-Entscheid unter Umständen Personen mitgewirkt haben, die in den Ausstand hätten treten müssen. Und wenn ein solch schwerer Verfahrensmangel vorliegt, dann müsste der Entscheid unter Umständen nachträglich revidiert werden.»  

VBS widerspricht EFK vehement 

«Der Vorwurf der unangemessenen Einflussnahme von Personen mit vermeintlich persönlichen Interessen wiegt schwer. Wir weisen ihn dezidiert zurück», schreibt das VBS in seiner Antwort an die EFK. «Eine zeitliche Auflistung der Geschehnisse und Angaben zu den Funktionen der von Ihnen namentlich angeführten Personen zeigt, dass keine Einflussnahme erfolgt ist und auch keine Interessenskonflikte in Bezug auf das Nordische Zentrum Goms bestehen.»     

 Die Eidgenössische Finanzkontrolle wollte ihr Schreiben gegenüber SRF nicht kommentieren. Aus dem geleakten Brief wird klar: Die EFK forderte aufgrund einer Whistleblowing-Meldung Unterlagen beim VBS ein und wertete Dokumente aus.

Die Fragen der Eidgenössischen Finanzkontrolle ans VBS 

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  • Welche Vorgaben und Regeln bestehen im VBS bezüglich des Umgangs mit potenziellen Interessenskonflikten? 
  • Wie stellt das GS-VBS sicher, dass diese eingehalten werden? 
  • Haben Frau Hauser-Süess und Herr Roger Michlig ihre möglichen Interessenskonflikte gemeldet?
  • Falls ja, welche Massnahmen wurden definiert und umgesetzt? 
  • Falls nein, hätte es aus Sicht des Generalsekretariats korrekterweise erfolgen sollen? 
  • Sieht das Generalsekretariat VBS zusätzlichen Handlungsbedarf, insbesondere für Personen im Umfeld der Departementsleitung? 

Auch die Chefin des VBS persönlich steht in der Kritik: So habe Viola Amherd «entgegen den eigenen Grundsätzen» entschieden, dass der Entscheid zur Wahl der Austragungsorte beim Chef der Armee (CdA), Thomas Süssli, liegen solle. Das erstaunt, denn laut EFK-Schreiben sind die Entscheidungen zur Wahl des Austragungsortes grundsätzlich als operative Aufgabe deklariert. Die Departementschefin und der CdA würden demnach im Normalfall nur über den aktuellen Stand informiert. Das VBS begründet dieses Vorgehen gegenüber der EFK mit einer «gewissen strategischen Tragweite».  

«Einflussnahme sehr wahrscheinlich» 

Die EFK fragt das VBS-Generalsekretariat, ob Brigitte Hauser-Süess und Roger Michlig ihre möglichen Interessenskonflikte gemeldet hätten. Es sei in keinem Protokoll erkennbar, dass allfällige Interessenskonflikte offengelegt worden seien. In seiner Antwort entgegnet das VBS: «Frau Brigitte Hauser-Süess ihrerseits hat persönlich keine spezifischen Beziehungen zum Nordischen Zentrum Goms – und wie erwähnt, auch nicht über ihren Sohn oder ihre Schwiegertochter. Sie hat dementsprechend ausdrücklich auch keine Interessenbindungen.» Und Roger Michlig «war nicht in die Entscheide im VBS involviert». Auch gegenüber SRF bestreitet das VBS mögliche Interessenskonflikte.

Stellungnahme VBS 

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«Die EFK hat den Standortentscheid nicht in Frage gestellt. Das Goms ist mit seiner bestehenden und modernen Infrastruktur der am besten geeignete Standort für die Wettkämpfe der nordischen Sportarten. An einem anderen Standort wären grosse Investitionen in die Infrastruktur nötig gewesen. Die von Ihnen genannten Personen hatten keine Berührungspunkte zu diesen Entscheiden. Die Schwiegertochter von Brigitte Hauser-Süess ist erst seit 1.1.23 für das Nordische Zentrum Goms tätig und der Sohn engagierte sich ehrenamtlich für den Weltcup 2024 und hat keine Zuständigkeit in der Organisation und Durchführung der CISM. Roger Michlig hat sich in seiner Funktion im GS-VBS nicht mit der CISM befasst, hat nie an einer Amtsleitungssitzung Verteidigung teilgenommen und war nicht in die Entscheide im VBS involviert; zudem die CISM waren im Verwaltungsrat der Genossenschaft Feriendorf Fiesch nie ein Thema. Im VBS bestehen strikte Vorgaben und klare Regeln bezüglich des Umgangs mit potenziellen Interessenskonflikten. Die interne Revision prüft die Einhaltung im Namen der Chefin VBS regelmässig.» 

«Vertrauensverlust» und «Reputationsschaden» 

Die EFK warnt im Schreiben vor einem «Vertrauensverlust» und «Reputationsschaden», der nur schon durch den Anschein von Befangenheit entstehen könne. Auf Anfrage von SRF Investigativ schreibt die EFK, sie plane «aktuell keine weiteren Aktivitäten zu diesem Thema». Ob sich der Verdacht zerschlagen hat, bleibt offen. 

Briefausschnitt EFK
Legende: Beurteilung der EFK Ausschnitt aus dem Brief der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK ans VBS. EFK

Wie die Politik reagiert

Die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth wird in der Geschäftsprüfungskommission die vermuteten Interessenskonflikte thematisieren: «Gerade weil die Amts-Chefin Walliserin ist, müssen die geltenden Ausstandsregeln unbedingt eingehalten werden.» Und der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin behält sich als Präsident der Finanzdelegation beider Räte weitere Schritte vor: «Sollten uns weitere Vorkommnisse gemeldet werden, könnte ich mir vorstellen, dass die Finanzdelegation die EFK mit weiteren Abklärungen beauftragt wird.» 

Es ist nicht die erste familiäre Verbindung von Brigitte Hauser-Süess, die im Bundeshaus zu reden gibt. Der Anfang Jahr unter Druck zurückgetretene VR-Präsident der Ruag MRO, Nicolas Perrin, ist Schwager von Hauser-Süess. Die dann 70-Jährige wird das VBS Ende Jahr verlassen, sie geht in Pension. 

Echo der Zeit, 17.4.24, 18 Uhr

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