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Auf einem Tisch steht das Schlafmittel Natrium-Pentobarbital und ein Glas Wasser. Eine Männerhand zündet eine Kerze an.
Legende: Fast alle der ausländischen Sterbewilligen liessen sich zwischen 2008 und 2012 von Dignitas begleiten. Keystone
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Schweiz Schweizer Sterbetourismus wächst

Immer mehr Lebensmüde aus der ganzen Welt kommen zum Sterben in die Schweiz. Forscher halten es nicht für ausgeschlossen, dass die Schweizer Sterbehilfepraxis im Ausland Debatten anfeuert. Sterbehilfeorganisationen kritisieren die Studie.

611 Ausländer reisten zwischen 2008 und 2012 in die Schweiz. Um hier zu sterben. Bemerkenswert: Gemessen am Jahr 2008 hat sich vier Jahre später die Zahl der Sterbewilligen verdoppelt.

Zu diesem Schluss kommt eine Pilotstudie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich, die in der aktuellen Ausgabe des «Journal of Medical Ethics» publiziert wurde.

Die wichtigsten Studienergebnisse

  • die 611 Sterbetouristen kamen aus 31 Ländern
  • Die meisten (268) kamen aus Deutschland Grossbritannien (126) und Frankreich (66)
  • Das Durchschnittsalter der Sterbewilligen liegt bei 69 Der jüngste war 23, der älteste 97
  • 58,8 % waren Frauen. Die Wahrscheinlichkeit der Annahme von Suizidhilfe ist bei ihnen um 40 % höher als bei Männern
  • In fast der Hälfte der Fälle litten die Sterbewilligen unter neurologischen Erkrankungen, gefolgt von Krebs- und Rheumaerkrankungen
  • Alle bis auf vier Menschen schieden mit Hilfe von Dignitas aus dem Leben
  • Alle bis auf vier Menschen starben am Schlafmittel Natrium-Pentobarbital. Die anderen durch das umstrittene Einatmen von Helium (siehe Linkbox)

Schweiz hilft anderen auf die Sprünge

Die Zürcher Forscher beschäftigten sich aber nicht nur mit den Untersuchungs- und Obduktionsberichten zu assistierten Suiziden. Sie untersuchten zudem die bestehende Rechtslage zur Suizidbeihilfe in den Ursprungsländern der Suizidtouristen.

«Die Zahlen sprechen dafür, dass es sich lohnt, bestimmten Fragen vertieft nachzugehen», sagte Mitautor Julian Mausbach vom Kompetenzzentrum Medizin - Ethik - Recht Helvetiae der Universität Zürich auf Anfrage von SRF News Online.

Eine dieser Fragen lautet, ob die liberale Sterbehilfe-Gesetzgebung in der Schweiz dazu führt, dass in den Ländern der Sterbewilligen Suizidtouristen politische Prozesse katalysiert werden.

Die Autoren wagen zwar keine Schlüsse, aber doch Vermutungen über die beobachteten Trends. «Wenn wir die drei wichtigsten Herkunftsländer ansehen, finden wir politische Debatten über assistierten Suizid in allen drei», schreiben sie.

Für die Zunahme gibt es einen Strauss an möglichen Gründen
Autor: Julian MausbachCo-Autor der Studie

Der Prozess einer an Multiple Sklerose leidenden Britin, die zum Sterben in die Schweiz reisen wollte, führte laut den Autoren zu neuen Richtlinien und veränderter Strafpraxis bei der Suizidbeihilfe. Und auch in Deutschland habe die Debatte um Suizidtourismus eine neue Gesetzesvorlage angeregt.

Audio
Studie: Zahl der Sterbetouristen nimmt zu
aus HeuteMorgen vom 21.08.2014.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 35 Sekunden.

«Wir wagen nicht, daraus zu schliessen, dass allein der Suizidtourismus dafür verantwortlich ist», erklärte Mausbach der Nachrichtenagentur sda. Doch es sei plausibel, dass dieser zu einer grösseren Aufmerksamkeit für das Thema geführt habe.

Auch die Frage nach den Gründen für die massive Zunahme der Nachfrage nach assistiertem Suizid können die Forscher noch nicht abschliessend beantworten. «Es dürfte ein ganzer Strauss von Gründen sein, die sich zudem von Land zu Land unterscheiden», sagte Mausbach.

Dauerthema Sterbehilfe

Diese und weitere Fragen sollen nun detaillierter untersucht werden. Dies wird in mehreren Projekten im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» (NFP 67) geschehen.

Mehr aufschlussreiche Fakten zur Sterbehilfe finden Sie in unserer Infografik.

Harsche Kritik an Studie

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Sterbehilfeorganisationen kritisieren die Ungenauigkeiten, welche die Pilotstudie aufweise. Einer der Kritikpunkte betrifft den gewählten Zeitraum 2008 bis 2012. Dies suggeriere ein dramatisches Resultat. Hätten die Autoren den repräsentativeren Zeitraum 2006 bis 2012 gewählt, hätten sie «nur» konstante Fallzahlen vorweisen können.

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