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Umsetzung der Energiestrategie: «Die schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen»
Aus HeuteMorgen vom 26.06.2017.
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Umsetzung der Energiestrategie «Naturschutz wird komplett ausgehebelt»

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Ja des Schweizer Stimmvolks zur Energiestrategie macht sich der Bundesrat an die konkrete Umsetzung.
  • Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission schlägt nun Alarm. Wenn der Bundesrat an seinen Plänen festhalte, würden der Naturschutz komplett ausgehebelt und natürliche Lebensräume zerstört, warnt sie.
  • Beim Bundesamt für Energie heisst es, zurzeit würden die Stellungnahmen zur Verordnung ausgewertet. Voraussichtlich Ende Oktober werde der Bundesrat definitiv entscheiden, wie die konkrete Umsetzung der Energiestrategie ab Januar 2018 aussehen werde.

Die Energiestrategie will den Bau von Wasser- und Windkraftwerken erleichtern. Deshalb erklärt sie einzelne Anlagen zum «nationalen Interesse». Dies hat zur Folge, dass Natur- und Heimatschutz nicht mehr in jedem Fall höher gewichtet werden, sobald es Einsprachen gibt. Ab welcher Kraftwerksgrösse ein «nationales Interesse» besteht, das kann der Bundesrat festlegen.

Bundesrat übergeht den Naturschutz

Anfang Jahr bereits hat die Landesregierung ihre Vorstellungen in einem Entwurf der neuen Energieverordnung präsentiert. Der Präsident der eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission, Herbert Bühl, zeigt sich schockiert:

Die schlimmsten Befürchtungen, die wir hatten, die wurden noch übertroffen.
Autor: Herbert BühlDer Präsident der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission

Die Schwelle, ab wann eine Anlage von «nationalem Interesse» sei, werde so tief angesetzt, dass die Schutzwirkung der Bundesinventare im Bereich Natur- und Heimatschutz «komplett ausgehebelt» werde, schreibt die Kommission in einer Stellungnahme Faktisch jedes Kleinwasserkraftwerk an einem Gebirgsbach oder Windkraftanlagen mit nur gerade zwei Turbinen könnten bereits zum «nationalen Interesse» erklärt werden. Damit unterlaufe man die Ziele des Natur- und Heimatschutzgesetzes in einem «wohl frivolen Ausmass», schreibt die Kommission.

Unseriöser Gesetzgebungsprozess

Ungewöhnlich deutliche Worte einer eidgenössischen Kommission. Bühl sagt dazu, dass die Situation sehr ernst sei. Man bediene sich normalerweise nicht eines solchen Vokabulars.

Hier wird wirklich etwas vorgeschlagen, wo man sagen muss, faktisch gibt es die Wirkung der Schutzgebiete dann in Bezug auf Energieanlagen nicht mehr.
Autor: Herbert BühlPräsident der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission

Die Kommission, die den Bundesrat in Natur- und Heimatschutzfragen berät, schreibt: Das Vorgehen der Regierung sei «nicht akzeptabel». Auf die Frage, ob die Kommission nicht überflüssig werde, wenn die Energieverordnung so durchkomme, antwortet Präsident Bühl: «Ja, die Frage kann man sich dann mit Recht stellen.»

Ende Oktober fällt der definitive Entscheid

Beim Bundesamt für Energie heisst es, zurzeit würden die Stellungnahmen zur Verordnung ausgewertet. Voraussichtlich Ende Oktober werde der Bundesrat definitiv entscheiden, wie die konkrete Umsetzung der Energiestrategie ab Januar 2018 aussehen werde.

Was der Bundesrat vorschlägt – und was die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission dazu sagt

Wasserkraftanlagen

Das sagt Bundesrat: Eine neue Anlage ist im nationalen Interesse ab einer Produktionsleistung von 20 GWh pro Jahr, eine erweiterte oder erneuerte Anlage ab 10 GWh pro Jahr.

Das sagt die ENHK: Mit diesen Bestimmungen würden «Gebirgsbäche, deren mittlerer Abfluss gar weniger als 1 Kubikmeter pro Sekunde beträgt, in den Stand nationalen Interesses erhoben». Das Natur- und Heimatschutzgesetz werde so in Bezug auf den Erhalt natürlicher Gewässer «völlig ausgehebelt». Die Kommission vertritt «dezidiert» die Ansicht, dass die Schwellenwerte deutlich höher angesetzt werden müssten – ein Wert von 230 GWh pro Jahr für neue Werke sei angemessen.

Windkraftanlagen


Das sagt der Bundesrat: Neue oder bestehende Windkraftanlagen oder Windparks sind von nationalem Interesse, wenn sie mindestens 10 GWh pro Jahr produzieren.

Das sagt die ENHK: Mit derart niedrigen Schwellenwerten werde in Objekten des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) faktisch bereits der Bau von einzelnen Windturbinen oder Turbinenpaaren ermöglicht: «Damit würde das BLN seine Schutzwirkung gegenüber Windanlagen praktisch vollständig verlieren.» Derart tiefe Schwellenwerte würden die Ziele des Natur- und Heimatschutzgesetzes «in einem wohl frivolen Ausmass» unterlaufen.

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