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Neues Bundesasylzentrum Zürich «Bei Asylzentren gibt es immer wieder Widerstand»

Bundesrätin Sommaruga sieht das Grossprojekt mit dem Zürcher Spatenstich auf Kurs. Besorgt schaut sie aber auf Europa.

Innert 140 Tagen sollen Asylsuchende künftig wissen, ob sie in der Schweiz bleiben können. Ein wichtiger Teil dieser beschleunigten Asylverfahren ab März 2019 sind die landesweit geplanten 18 Bundesasylzentren. In Zürich ist heute nach Rekursen und einer Volksabstimmung der Spatenstich mit fünfjähriger Verspätung erfolgt. Trotzdem sieht Justizministerin Simonetta Sommaruga das Grossprojekt auf Kurs.

SRF News: Welche Bilanz ziehen Sie heute zum Genehmigungsverfahren für das Bundesasylzentrum in Zürich?

Simonetta Sommaruga: Bei Asylzentren gibt es immer wieder Widerstand. Das ist nichts Neues. Im Fall in Zürich ist es sehr gut gelaufen. Wir haben für den Testbetrieb einen Standort gefunden und konnten aufzeigen, dass die beschleunigten Asylverfahren funktionieren. Die Verfahren sind rascher, die Beschwerdequote ist tiefer und die freiwillige Rückkehr funktioniert besser. Mit dem heutigen Spatenstich werden wir den Standort Zürich rechtzeitig für die landesweite Umsetzung zur Verfügung haben.

18 Bundeszentren sollen es werden, doch in einigen Regionen gibt es massiven Widerstand, so in der Zentralschweiz. Wie lösen Sie das?

Es ist ein grosses Projekt. Wir versuchen, wenn immer möglich mit dem jeweiligen Kanton und der Standortgemeinde eine Lösung zu finden. Für die grosse Mehrheit der Zentren sind Lösungen da oder zumindest Übergangslösungen. Es geht Schritt für Schritt. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Standorte finden, wenn die Bevölkerung sieht, dass es eine glaubwürdige und konsequente Asylpolitik ist.

Braucht der Bund noch Asylzentren mit 5000 Plätzen? Die Zahlen gehen in den letzten Monaten zurück und man hat viele leere Betten.

Es wäre sehr kurzsichtig gedacht, wenn wir aufgrund der aktuellen Entwicklung nun plötzlich die Unterkünfte nicht mehr zur Verfügung hätten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es am teuersten wird, wenn man in kurzer Zeit Notunterkünfte aufbauen muss. Zudem bringt es viel Unruhe. Die Bevölkerung hat mit dem neuen Asylgesetz schwankungstaugliche Strukturen befürwortet. Die Lage im Asylbereich kann sich innert kurzer Zeit sehr stark ändern.

In der Westschweiz gibt es ein Zentrum für renitente Asylbewerber. Ist ein ähnliches Zentrum auch in der Deutschschweiz geplant?

Ja, wobei wir in der Deutschschweiz noch keinen Standort für ein solches Zentrum gefunden haben. Wir sind im Kontakt mit den Kantonen. Aber ich zähle natürlich darauf, dass gerade auch von der Bevölkerung in der Deutschschweiz ein solches Zentrum gewünscht wird. Manchmal dauert es etwas länger, aber dafür haben wir dann auch eine gute Unterstützung in der Bevölkerung.

Vor allem osteuropäische Staaten verweigern sich heute dem Flüchtlingsschutz. Auch in Deutschland und Österreich wird es schwieriger für Flüchtlinge. Wie beobachten sie diese Entwicklungen?

Ich bin sehr besorgt über diese politischen Entwicklungen. Ich habe letzte Woche mit dem EU-Kommissar für Migrations- und Flüchtlingsfragen Kontakt aufgenommen und werde meine Amtskolleginnen und -kollegen zur Aussprache treffen. Am meisten Sorge macht mit aber die Lage für die Flüchtlinge selber. Was sich in Europa entwickelt, ist nicht gut für den Flüchtlingsschutz, den wir doch seit Jahrzehnten in ganz Europa hochhalten.

Das Gespräch führte Christoph Brunner.

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