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Schweiz Wie tief hat die Mafia in der Schweiz Wurzeln geschlagen?

Der Polizei gelingt ein Coup gegen die Mafia: Sie nimmt 15 mutmassliche Mitglieder der Mafia-Organisation 'Ndrangheta fest. Wie etabliert ist die Mafia in der Schweiz? Und wie geht sie vor?

Ist die Schweiz schon von der italienischen 'Ndrangheta und anderen kriminellen Mafia-Clans infiltriert? Diese Frage kam auf, nachdem die Existenz der Frauenfelder Zelle im Jahr 2014 öffentlich geworden war. Bundesanwalt Michael Lauber antwortete klar: Die Schweiz sei kein mafiöses Land. Die Mafia nutze die Schweiz vor allem als logistische Basis.

«In der Schweiz wird die 'Ndrangheta verniedlicht»

Und nun der Paukenschlag : 15 Verhaftungen in der Schweiz und Auslieferung an Italien. Es gibt Stimmen aus Italien und dem Tessin, die seit längerem warnen. Einer von ihnen ist der Journalist Giovanni Tizian, ständig bewacht von der Polizei, weil er Morddrohungen erhält . In einem Interview mit der WOZ sagte er: «Was der kalabrischen Mafia im reichen Norditalien gelungen ist, nämlich tiefe Wurzeln zu schlagen, ist überall zu erwarten, wo die Clans ihre Geschäfte betreiben.»

Maria Roselli, Journalistin vom RSI und Mafia-Kennerin sagt: «In der Schweiz wird die 'Ndrangheta verniedlicht.» Die 'Ndrangheta sei eine der gefährlichsten und grössten kriminellen Organisationen weltweit. Ihre Mitglieder versuchten, sich auch in anderen Ländern festzusetzen. «Das gelingt ihnen auch, weil sie sich sehr geschickt den jeweiligen Gepflogenheiten in den Ländern anpassen. Sie versuchen, die Unerfahrenheit der Behörden auszunutzen», sagt Roselli.

Doch wie stark sind die Mafia-Organisationen in der Schweiz wirklich tätig? Verbrechen belegen, dass die 'Ndrangheta vermehrt in Norditalien und im Ausland aktiv ist, auch in der Schweiz. Lediglich ein Viertel der illegalen Einnahmen erzielt sie im Herkunftsgebiet Kalabrien, während andere Mafia-Organisationen die meisten Gewinne in ihren angestammten Regionen erzielen. Dies sagt eine Studie des Forschungszentrums Transcrime von 2013.

Es ist also davon auszugehen, dass die 'Ndrangheta von allen Mafia-Organisationen am stärksten in der Schweiz tätig ist. Roselli schätzt, dass in der Schweiz von allen Clans etwa 5 bis 6 Mafia-Zellen aktiv sind.

Mafia auch bei Schweizer Bauvorhaben aktiv

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Die Bundeskriminalpolizei (BKP) geht davon aus, dass die italienischen Mafia-Organisationen in der Schweiz bevorzugt in Handels- und Dienstleistungsgesellschaften, insbesondere im Finanz- und Immobilienbereich, sowie im Gastronomiesektor investieren. Roselli ergänzt: «Bei grossen ausgeschriebenen Bauvorhaben dürfte die Mafia in der Schweiz ab und an beteiligt sein. Im Bau wird sehr viel Geld umgesetzt. Da kann die Mafia sehr viel Geld waschen. Obendrein kann man in der Bauwirtschaft noch gute Geschäfte machen, gut verkaufen.»

Die ’Ndrangheta geht überall nach dem gleichen Muster vor. Laut Journalist Tizian kommen sie als vermeintliche Arbeitsmigranten. Oder sie maskieren sich als ehrbare Unternehmer, bauen Beziehungen auf, bieten traumhaft günstige Dienstleistungen an. Dann ziehen sie die Preise an. Will ein Unternehmen den Partner wechseln, lassen die Mafiosi dies nicht mehr zu, drohen der Firma oder zwingen den Inhaber zum Verkauf. Irgendwann ist die Gewalt, Korruption und politische Einflussnahme da. Der Teufelskreis beginnt.

Ist die Schweiz genügend aktiv in der Bekämpfung der Mafia-Organisationen? «Den italienischen Behörden ist die Schweiz zu restriktiv, wenn es um den Schutz des einzelnen Bürgers geht, und zu lasch bei den Kontrollen im Finanzsektor. Konto-Angaben werden bei nicht ganz konkreten Angaben nicht herausgerückt, es sei denn, es handelt sich um Steuerdelikte. Das Abhören der Telefone ist streng geregelt», sagt Roselli.

Immerhin, auf Gesetzes-Ebene ist einiges im Gang: Das Geldwäschereigesetz wurde in den Räten bereinigt. Das Büpf, bei dem es um die Überwachung mit Trojanern geht, ist in Behandlung und ein Gesetz, wonach die Polizei präventiv Kommunikation überwachen kann, wurde verabschiedet.

«Die Mafia fühlt sich in der Schweiz wohl»

Bleibt die Auslegung des Art. 260 des Strafgesetzbuches. Laut Folco Galli vom Bundesamt für Justiz ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation aufgrund des Artikels strafbar. Allerdings ist in der Schweiz eine Verurteilung schwierig. Galli: «Die Praktiker haben sehr hohe Anforderungen für eine Verurteilung.» Eine entsprechende Motion, die den Artikel 260 schärfen will, wurde von den Kommissionen beraten.

Die Schweiz, im Moment ein Paradies für Mafiosi? Maria Roselli verneint. «Die Mafia fühlt sich in der Schweiz sicher wohl, sie ist aber auch in anderen europäischen Ländern aktiv.» Allerdings sei eine Verharmlosung gefährlich: «Die Schweiz verschätzt sich, wenn sie diese Organisation nicht ernst nimmt und zu wenig bekämpft.»

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