Zum Inhalt springen

Selbstanzeigen steigen an Gastarbeiter wollen nicht als Steuerflüchtlinge gelten

In den Kantonen Zürich, Basel-Stadt und Graubünden hat sich die Zahl der straflosen Selbstanzeigen verdreifacht. Der Grund ist der automatische Informationsaustausch (AIA).

Sie kamen vor Jahrzehnten als Gastarbeiter in die Schweiz und haben in ihrer Heimat ein Häuschen geerbt, gekauft oder gebaut. Viele von ihnen sind nun verunsichert: Sie wussten nicht, dass sie ihre Liegenschaften in der Schweizer Steuererklärung aufführen müssen und haben nun Angst, plötzlich als Steuerflüchtlinge dazustehen.

Dino Nardi aus Wetzikon (ZH) ist Europakoordinator der «Unione Italiani nel Mondo». Ganze 200 bis 300 Informationsabende hat seine Organisation im vergangenen Jahr für italienische Gastarbeiter in der Schweiz organisiert: «Sie waren in gutem Glauben davon überzeugt, dass sie diese Liegenschaften nicht deklarieren mussten, weil sie die bereits in Italien versteuert hatten.»

Rekordmeldungen aus den Kantonen

Im Kanton Zürich haben die Steuerbehörden im vergangenen Jahr dreimal so viele Selbstanzeigen gezählt wie im Vorjahr – ein Rekord. Nicht weniger als 6150 Steuerpflichtige machten 2017 eine Selbstanzeige. Besonders gross war dabei die Zahl von gemeldeten Liegenschaften in Italien, Portugal oder Spanien, die zuvor nicht deklariert worden waren.

In den Kantonen Basel-Stadt und Graubünden hat sich die Zahl der straflosen Selbstanzeigen im vergangenen Jahr ebenfalls verdreifacht. Und der Kanton Genf musste gar zwanzig zusätzliche Mitarbeitende einstellen, um die Flut an Selbstanzeigen zu bewältigen.

Auch im Kanton Wallis sorgten Steuerpflichtige aus Italien, Spanien und Portugal zusammen mit französischen Einwohnern für ein Rekordjahr bei den Selbstanzeigen. Von ihnen stammt der grösste Teil der 4000 Selbstanzeigen im vergangenen Jahr.

Selbstanzeige ohne Strafe

Grund ist der Automatische Informationsaustausch (AIA): Ab kommendem Herbst erhält die Schweiz erstmals Informationen von in der Schweiz lebenden Personen mit ausländischen Bankkonten. Seit 2010 können sich diese aber einmal im Leben selbst anzeigen, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Allerdings müssen sie die Steuern für die vergangenen zehn Jahre nachzahlen.

Die ausländische Liegenschaft selbst müssen sie in der Schweiz zwar nicht versteuern, aber sie erhöht die Steuerlast. Marina Züger, Chefin des Kantonalen Steueramts Zürich, erklärt dies mit folgendem Beispiel: «Jemand besitzt ein Vermögen von 100'000 Franken, und jetzt kommt eine Liegenschaft dazu, die ebenfalls 100'000 Franken wert ist. Dann muss er in der Schweiz zwar immer noch nur 100'000 Franken versteuern. Für den Steuersatz sind aber 200'000 Franken massgebend.»

Meistgelesene Artikel