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Prozess in Frauenfeld Chef der Versandapotheke «Zur Rose» steht vor Gericht

Der CEO der grössten Versandapotheke der Schweiz muss sich wegen umstrittener Geschäftspraktiken verantworten.

Die Geschäftspraktiken der Frauenfelder Versandapotheke «Zur Rose» beschäftigten die Behörden und Gerichte in den vergangenen zehn Jahren immer wieder. 2014 kam das Thurgauer Verwaltungsgericht zum Schluss, das Geschäftsmodell von «Zur Rose» sei zulässig. Das Bundesgericht hob jenes Urteil ein Jahr später wieder auf.

Nun muss sich der Chef des Thurgauer Unternehmens, Walter Oberhänsli, seit Dienstag vor dem Bezirksgericht in Frauenfeld verantworten. Der Beschuldigte habe «als CEO das Geschäftsmodell des Versandhandels von gewissen Arzneimitteln zu verantworten», heisst es in der Anklage. Oberhänsli werden demnach Verstösse gegen das Heilmittelgesetz und das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb vorgeworfen.

Urteil bis spätestens im März

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Für den Prozess am Bezirksgericht Frauenfeld haben die Richter mitsamt den Reserveterminen bis zu neun Verhandlungstage angesetzt. Bis Mitte Januar soll die Schuldfrage geklärt sein. Anschliessend würde über das Strafmass und allfällige weitere Folgen verhandelt und entschieden. Bis spätestens im März dürfte das Verfahren abgeschlossen sein.

«Zur Rose» soll in den Jahren 2011 bis 2015 Medikamente auf Bestellung an Kunden versandt haben, ohne die gemäss Heilmittelgesetz verlangte ärztliche Verschreibung korrekt durchgeführt zu haben. Laut Anklageschrift geht es um etwa 143'000 Bestellungen im Umfang von total über sieben Millionen Franken.

Umstrittene Vergütungen

Patientinnen und Patienten, welche Arzneimittel bestellt haben, mussten zwar einen Gesundheits-Fragebogen ausfüllen. Weil aber der persönliche Kontakt zwischen Patienten und Ärzten fehlte, waren gemäss Anklage die rechtlichen Anforderungen ungenügend erfüllt. Die Angaben der Kunden in den Formularen seien nicht überprüft worden.

Auch mit der Auszahlung von Vergütungen an Ärzte soll «Zur Rose» gegen das Heilmittelgesetz verstossen haben. Laut Anklage erhielten in den Jahren 2010 bis 2014 rund 6'400 Ärzte insgesamt über acht Millionen Franken an Entschädigungen. Diese wurden entrichtet, wenn die Ärzte ein elektronisches statt eines handschriftlichen Rezepts eingereicht hatten.

Apothekerverband als Kläger

Auch der aktuelle Prozess geht auf eine Strafanzeige des Schweizerischen Apothekerverbands PharmaSuisse zurück. Der Verband und das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic treten am Prozess neben der Staatsanwaltschaft ebenfalls als Klägerinnen auf. Zu prüfen sind neben strafrechtlichen Fragen auch eine Ersatzforderung gegen die Versandapotheke.

Regionaljournal Ostschweiz, 1.12.2020, 12:03 Uhr ; 

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