Der erste Staatsanwalt des Kantons Schaffhausen bestätigt die Recherchen von SRF: «Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren gegen den Leiter des Arbeitsamts, Vivian Biner, wegen Amtsmissbrauch und ungetreuer Amtsführung.»
Der Auslöser für das Verfahren war die Strafanzeige der Schaffhauser Firma Bögli ICT AG. Diese bot während Jahren Computerkurse für Stellensuchende an, im Auftrag des Arbeitsamts. Doch 2016 wurde die Zusammenarbeit aufgelöst. «Vivian Biner erklärte uns, dass die Nachfrage zu klein sei und deshalb die Kurse nicht mehr angeboten werden», sagen Joachim Bögli und Thomas Plieninger, die zwei Geschäftsführer der Firma.
«Wir wurden gezielt abgeschossen»
Für sie war die Kündigung nicht nachvollziehbar: «Wir beobachteten in der Folge, dass praktisch identische Kurse von einem anderen Anbieter, der Schule für berufliche Aus- und Weiterbildung SBAW, angeboten wurden, dies zu einem höheren Preis und zu unserer Irritation angeblich gut besucht.»
Und: «Zudem arbeitet die Frau des Amtsleiters als Projektleiterin bei der SBAW. Für uns ist deshalb und wegen weiterer Hinweise offensichtlich, dass Kursanbieter gezielt abgeschossen und durch die SBAW ersetzt wurden, die dem Amtsleiter nahesteht.»
Thomas Plieninger und Joachim Bögli intervenierten zuerst bei Vivian Biner, beim zuständigen Regierungsrat Ernst Landolt (SVP), beim Seco sowie bei drei Kantonsräten, «allerdings erfolglos, deshalb reichten wir schliesslich 2019 die Anzeige ein.»
Vivian Biner wie auch Ernst Landolt (SVP) nehmen zu den Vorwürfen keine Stellung, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Für Vivian Biner gilt die Unschuldsvermutung.
Seco übte bereits 2017 Kritik
Tatsache ist, dass das Staatssekretariats für Wirtschaft Seco bereits 2017 in einem Bericht festhielt, dass es «zum Teil enge Kontakte zwischen dem Arbeitsamt und den Anbietern gibt. Die Entscheide über die Vergabe waren in der Regel nicht dokumentiert.» Und weiter, «ein eigentlicher Wettbewerb unter möglichen Anbietern konnte in der Vergangenheit nicht nachgewiesen werden.» Das Seco forderte ein Konzept und dokumentierte Abläufe.
«Vivian Biner sagte mir, ich solle den Mund halten»
Deshalb wurde eine Fachspezialistin befristet angestellt. Heute arbeitet sie nicht mehr beim Arbeitsamt und erhebt jetzt schwere Vorwürfe: «Ich wollte Einblick in alle Kursunterlagen, doch das wurde mir verweigert. Bezüglich den persönlichen Verstrickungen von Vivian Biner schlug ich unter anderem vor, dass seine Frau nicht mehr für die SBAW arbeitet oder Vivian Biner vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen wird. Doch Vivian Biner sagte mir, ich solle still sein und Ruhe geben. Man gab mir zu verstehen, dass das Seco bis zu Biners Frühpensionierung vertröstet wird.» Die ehemalige Fachspezialistin möchte anonym bleiben.
Sie wandte an den zuständigen Regierungsrat Ernst Landolt (SVP) sowie ans Seco, «doch passiert ist nichts», sagt sie. Ernst Landolt und Vivian Biner wollen zu den anonymen Vorwürfen keine Stellung nehmen.
Das Seco widerspricht und erklärt, dass aufgrund der Kritik die Risikoeinschätzung für den Kanton Schaffhausen angepasst wurde: «Der Revisionsrhythmus wurde von fünf auf drei Jahre verkürzt.»