SRF News: Seit Einführung des Krankenversicherungsgesetzes vor 20 Jahren steigen die Prämien. Wie lässt sich diese Negativspirale stoppen?
Heinz Locher: Wir brauchen bei den Spitälern höhere Qualitätsvorschriften. Es muss zudem geklärt werden, wer was machen darf. Nicht alle Leistungen, welche die Krankenkassen übernehmen, entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen. Ausserdem muss die Pflicht zur Transparenz in der Leistungsqualität eingeführt werden.
Was soll das bringen?
Auf diese Weise kann der Patient und der Hausarzt auswählen, zu welchem Spezialist er überwiesen wird. Wir müssen die Beteiligung der Kantone an der Finanzierung der ambulanten Leistungen erhöhen – hier muss man die Kantone in die Pflicht nehmen. Die Patienten sollten darüber hinaus zuerst zum Hausarzt gehen, statt in den Spital. Und die Stimmberechtigten sollten nicht jedes Mal den Aufstand proben, wenn ein Spital eine Abteilung schliesst. Die Massnahmen liegen auf dem Tisch. Wir müssen sie nur noch umsetzen.
Wenn schon eine obligatorische Krankenversicherung existiert, hat der Staat auch die Verantwortung, die finanzielle Belastungsgrenze festzulegen.
Aber warum greifen diese Mechanismen nicht?
Die Krankenkassen müssen alle Leistungen übernehmen, die der Bund vorgesehen hat. Es liegt nicht in der Kompetenz der Kassen, die Leistungen zu bestimmen. Die Kompetenz über den sogenannten Leistungskatalog liegt beim Bund. Dort müssen wir ansetzen. Derzeit wird geprüft, ob die Leistungen wirksam und zweckmässig sind. Diese Prüfprozesse müssen wir intensivieren. Das hat das Bundesamt für Gesundheit BAG mittlerweile erkannt. Das wird dazu führen, dass die Krankenkassen gewisse Leistungen nicht mehr übernehmen müssen.
Was halten Sie denn vom Vorschlag, Konsumenten mit einem gesunden Lebenswandel mit tieferen Prämien zu belohnen oder eine Gratis-Kinder-Krankenkasse zu lancieren.
Viele Menschen wären gerne gesund, sind es aber nicht. Die finanzielle Belastung stellt für Familien in diesem Land ein echtes Problem dar. Derzeit ist ein parlamentarischer Vorstoss hängig. Dieser schlägt vor, dass die finanzielle Belastung für Familien durch Krankenkassenprämien im Verhältnis zum steuerbaren Einkommen einen gewissen Prozentsatz nicht überschreiten darf. Der Kanton Waadt hat diesen Mechanismus bereits eingeführt. Wenn schon eine obligatorische Krankenversicherung existiert, hat der Staat auch die Verantwortung, die finanzielle Belastungsgrenze festzulegen. Für verschiedene Bevölkerungsgruppen ist diese Belastungsgrenze überschritten. Das ist sozial- und familienpolitisch unerwünscht.
Das Gespräch führte Teresa Delgado.