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Vorwurf entkräftet: Aargauer Kanti-Lehrpersonen nicht zu links
Aus Schweiz aktuell vom 12.05.2023.
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Studie widerlegt Vorwurf Kein Linksdrall an Aargauer Kantonsschulen

Der Vorwurf ist brisant: Vor eineinhalb Jahren behaupteten drei Kantonsschüler in ihrer Maturaarbeit, dass es an den Aargauer Kantonsschulen einen Linksdrall gebe, dass die Schulen politisch nicht neutral seien. Eine Studie widerspricht nun, zeigt aber auch Probleme mit politischen Meinungen auf.

Nein, es gibt an Aargauer Kantonsschulen keine grundlegenden Mängel im Umgang mit politischer Neutralität. Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Studie im Auftrag der Aargauer Regierung. Eine grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler geht gern zur Schule, empfindet die Atmosphäre als positiv und fühlt sich aufgrund politischer Meinungen nicht diskriminiert.

Die Vorgeschichte: Wie es zur Studie kam und was sie auslöste

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Wird die politische Neutralität an Aargauer Kantonsschulen systematisch verletzt? Diese Frage stellte ein FDP-Politiker im Aargauer Kantonsparlament. Er nahm Bezug auf eine Maturarbeit von drei Schülern, die der Jungen FDP nahestehen. Die Schüler waren nach einer eigenen Erhebung zum Schluss gekommen, dass Lerninhalte und Lehrpersonen von vielen Schülerinnen und Schülern als eher links wahrgenommen werden. Sie sahen dadurch das Schulgesetz verletzt, das einen politisch neutralen Unterricht vorschreibt. Die Behauptung der Schüler wurde von FDP-Politiker Adrian Schoop ins Kantonsparlament gebracht. Dieses erteilte der Regierung anschliessend den Auftrag, mittels einer Studie den Vorwurf zu untersuchen.

Der Fall warf schon bald hohe Wellen. Auch in anderen Kantonen griffen bürgerliche Politiker den Vorwurf von linkslastigen Mittelschulen auf. In diversen Kantonsparlamenten gingen Anfragen und Vorstössen ein, die politische Neutralität an den Schulen genauer zu untersuchen.

Dennoch liefert die Studie auch Anhaltspunkte für die Ausgrenzung bestimmter politischer Meinungen. Auch wenn das nur in geringem Mass zutreffe, sollen das Thema und die Studie in den Aargauer Kantonsschulen nun besser diskutiert werden, schreibt die Aargauer Regierung in einer Mitteilung.

Im Nachteil sehen sich vor allem eher rechts stehende Jugendliche

Gemäss der Studie gibt es nur wenig Jugendliche, die sich politisch eher rechts positionieren. Ein Grossteil der Schülerinnen und Schüler verortet sich in der Mitte, ein kleinerer Teil eher links. Weiter zeigt die Studie auch, dass sich die eher rechts stehenden Jugendlichen für überdurchschnittlich gut informiert halten in Sachen Politik.

Im Rahmen der Studie wurden die Antworten von rund 2200 Schülerinnen und Schüler in einem ausführlichen Online-Fragebogen ausgewertet (weitere Details zur Studie in der Textbox unten). Unter anderem sagte eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent, dass sie sich noch nie als benachteiligt empfunden hätten aufgrund einer politischen Meinung oder einer Nationalität.

Fakten zur Umfrage in den Schulen

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  • Im Rahmen der repräsentativen Studie wurden alle 6000 Schülerinnen und Schüler der Aargauer Kantonsschulene, sowie 850 Lehrpersonen, die Rektoren und eine Rektorin zur Befragung eingeladen. Durchgeführt hat die Erhebung das Meinungsforschungsinstitut Sotomo aus Zürich. Die Studie kostete 65'740 Franken.
  • Ziel der Befragung war es herauszufinden, ob sich Schülerinnen und Schüler bei politischen Diskussionen im Unterricht mit ihrer Meinung einbringen können oder ob die Lehrpersonen dies verhindern. Die Gestaltung des Unterrichtes durch die Lehrpersonen wurde explizit nicht untersucht.
  • Knapp 40 Prozent der befragten Mittelschülerinnen und -schüler (2270 Personen) und knapp 60 Prozent der Lehrpersonen (493) machten bei der Umfrage mit. Laut Sotomo ist dieser Rücklauf für eine Online-Befragung hoch.
  • Die quantitative Datenerhebung bestand aus einer Online-Befragung der Lehrpersonen und einer (ausführlicheren) Online-Befragung der Schülerschaft aller Aargauer Mittelschultypen. Die Fragen drehten sich um die eigene politische Meinung, um mögliche Ausgrenzung aufgrund der Meinung und um viele andere Themenbereiche.
  • Um die Sicht der Schulleitungen abzubilden, wurden zusätzlich mit der Rektorin und den fünf Rektoren individuelle Leitfadengespräche durchgeführt.
  • Die komplette Studie mit allen Fragen und Grafiken ist hier verfügbar: Sotomo Studie Mittelschulen und politische Neutralität

Spannend sind in diesem Zusammenhang aber vor allem die 16 Prozent der Schülerschaft, die schon Nachteile empfunden haben. Diese sind zwar eine klare Minderheit, wenn es jedoch um Nachteile wegen einer politischen Meinung geht, dann zeigt die Umfrage ein klares Bild. Es erfahren meistens jene Jugendlichen Nachteile, die sich politisch eher rechts sehen.

Laut den Autorinnen und Autoren der Studie spiele hier vor allem der Gruppendruck eine Rolle und nicht die Haltung der Lehrperson oder der Unterricht. Vor allem die rechts stehenden Schüler erhalten auf ihre Meinungsäusserungen häufiger abwertende Kommentare oder Zurückweisung von Mitschülerinnen und -schülern.

Lehrpersonen setzen auf Neutralität und das ist spürbar

Der Umgang der Jugendlichen untereinander bezüglich ihrer politischen Meinungen ist das eine. Für die politische Neutralität des Schulbetriebes ist aber ebenfalls die Haltung der Lehrpersonen entscheidend. Die Studie hat darum auch die 850 Lehrkräfte der Kantonsschulen befragt, wie sie mit politischen Meinungen umgehen.

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Politische Neutralität an Aargauer Kantonsschulen ist nun durch Studie bewiesen
aus Echo der Zeit vom 12.05.2023. Bild: Keystone / Gaetan Bally
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In einem Punkt sind sich die Lehrpersonen einig: Die persönliche Haltung darf nicht in den Unterricht einfliessen. Wenn es inhaltlich um politische Themen geht, dann finden es 90 Prozent der Lehrpersonen wichtig, dass die Themen kontrovers dargestellt werden, dass also verschiedene Meinungen abgebildet werden.

Diese Haltung kommt auch bei der Schülerschaft an. Eine grosse Mehrheit hat noch nie eine negative Reaktion einer Lehrperson erhalten auf eine eigene politische Äusserung. Jedoch sind es auch hier vor allem die eher rechts stehenden Schüler, die häufiger den Eindruck hatten, dass eine Lehrperson eine Diskussion zu einem Thema verhindert oder ein vorgebrachtes Argument ins Lächerliche gezogen hat.

Unterschiedliche Reaktionen zur Studie und ihrer Interpretation

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Wie emotional das Thema politische Neutralität an Kantonsschulen ist, zeigt sich an den Reaktionen auf die Studie und wie die Studie interpretiert wird.

«Ausser Spesen nichts gewesen», findet zum Beispiel die Aargauer SP. Die Sozialdemokraten finden es überhaupt nicht überraschend, dass es keinen Handlungsbedarf in Bezug auf politische Neutralität an den Kantis gibt, das sei sowieso klar gewesen. Die SP kritisiert, dass es den bürgerlichen Parteien nicht wirklich um politische Neutralität geht, sondern um Stimmungsmache.

Ganz anders sieht das die Junge FDP, welche die Studie angestossen hat. Man nehme die Studie «mit Erschrecken» zur Kenntnis, schreiben die Jungfreisinnigen. Entgegen der Regierung sehen sie durch die Ergebnisse einen klaren Handlungsbedarf belegt und werfen dem Regierungsrat «Arbeitsverweigerung» vor. Immerhin zeige die Studie doch, dass sich bürgerlich eingestellte Jugendliche in der Schule mehr vor negativen Konsequenzen ihrer Meinung fürchten.

Die Junge SVP sieht das gleich und verwendet ähnlich markige Worte. Die Studie zeige doch klar, dass bürgerlich denkende Jugendliche in der Kanti «diskriminiert und schikaniert» werden. Auch die JSVP sieht dringenden Handlungsbedarf.

Die Mitte hingegen kritisiert vor allem, dass die Studie überhaupt gemacht wurde. Es sei im Rahmen der aktuellen Kantonsfinanzen «bedenklich», dass man 67'000 Franken für diese Untersuchung ausgegeben hat. Dass die Studie zum Schluss kommt, dass die politische Neutralität an den Mittelschulen gewahrt ist, nimmt Die Mitte «erfreut» zur Kenntnis.

Mit Genugtuung nimmt der zuständige Aargauer Regierungsrat Alex Hürzeler (SVP) die Studienresultate zur Kenntnis. Die Zweifel an der politischen Neutralität der Mittelschulen hätten sich nun zerstreut. Die Studie stelle den Schulen ein gutes Zeugnis aus.

Regionaljournaljournal Aargau Solothurn, 12.05.2023, 12:03 Uhr;

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