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Leiturteil vom Bundesgericht Leibesvisitationen im Intimbereich sind nicht immer zulässig

  • Das Bundesgericht hat ein sogenanntes Leiturteil gefällt im Zusammenhang mit Leibesvisitationen im Intimbereich.
  • Solche Polizei-Kontrollen, insbesondere auch der Körperöffnungen, seien immer ein Eingriff in die persönliche Würde und damit auch in die Grundrechte der Betroffenen.
  • Zulässig sei eine intime Untersuchung nur, wenn ein konkreter Verdacht bestehe – beispielsweise auf Selbstgefährdung.

Durch eine Leibesvisitation und allenfalls die Kontrolle von Körperöffnungen wird gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein Mensch in seiner Intimität und Würde beeinträchtigt. Dies schreibt das Bundesgericht in einem veröffentlichten Urteil.

Grundsätzlich würden durch eine körperliche Durchsuchung Grundrechte der betroffenen Person verletzt. Dies bedeute aber nicht, dass eine Leibesvisitation deshalb per se nicht zulässig sei. Um die Sicherheit von Polizei und der betroffenen Person selbst zu gewährleisten, sei eine Leibesvisitation unter Umständen notwendig.

Und genau diese Umstände seien in jedem Fall zu berücksichtigen und die Kontrolle jeweils anzupassen. Im konkreten Fall hatte die Kantonspolizei Zürich einen aus London kommenden Passagier am Flughafen Zürich festgenommen. Dem Mann wird vorgeworfen, Daten beschädigt zu haben.

Unverhältnismässigkeit gerügt

Bei der Leibesvisitation musste sich der Mann ausziehen und in die Hocke gehen. Dabei durfte er jeweils die Kleider des Ober- beziehungsweise Unterkörpers anbehalten. Der Betroffene legte dagegen erfolglos Beschwerde beim Obergericht Zürich ein. Er rügte, die Leibesvisitation sei unverhältnismässig gewesen. Es hätten keinerlei Anhaltspunkte für eine Selbst- oder Fremdgefährdung bestanden.

Das Bundesgericht gibt ihm Recht. Die Festnahme war für den Mann überraschend erfolgt und ihm wird kein Gewaltdelikt vorgeworfen. Zudem hatte er vor seinem Abflug am Flughafen London die Sicherheitskontrolle passieren müssen. Er hatte sich ausserdem kooperativ gezeigt.

Abtasten über den Kleidern hätte genügt

In einem solchen Fall hätte es gemäss Bundesgericht gereicht, wenn die Polizisten den Mann – allenfalls unter Einsatz technischer Hilfsmittel – über den Kleidern abgetastet hätten. Bevor sie ihn in die Zelle brachten, hätten sie ihm zudem Schnürsenkel und Gürtel abnehmen können.

Das Obergericht Zürich hatte in seinem Urteil die Praktikabilität des Dienstbefehls hervorgehoben, wonach immer eine Leibesvisitation vor der Verbringung in eine Zelle vorzunehmen sei. Das Bundesgericht räumt ein, dass es für die Polizisten einfacher sei, wenn sie sich keine Gedanken zur Verhältnismässigkeit machen müssten.

Die Bundesrichter kommen zum Schluss, dass Praktikabilität nicht zulasten eines effektiven Grundrechtsschutzes gehen dürfe. Polizisten seien zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit verpflichtet.

(Urteil 1B_115/2019 vom 18.12.2019)

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