Zum Inhalt springen

Header

Audio
Bilder nackter Kinder – der schmale Grat zur Pornographie
Aus Rendez-vous vom 06.12.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 37 Sekunden.
Inhalt

Kinderpornografie oder nicht Das Problem mit den Bildern nackter Kinder

Nicht alle Bilder, die nackte Kinder zeigen, fallen unter das Kinderpornografie-Verbot. Eine Motion aus dem Nationalrat will das ändern.

  • Der Handel mit sogenannten Posing-Bildern von Kindern soll unter Strafe gestellt werden.
  • Dies fordert eine Motion von Natalie Rickli (SVP), mit der sich nun der Ständerat befasst.
  • Die Gegner sagen, die neue Strafnorm sei unnötig. Es gebe bereits eine Handhabe, gegen den Missbrauch solcher Bilder vorzugehen.

Nicht alles was stossend ist, ist auch strafbar. Das ist sich Nathalie Rickli bewusst. «Aber mal ganz ehrlich: Wenn man bei einem Mann Hunderte Nacktbilder von Kindern findet, kann mit ihm ja etwas nicht stimmen», sagt sie. Tatsächlich werden bei den meisten Pädokriminellen auch Nacktaufnahmen von Kindern gefunden, die nicht strafbar sind.

Das bestätigt Andreas Brunner, der bis vor zwei Jahren leitender Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich war. Allerdings müsse man «zwischen Moral und Recht unterscheiden können». Doch die Grenze ist im Recht schwierig zu ziehen. Sie liegt irgendwo zwischen dem Verbot sexueller Handlungen mit Kindern und gewöhnlichen Nacktbildern, etwa aus den Familienferien am Strand.

Das Bundesgericht hat die Rechtsprechung verschärft.
Autor: Andreas BrunnerOberstaatsanwalt des Kantons Zürich

«Dazwischen ist eine grosse ‹Grauzone›, die mit der Rechtsprechung gefüllt wurde, zum Teil auch durch das Bundesgericht», erläutert Brunner. Konkret hat das Bundesgericht seine Praxis in den vergangenen Jahren verschärft. Mittlerweile beurteilt es auch Bilder als Kinderpornografie, wenn das Kind teilweise bekleidet ist und wenn der Fokus nicht auf den Genitalien liegt.

Tatsächlich sei diese Entwicklung der Rechtssprechung zielführender, als immer detailliertere Gesetzesbestimmungen zu erlassen, ist Brunner überzeugt. Seiner Ansicht nach schafft man mit jeder neuen Gesetzesformulierung neue Unsicherheiten.

Ständerat behandelt Ricklis Motion

Die Motion von Natalie Rickli beauftragt den Bundesrat, eine Gesetzesrevision vorzubereiten, die den gewerbsmässigen Handel mit Nacktfotos und entsprechenden Filmaufnahmen von Kindern unter Strafe stellt. Die Landesregierung beantragt dem Ständerat die Annahme der Motion. Bereits in der Frühjahrssession hiess der Nationalrat den Vorstoss oppositionslos gut. Auch die Rechtskommission des Ständerats beantragt mit 5 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung die Annahme. Die Mehrheit ist der Auffassung, dass eine Strafnorm den Betroffenen mehr Schutz bieten könne, als dies heute mit dem Zivilrecht möglich sei.

In der Rechtskommission des Ständerates hatte sich FDP-Vertreter Andrea Caroni gegen die Motion Rickli ausgesprochen. Auch er verweist auf die verschärfte Praxis des Bundesgerichts. «Mein Problem ist zudem, dass die Motion sehr schlecht formuliert ist», sagt er. So lasse sie offen, ob ganz normale Familienaufnahmen der Kinder plötzlich strafbar sein könnten. «Ich möchte nicht Familien für ihre Familienfotos kriminalisieren», so Caroni.

Es gibt kaum gewerbsmässigen Handel

Das möchte auch Nationalrätin Rickli nicht. Sie ist sich der Abgrenzungsschwierigkeiten durchaus bewusst. Deshalb müsse man den gewerbsmässigen Handel mit solchen Bildern unter Strafe stellen. Der frühere Oberstaatsanwalt Brunner sagt, das töne zwar gut. Doch in der Praxis würden solche Bilder in den allermeisten Fällen unter Privaten getauscht, wobei gar kein Geld fliesse. «Es sind kaum Händler im gewerbsmässigen Sinne bekannt.»

Werde das Verbot aber auf Tausch ausgeweitet, führe dies wieder zu gravierenden Abgrenzungsproblemen. Zudem erhöhe jede Verschärfung den Aufwand der Ermittlungsbehörden, weil die Sichtung solcher Bilder zu hundert Prozent individuelle Arbeit sei. Computerprogramme könnten die Arbeit nicht übernehmen, «weil es ganz auf Detailfragen ankommt».

Bestrafen, was stossend ist

Brunner schlägt an Stelle einer Getzesänderung deshalb einen anderen Weg vor: Finden Strafermittlungsbehörden bei einer Person grosse Mengen von Bildern mit nackten Kindern, sollten sie sich fragen, ob dies nicht ein hinreichender Anfangsverdacht sei, um eine Ermittlung zu beginnen. Dies sei vermutlich der effizientere Weg, damit das, was stossend sei, auch bestraft werden könne.

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel