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Streit um Töfflärm Bevölkerung im Schwarzwald protestiert gegen Schweizer Töfffahrer

Der Konflikt zwischen Töff-Fans und der Bevölkerung spitzt sich zu. Massnahmen sollen jetzt die Situation verbessern.

«Die schärfste Kurve im Schwarzwald» – das ist eine der Bezeichnungen für die sogenannte Menzikurve. Sie liegt auf der L146 oberhalb der Gemeinde Menzenschwand. Die langgezogenen 180 Grad-Kurve, mit grünen Wiesen und dunklen Bäumen als Kulisse, ist auch bei Schweizer Töfffans äusserst beliebt.

Ein Besuch vor Ort an einem sonnigen Tag zeigt, womit die ansässige Bevölkerung zu kämpfen hat. Fast pausenlos flitzen die dröhnenden Maschinen vorbei. Besonders laut ist es, wenn die Töfffahrer und Töfffahrerinnen in der Kurve Gas geben und die Motoren aufheulen lassen.

«In der Szene spricht man von der Applauskurve», erklärt Joachim Gfrörer, der Ortsvorsteher von Menzenschwand. «Der Parkplatz oberhalb des Dorfs war zeitweise besetzt mit Motorrädern. Am Hang gegenüber sassen die Zuschauermengen und applaudierten den Töfffahrerinnen und Töfffahrern.»

Wir fühlten uns wie am Nürburgring.
Autor: Joachim Gfrörer Ortsvorsteher Menzenschwand

Seit einigen Jahren gilt die Region als Lärm-Hotspot. «Über drei Jahre lang haben wir uns hier gefühlt wie an der Rennstrecke Nürburgring», so Gfrörer.

Ein Mann steht in einem Garten. In der Hand hält er einen schwarzen Ordner.
Legende: Joachim Gfrörer ist Ortsvorsteher von Menzenschwand. Die Beschwerdebriefe und Schriftwechsel zum Thema «Motorenlärm» füllen inzwischen bereits ganze Ordner. SRF / Alex Moser

Seit Jahren gibt es auch zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung. Immer wieder rufen Anwohnerinnen und Anwohner bei der Polizei an. Eine Frau erzählt, dass sie wegen des Lärms seit Jahren unter Depressionen leide. «Der Lärm hat mich krank gemacht», sagt sie.

Schneller fahren, tiefere Bussen

Die Lärmverursacher wollen an diesem Nachmittag grösstenteils nichts dazu sagen. Meist sind es Männer in dicken Rennanzügen. Die Kontrollschilder verraten, dass viele von ihnen aus den Kantonen Aargau, Thurgau und Zürich angereist sind.

Man könne hier halt schneller fahren, heisst es. Das, ohne so hohe Bussen zu riskieren, wie in der Schweiz. Erst kürzlich wurde im Schwarzwald ein Fahrer mit 170 Kilometern pro Stunde auf einer 80er-Strecke gestoppt. Dafür kassierte er eine Busse von gerade einmal 700 Euro.

In der Schweiz gilt eine derart hohe Ge­schwindigkeits­über­tretung als Raserdelikt und wird mit einer - meist bedingten - Freiheitsstrafe von einem bis vier Jahren sowie einem Fahrausweisentzug von mindestens zwei Jahren geahndet.

Raserdelikt in der Schweiz

Box aufklappen Box zuklappen

Seit dem Jahr 2013 hat die Schweiz ein strenges Rasergesetz. Der Rasertatbestand ist seither gesetzlich verankert.

Bei einem Raserfall gibt es zwingend eine Freiheitsstrafe. In den meisten Fällen ist die Freiheitsstrafe bedingt. Nur bei Wiederholungstätern, uneinsichtigen Rasern oder bei besonders schwerwiegenden Fällen, kann es auch zu unbedingten Freiheitsstrafen kommen.

Zudem wird der Fahrausweis für mindestens zwei Jahre entzogen, im Wiederholungsfall ist er bis zu 10 Jahre weg.

Wann gilt man als Raser?

  • Bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h ab einer Überschreitung von 60 km/h
  • Bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h ab einer Überschreitung von 50 km/h
  • Bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 30 km/h ab einer Überschreitung von 40 km/h
  • Bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 120 km/h ab einer Überschreitung von 80 km/h

Ein Töfffahrer lässt sich dann doch auf ein Gespräch ein. Er ärgert sich selbst über die »schwarzen Schafe« aus der Szene: «Natürlich will man den Motor auch beim Töfffahren hören. Aber es gibt einige, die es einfach übertreiben.» Ortsvorsteher Joachim Gfrörer stimmt dem zu. Mit jenen könne man auch nicht diskutieren, fügt er an.

Menzikurve wurde entschärft

Sowieso diskutiert die Gemeinde jetzt nicht mehr mit der Töff-Szene, sondern setzt auf Massnahmen. Die Ge­schwindigkeits­be­grenzung wurde auf Tempo 50 reduziert. Ausserdem hat die Gemeinde Leitschwellen installiert, damit die Töfffahrer andere Fahrzeuge nicht mehr überholen können.

Luftaufnahme einer kurvigen Strasse durch bewaldetes Gebiet.
Legende: Die Menzikurve im Schwarzwald aus der Luft. SRF/Alex Moser

Die Anwohnerin, die bereits weiter oben im Artikel zu Wort kam, glaubt jedoch nicht, dass die Massnahmen etwas ändern. «Die Verkehrsregeln werden von den Schweizern mit ihren dicken Portemonnaies missachtet», kritisiert sie. Die Gemeinde will im Herbst ein erstes Fazit ziehen.

In der Menzikurve kehrt an diesem lärmigen Nachmittag dann doch noch Ruhe ein. Ein Platzregen sorgt für schwierige Strassenverhältnisse und bereitet den Geschwindigkeitsexzessen ein schnelles Ende. Und plötzlich ist sie da – die Ruhe, wie man sie im Schwarzwald eigentlich erwarten würde.

Echo der Zeit, 23.8.2024, 18:00 Uhr ; 

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