In der Schweiz gibt es zu wenige Durchgangs- und Transitplätze für Fahrende. Das ist ein altbekanntes, aber immer noch ungelöstes Problem. Und so kommt es vor, dass ausländische Roma mit ihren Fahrzeugen und Wohnwagen einen Parkplatz oder ein Landwirtschaftsgrundstück belegen, ohne dafür eine Bewilligung zu haben.
Oftmals würden dann schwierige Diskussionen beginnen, weiss der Bieler Regierungsstatthalter Philippe Chételat aus Erfahrung. «Dann versucht man mit den Leuten zu reden und zu schauen, ob es allenfalls eine Lösung gibt. Falls nicht, muss man sie höflich bitten, das Gelände zu verlassen.» Das führe auf Seiten der Roma gelegentlich zu lautstarkem Protest.
Kompromisse werden gesucht
Andreas Geringer hat Verständnis für beide Seiten – für Schweizer Behörden wie für die fahrenden Roma. Er ist Präsident des Verbandes Sinti und Roma Schweiz und seit Anfang Jahr auch als Mediator tätig, als Vermittler, wenn es zu Konflikten kommt. Immer wieder gelinge es ihm Brücken zu bauen.
«Wenn man das Gespräch sucht und aufeinander zugeht, kann man sehr vieles lösen», sagt Geringer. Im optimalen Fall findet man einen Kompromiss. So dürfen die Fahrenden beispielsweise für eine gewisse Zeit auf dem Areal bleiben, dafür erhält der Grundstückbesitzer eine finanzielle Entschädigung.
«Der Satz ‹ich muss aufs WC› ist verpönt»
Doch auch mit dieser Abmachung kann es noch zu Konflikten kommen. Etwa wenn fahrende Roma irgendwo auf einer Wiese ihre Notdurft verrichten, obwohl Toiletten-Kabinen zur Verfügung stehen würden. Für traditionelle Roma sei das ganze Thema ein grosses Tabu, erklärt Geringer.
«Durch die Reinheitsgebote ist es verpönt, den Satz ‹ich muss aufs WC› auszusprechen. Man geht einfach aus dem Blickfeld und ist kurz weg.»
Schweizer Umweltvorschriften werden ignoriert
Wenn die Toi-Toi-Häuschen für alle sichtbar auf dem Platz positioniert seien, würden sie fahrende Roma häufig nicht benutzen. Deshalb sollte man die Toiletten-Häuschen irgendwo am Rand, ausserhalb des Blickfelds aufstellen.
Problematisch ist es im Weiteren, wenn ausländische Fahrende in der Schweiz Handwerksarbeiten ausführen und dabei die Schweizer Umwelt- und Gesundheitsvorschriften ignorieren.
«Falls sie sich nicht daran halten, kommt es zu Anzeigen»
Hier sei das direkte Gespräch notwendig, sagt André Honegger, der bei der Kantonspolizei Zürich als Bezirkschef in Bülach arbeitet und schon seit vielen Jahren Kontakte zu ausländischen Fahrenden hat.
«Wir machen sie darauf aufmerksam, was zu tun ist und wenn sie sich nicht daran halten, werden sie selbstverständlich zur Anzeige gebracht. In der Regel genügt allerdings das Gespräch.»
«Es braucht guten Willen auf allen Seiten»
Direkt auf die Leute zugehen, offen mit ihnen reden, Kontakte knüpfen, Vereinbarungen treffen – das habe sich bewährt, sagt Honegger.
Sein Fazit klingt ganz optimistisch. «Die Erfahrung in den letzten Jahren hat mir persönlich auch gezeigt, was sind die Bedürfnisse der Roma und was sind die von uns und dann gibt es sicher Lösungen.» Dazu brauche es einfach guten Willen auf allen Seiten.
Das ist umso dringender, als ausländische Fahrende oft länger hier bleiben als bislang angenommen. Eine Erhebung der Gesellschaft für bedrohte Völker zeigt nämlich, dass sie häufig zwei oder drei Monate in der Schweiz sind.