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Stimmrecht unter Druck Weniger politische Rechte für Auslandschweizer?

Mehr als 760'000 Personen mit Schweizer Pass leben im Ausland. Deren Stimm- und Wahlrecht wird vermehrt diskutiert.

Am 1. August feiern nicht nur Bürger in der Schweiz den Nationalfeiertag. Auch viele der über 760'000 Schweizer, die im Ausland leben, denken an diesem Tag an ihr Heimatland.

Fast 180'000 von ihnen sind im Stimmregister eingetragen, das heisst, sie wohnen zwar im Ausland, aber sie können aus der Ferne abstimmen und wählen. Doch das Stimmrecht für Auslandschweizer kommt immer wieder unter Druck.

Stimmrecht soll nach gewisser Zeit ruhen

Schon mehrmals hat Ständerat Andrea Caroni (FDP/AR) das Thema aufgebracht, auch mit Vorstössen im Parlament. Er will das Stimm- und Wahlrecht für Schweizer sistieren, wenn diese mehr als 20 Jahre lang nicht mehr in der Schweiz gelebt haben.

Er plädiert zwar dafür, dass man grundsätzlich auch als Auslandschweizer abstimmen darf. «Aber nach einer gewissen Zeit, nach 20 oder 25 Jahren, wenn man davon ausgeht, dass die Person nicht mehr zurückkommt, also auch nicht mehr von den Entscheidungen betroffen sein wird, soll daher ihr Stimmrecht ruhen.»

Mehrheit mit zwei Pässen

Sobald ein Auslandschweizer aber zurück in die Schweiz zieht, soll er sein Stimmrecht wieder aktivieren können. Caroni zielt damit nur auf die Doppelbürger, also jene Schweizer, die noch in einem zweiten Land Bürgerrechte besitzen.

Und das sind die meisten: Drei Viertel der über 760'000 Schweizer im Ausland haben zwei Pässe, zum Beispiel weil sie in ihrer zweiten Heimat eingebürgert wurden. Diese Schweizer können so in der alten und der neuen Heimat mitbestimmen, auch wenn sie schon lange nicht mehr in der Schweiz leben.

Das findet Caroni nicht richtig: «Wenn nun jemand noch gar nie in der Schweiz gelebt hat oder seit 40 Jahren nicht mehr, dann finde ich es demokratiepolitisch etwas problematisch, wenn er dann trotzdem bei uns Entscheide fällt, die nur die anderen betreffen.»

Vererbung der Staatsbürgerschaft?

Unter den Doppelbürgern im Ausland haben manche ihre Schweizer Staatsbürgerschaft geerbt. Sie wird von Generation zu Generation weitergegeben.

In einer Studie der Eidg. Migrationskommission (EKM) findet man dazu einen brisanten Vorschlag. Die Schweiz solle diskutieren, wie lange die Schweizer Staatsbürgerschaft an nachfolgende Generationen vererbt werden soll. Spätestens ab der dritten Generation gebe es kaum noch gute Argumente dafür, folgern die Autoren.

Dem Präsidenten der EKM, Walter Leimgruber, ist das jedoch zu einseitig. Es gehe nicht nur um die Bürgerrechte der Auslandschweizer, sondern «auch darum, ob die Menschen ihre Rechte dort ausüben sollen, wo sie leben. Das hätte dann auch Auswirkungen auf die Ausländer, die in der Schweiz wohnen. Oder ob sie die Rechte dort ausüben sollen, wo sie das per Erbe, per Abstammung erhalten haben. Das ist eine grundsätzliche Diskussion.»

Leimgruber will eine zweiseitige Debatte. Wenn man die Bürgerrechte für Auslandschweizer in Frage stelle, müsse man gleichzeitig auch über die Ausländer in der Schweiz reden, die kein nationales Stimm- und Wahlrecht besitzen.

Für Ständerat Caroni ist das kein Thema, die Vererbbarkeit der Schweizer Staatsbürgerschaft dürfe nicht angetastet werden. Er ist sich aber bewusst, dass er für sein Anliegen – die Sistierung des Stimm- und Wahlrechts bei langem Auslandaufenthalt – zurzeit keine Mehrheit finden wird. Bürgerrechte einzuschränken, ist für Politiker im Wahlkampf ein zu heisses Eisen.

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