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Schweiz Mehr Geborgenheit in der Agglomeration

In der Schweiz gibt es immer weniger freie Flächen. Mit dem Problem hat sich ein nationales Forschungsprogramm befasst. Der Schlüssel liegt laut Projektleiter Jürg Sulzer in einer guten Siedlungsentwicklung – insbesondere in den Agglomerationen.

SRF News: Freie Flächen werden knapp. Die Schweiz müsse bei der Agglomeration ansetzen, fordern Sie. Was heisst das?

Jürg Sulzer

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Jürg Sulzer ist Professor für Stadtumbau und Stadtforschung an der Universität Dresden. Von 1983 bis 2004 war er Direktor für Stadtplanung in Bern. Derzeit leitet er das nationale Forschungsprogramm «NFP 65», welches der Bundesrat im Jahr 2009 zur Entwicklung neuer urbaner Qualität ins Leben gerufen hat.

Projektleiter Jürg Sulzer: Das Schweizer Volk ist seit Jahren der Meinung, dass wir unser Land nicht weiter zersiedeln und verunstalten können. Betroffen ist vor allem die Agglomeration, weil dort relativ ungehemmt und unkoordiniert immer wieder neue Häuser entstehen.

Eine Tendenz ist, dass die Leute wieder zurück in die Stadt ziehen wollen. Das geht aber nicht, weil die Preise dort so hoch sind. Wie kann man diesen Konflikt lösen?

Mehr Stadt für alle: Das ist das, was wir auch in unserer Forschungsarbeit immer wieder thematisiert haben. Die Agglomeration von heute ist eigentlich keine Stadt. Sie ist eine Ansammlung von Häusern, in denen man gut oder auch weniger gut wohnt – das will ich überhaupt nicht beurteilen. Aber es gibt, das stimmt, einen ganz starken Trend in Richtung Innenstädte. Wenn Sie den Wohnungsmarkt anschauen, sind die teuersten Wohnungen aber in den Innenstädten. Ich frage mich: Warum kann man nicht auch diese anonyme Agglomeration zu Vorstädten umbauen?

Die Agglomerationen sollen städtischer werden. Was meinen Sie damit?

Das heisst, so zu wohnen wie zum Beispiel in Bern im Breitenrain-Quartier. Das war vor 100 Jahren auch einmal Agglomeration. Oder in Zürich ist es das Sihlfeld-Quartier. Da war überhaupt kein Haus, sondern da waren zuerst die Fabriken. Dann kam die Eisenbahn, dann wurde eine Stadt daraus. Und so könnte man ja auch einen Umbau angehen. Ich sage nicht, man müsse alles abreissen. Man sollte es sorgfältig umbauen. Wenn ein Haus nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, kann man es im Sinne einer besseren «Stadtwerdung» verändern.

Audio
Jürg Sulzer über die Verbesserung der Siedlungspolitik
aus SRF 4 News aktuell vom 28.05.2015.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 50 Sekunden.

«Stadtwerdung» – vielleicht noch etwas konkreter: Wie kann eine Agglomeration städtischer werden? Welche Qualitäten braucht es dazu?

In unseren Untersuchungen gibt es viele Siedlungen und Quartierteile aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren. Dort wurden einfach Blöcke aneinandergereiht. Wenn man etwas detaillierter in diese Siedlungen hineinschaut, kann man diese begonnene Siedlungsstruktur relativ einfach durch mehr Betonung des öffentlichen Raumes zu stadträumlichen Quartieren umbauen. Das soll aber nicht durch irgend eine Bürokratie beschlossen werden, sondern das müssten die Bauherren und Wohneigentümer Schritt für Schritt zusammen mit den Behörden machen.

Also geht es darum, dass es mehr öffentliche Plätze braucht?

Es geht in der heutigen, globalisierten Zeit darum, dass die Menschen wieder mehr Geborgenheit möchten. Die Globalisierung kann man nicht rückgängig machen. Aber wir können als Städtebauer und Architekten städtischer bauen, so dass die Menschen sich wieder zuhause fühlen, und nicht einfach nur individuelle Architektur hinstellen. Die ist in fünf Jahren wieder veraltet. Vielmehr sollten wir Stadträume bilden, so wie das im 18. und 19. Jahrhundert immer wieder gemacht wurde.

Das Gespräch führte Rafael von Matt.

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