- Im Kampf gegen den Terrorismus will der Bundesrat nun auch ausserhalb von Strafverfahren die Schraube anziehen.
- Im Visier sind vor allem Gefährder – also Personen, die eine Gefahr darstellen, bei denen aber zu wenig Hinweise für ein Strafverfahren vorliegen.
- Der Bundesrat hat dafür den Entwurf eines Gesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus in die Vernehmlassung geschickt.
- Polizeiliche Massnahmen sollen auch schon in Phasen vor einer Anklageeröffnung und/oder nach dem Strafvollzug ansetzen.
- Der Bundesrat hat zudem die Vernehmlassung eröffnet über ein Gesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe .
Justizministerin Simonetta Sommaruga hat vor den Medien das dritte und letzte der drei grossen Vorhaben zur Umsetzung der Strategie zur Terrorismusbekämpfung präsentiert, die für dieses Jahr angekündigt waren: das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus.
Diese polizeilichen Massnahmen sollen dann eingesetzt werden, wenn von einer Person eine gewisse Gefahr ausgeht, die Hinweise aber für die Eröffnung eines Strafverfahrens nicht ausreichen. Zudem soll das Gesetz den Behörden ermöglichen, jemanden auch nach der Entlassung aus dem Gefängnis Kontrolle zu haben.
Als schärfste Massnahme soll die Polizei Personen unter Hausarrest stellen dürfen, wenn von ihnen eine terroristische Gefahr ausgehen könnte. Dazu wäre aber kein formelles Strafverfahren notwendig.
Zunehmend schärfere Massnahmen
Die Massnahmen würden in einer immer schärfer werdenden Steigerung angewendet, erklärte Bundesrätin Sommaruga. Eine schärfere soll dabei erst ausgesprochen werden, wenn eine mildere nicht ausreicht:
- Meldepflicht (regelmässig auf einem Polizeiposten).
- Ausreiseverbot, verbunden mit der Beschlagnahmung der Reisedokumente.
- Kontaktverbot.
- Rayonverbot, ein bestimmtes Gebiet nicht verlassen zu dürfen.
- Hausarrest, für den aber eine Bewilligung durch das Fedpol nötig ist.
Dokumentation
«Hausarrest ist die stärkste Möglichkeit der Beschränkung der Freiheit, aber kein Freiheitsentzug. Die Person kann sich nicht mehr frei in der Öffentlichkeit bewegen und das soziale Leben wird so weit eingeschränkt, bis das Ziel erreicht ist, dass die Gefahr gebannt ist», erklärte Sommaruga die schärfste Massnahme.
Um die Einhaltung der Massnahmen kontrollieren zu können, soll die Polizei die Handys der Betroffenen orten dürfen. Im Gesetzesentwurf sind auch elektronische Fussfesseln für Gefährder vorgesehen.
Die Massnahmen hätten aber alle auch einen Rechtsschutz. Sie seien befristet und könnten nur beschränkt verlängert werden. Zudem könnten alle Anordnungen richterlich überprüft werden.
Laut Sommaruga sei die grosse Schwierigkeit, den Kreis der Verdächtigen und verdächtige Handlungen nicht zu weit zu ziehen. Dafür müsse die Polizei ein Bild der Lage haben, bevor Massnahmen verhängt werden können. Dafür bekomme die Polizei aber mehr Kompetenzen, etwa um sich im Internet, zum Beispiel in einen Chat anonym einzuschalten und so näher hinzuschauen.
So wichtig wie diese Massnahmen sind, so zentral ist es für die Freiheit, nicht schleichend einen Überwachungsstaat einzuführen.
Massnahmen auch gegenüber Kindern
Die Direktorin des Bundesamts für Polizei (fedpol), Nicoletta della Valle, betonte bei der Medienkonferenz, Dass die polizeilichen Massnahmen immer nur auf eine Person zugeschnitten würden.
Darum sollen bestimmte Massnahmen auch bereits gegen Kinder ab 12 Jahren eingesetzt werden. Im Fokus stehen Kinder, die mit ihren Eltern in den Dschihad gereist seien, sagt Della Valle:
Es sind Kinder, die mit Kalaschnikows und Handgranaten zu zählen gelernt haben. Sie haben auch gelernt, dass sich für den Dschihad in die Luft zu jagen, etwas Erstrebenswertes ist.
Erschwerter Zugang zu explosiven Stoffen
Zusätzlich hat der Bundesrat auch ein Gesetz in die Vernehmlassung geschickt, das den Zugang zu chemischen Substanzen erschwert, die sehr einfach zu terroristischen Zwecken missbraucht werden und grossen Schaden anrichten können.
Dazu gehören etwa Düngemittel, Reinigungsmittel für Schwimmbäder oder Unkrautvertilgungsmittel. Die vorgeschlagene Reglementierung setzt laut dem Bundesrat auf Massnahmen, die mit der Branche besprochen wurden.
Die Regelungen gelten für Privatpersonen, nicht aber für Berufsleute wie Landwirte. Bei diesen setzte der Bundesrat auf die Eigenkontrolle und Sensibilisierung, um allfälligem Missbrauch entgegenzutreten.