Wenn Nina Burri in den Handstand geht, die Beine vornüber beugt und die Füsse vor dem Gesicht baumeln lässt, dann tut es dem durchschnittlich beweglichen Menschen schon nur beim Zuschauen weh. Für die 47-Jährige hingegen ist es normal, ihren Körper extrem zu verbiegen.
Seit fast 20 Jahren steht Nina Burri als Schlangenfrau auf der Bühne. Eine lange Zeit. Und doch war sie vergleichsweise alt, als sie mit der Kunst der Verrenkung – im Fachjargon Kontorsion – angefangen hat.
Durchbruch dank Talent-Show
Mit 30 reist die ausgebildete Ballett-Tänzerin nach China und besucht in Peking die «Beijing International Art School». «Die anderen Schülerinnen waren noch Kinder, kaum älter als neun», erzählt Nina Burri im Gespräch mit Radio SRF.
Ich war überzeugt, dass mir mein Körper sagt, falls ich zu alt für diese Kunst bin.
Doch sie habe sich nicht beirren lassen: «Ich war überzeugt, dass mir mein Körper sagt, falls ich zu alt für diese Kunst bin.» Burri trainierte täglich acht Stunden, machte Fortschritte und merkte: «Ich kann etwas erreichen.» Zurück in Europa hatte sie ihre ersten Auftritte als Schlangenfrau.
Als Nina Burri 2011 bei der SRF-Sendung «Die grösste Schweizer Talente» mitmachte, wurde sie auf einen Schlag einer breiten Öffentlichkeit bekannt. «Für mich war es extrem schön, dass die Menschen in der Schweiz diese Kunst entdeckten und schätzten», sagt Burri – bis dahin wurde Kontorsion vor allem mit Asiatinnen in Verbindung gebracht.
Hüftverletzung forciert Neustart
Seither hatte die Bernerin Auftritte auf der ganzen Welt – von Paris über Las Vegas bis hin zum Zirkus Knie. Nebst dem Beruf teilte sie auch viel Privates mit der Öffentlichkeit. Burri hat zweimal geheiratet und lebt heute mit ihrem zweiten Mann, Musiker Marco Desimoni, in Lachen SZ. «Es gab über all die Jahre zwei, drei komische Schlagzeilen», sagt sie, «aber ansonsten habe ich kaum schlechte Erfahrungen gemacht.»
Doch bald ist Schluss mit dem Rampenlicht: Ende Jahr hört Nina Burri als Schlangenfrau auf – wegen einer hartnäckigen Hüftverletzung. «Ich liess mich zu lange nicht behandeln, irgendwann war eine Pause unumgänglich.» Daraufhin habe sie sich entschieden, künftig nicht mehr als Schlangenfrau aufzutreten. «Nicht, weil eine Rückkehr nicht denkbar wäre», sagt sie, «aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um etwas Neues zu beginnen.»
Studium statt Showbühne
Schon während Corona hat Nina Burri ihre Fühler in neue Richtungen ausgestreckt. Seit einem Jahr studiert sie Ergotherapie – und ist mit 47 Jahren wieder die Älteste. «Sogar älter als die Dozentinnen», sagt sie lachend. Aber: Das Alter sei ein Vorteil: «Man ist reifer und hat einen Rucksack mit Erfahrungen.» Ausserdem fälle man Entscheide bewusster: «In meinem Alter breche ich ein Studium nicht einfach nach einem Jahr ab und mache etwas anderes.»
Neben dem Studium arbeitet sie als TV-Wettermoderatorin, hat Engagements als Model und Schauspielerin. Kurz: Dem Rampenlicht bleibt sie nicht gänzlich fern. «Ich träume sogar noch davon, ein Bond Girl zu werden», sagt sie lachend. Nun: Vom Alter hat sie sich noch nie aufhalten lassen.