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Sicherheit der Schweizer AKW Hat das AKW Gösgen den Brandschutz vernachlässigt?

Die Betreiberfirma des Kernkraftwerks wehrt sich gegen Vorwürfe, das Ensi hat aber ein Nachrüstungskonzept verlangt.

Seit den 1980er-Jahren sei er als Mitarbeiter einer Zulieferfirma im Kernkraftwerk Gösgen tätig gewesen. Bis vor kurzem, sagt der Mann, der anonym bleiben möchte. Früher sei alles in Ordnung gewesen, doch heute werde der Brandschutz vernachlässigt.

«Das neue Strahlenschutzgesetz sagt, dass ein Kernkraftwerk laufen kann, wenn es dem neusten Stand der Technik entspricht. Und das ist leider halt in Gösgen und in den anderen Kernkraftwerken nicht mehr der Fall.» Die Zeit sei abgelaufen, so der Mann, «und da muss man auch Druck machen.»

Problemzone Brandschutzklappen

Ganz konkret meint er die sogenannten Brandschutzklappen, die beim Bau fest einbetoniert wurden. Von diesen gibt es rund 700 im Kernkraftwerk Gösgen. Das sind Klappen, die sich im Brandfall schliessen, um zu verhindern, dass sich das Feuer von einem Raum in andere ausbreitet. Die allermeisten dieser Brandschutzklappen seien so alt wie das Kernkraftwerk – nämlich fast 40-jährig

Da kann man gar nichts mehr reparieren.
Autor: Anonym Ehem. Arbeiter im AKW Gösgen

«Da kann man gar nichts mehr reparieren. Es gibt keine Hersteller mehr», so der ehemalige Mitarbeiter der Zulieferfirma. Zudem habe das AKW Gösgen keine Brandschutzklappen mehr auf Lager.

Jürg Joss: Viele Gründe für die Abnutzung

Box aufklappen Box zuklappen
  • Einer, der als Lüftungstechniker jahrelang genau solche Brandschutzklappen in Atomkraftwerken getestet hat, ist Jürg Joss. Er engagiert sich heute in der atomkritischen Organisation «Fokus Anti-Atom».
  • «Es sind Fette verwendet worden, die eingetrocknet sind. Es ist Staub in diesen Klappen vorhanden, der die Gängigkeit nicht garantiert. Und dann ist das Alter des Materials, das dazu führen kann, dass eine Klappe auch in sich kollabieren kann – bei hohen Temperaturen», erklärt er den Abnutzungseffekt der Brandschutzklappen.
  • Zudem sei die Mechanik in den Klappen drin teilweise nicht geschützt. «Und zum Teil ist auch das Metall oxidiert, was dann auch wieder zur Schwergängigkeit der Klappen führt.»

Massnahmen gefordert

Weil ein Brand in einem Atomkraftwerk katastrophale Folgen haben kann, seien umgehend Massnahmen zu ergreifen, fordern die Kritiker – nicht nur in der Schweiz. Auch in vielen anderen Kernkraftwerken in Europa seien die Brandschutzklappen alt und in problematischem Zustand.

Zu diesem Schluss kommt das Recherche-Netzwerk Correctiv, das auch in Deutschland und Frankreich mit Experten, Kraftwerksbetreibern und Aufsichtsbehörden gesprochen hat.

Das Kernkraftwerk Gösgen ist brandschutztechnisch sicher.
Autor: Barbara Kreyenbühl Kernkraftwerk Gösgen

Beim Kernkraftwerk Gösgen hat man für die Kritik kein Verständnis. Barbara Kreyenbühl, die Leiterin Kommunikation, betont: «Das Kernkraftwerk Gösgen ist brandschutztechnisch sicher. Brandschutz ist ein dauernder Prozess und das KKG modernisiert die technischen Brandschutzeinrichtungen fortlaufend.» Die sicherheitsrelevanten Systeme seien mehrfach vorhanden. «Brandschutz, Löscheinrichtungen und die Betriebsfeuerwehr garantieren den Brandschutz im Kernkraftwerk Gösgen voll und ganz.»

Der Kühlturm des AKW Gösgen an der Aare
Legende: Ein Recherche-Netzwerk wirft dem AKW Gösgen Mängel beim Brandschutz vor. Keystone

Ensi steht hinter AKW Gösgen

Diesen Befund – dass der Brandschutz gewährleistet sei – bestätigt auch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi auf Anfrage. Allerdings hat die Aufsichtsbehörde bei einer Routinekontrolle im Jahr 2016 tatsächlich Probleme beim Brandschutz festgestellt.

Das Ensi schreibt auf der Website: Bei einem Test von Brandschutzklappen im Schaltanlagengebäude am 15. Dezember 2016 erreichten nicht alle Klappen exakt die vorgesehene Endstellung. Dies manifestierte sich in einer fehlenden Rückmeldung der Endschalter.

Und anlässlich einer durch das Vorkommnis ausgelösten Inspektion im April 2017 stellte das Ensi fest, dass die Brandschutzklappen des betroffenen Typs nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Es verlangte deshalb vom Kernkraftwerk Gösgen – kurz KKG – ein Konzept für deren Ersatz einzureichen.

Eine Million pro Jahr für Brandschutz

Ein erstes solches Konzept hat das KKG Ende 2017 eingereicht. Im Frühling dieses Jahres aber hat das Ensi ein weiteres sogenanntes Detailkonzept verlangt, welches die Betreiberin vor wenigen Tagen eingereicht hat, wie Kreyenbühl bestätigt. Was drinsteht, will die Kommunikationsverantwortliche des KKG nicht verraten.

Nur so viel: «Das Kernkraftwerk Gösgen modernisiert die technischen Brandschutzeinrichtungen wie erwähnt fortlaufend. Zu diesen Einrichtungen gehören die Brandmeldeanlage mit Brandmeldezentrale, mit Brandmeldern und mit Brandschutztüren. In den letzten Jahren hat das KKG eine Million pro Jahr für den Brandschutz ausgegeben. Das Ensi prüft zurzeit die neuen Pläne des Kernkraftwerks Gösgen zur Verbesserung des Brandschutzes. Grundsätzlich misst das Nuklearsicherheitsinspektorat dem Vorkommnis «eine geringe Bedeutung für die nukleare Sicherheit» bei.

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