Das ist passiert: Auf einem Bauernhof in Ramiswil im Kanton Solothurn lebten kranke und verwahrloste Tiere. Vor dem Wochenende wurde der Hof von den Behörden geräumt. 120 Hunde, mehrere Dutzend Pferde und zwei Ziegen wurden beschlagnahmt. 120 Hunde mussten vor Ort eingeschläfert werden. Der Hof sei den Behörden bekannt gewesen. Es hätten auch Kontrollen stattgefunden. In den letzten Wochen sei die Situation aber sehr rasch eskaliert, erklärte Kantonstierärztin Chantal Ritter im Interview mit SRF.
Verstoss gegen das Tierschutzgesetz? Die Staatsanwaltschaft «hat gegen eine Beschuldigte ein Strafverfahren wegen mehrfacher Tierquälerei eröffnet. Die Beschuldigte befindet sich nicht in Haft und es gilt bis zu einem rechtskräftigen Abschluss die Unschuldsvermutung», heisst es auf Anfrage von SRF. Wer Tiere vorsätzlich misshandelt oder vernachlässigt, muss gemäss Schweizer Tierschutzgesetz mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe rechnen. Handelt jemand fahrlässig, gibt es eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen.
Reagierte der Kanton Solothurn zu spät? Die Behörden hätten weggesehen, zu spät reagiert – liest man in sozialen Medien und in den Kommentaren diverser Onlinezeitungen. Diesen Vorwurf lässt die Solothurner Kantonstierärztin nicht gelten. Man habe auf dem Hof immer wieder Kontrollen durchgeführt, zuletzt im Mai. Die Auflagen des Veterinärdienstes seien eingehalten worden. «Der Fall war uns bekannt. Das Problem ist, dass es sehr schnell sehr viel schlimmer geworden ist», so Ritter.
Betroffenheit im Dorf: Bei der Gemeinde Mümliswil-Ramiswil waren für die betreffende Adresse 30 Hunde angemeldet, nicht 120, sagt Gemeindepräsident Marco Millonig gegenüber SRF. «Es herrscht eine Bedrücktheit im Dorf.» Der Hof ist abgeschieden und nicht an Wanderwegen gelegen: «Die nächsten Nachbarn sind mehrere Hundert Meter vom Hof entfernt.» Die Gemeinde habe keine Meldungen zu Missständen erhalten. Bei der Gemeinde war ein Gesuch für Hundezwinger eingegangen. Deswegen habe man im April 2024 den Hof besucht und keine Anomalien festgestellt, sagt Millonig. Das Baugesuch liegt beim Kanton.
Das sagt der Schweizer Tierschutz: Beim Schweizer Tierschutz STS seien schon letztes Jahr mehrere Meldungen zum Hof eingegangen. Diese habe der STS dem Veterinäramt weitergeleitet. Die Behörden wiederum sagen, bei der letzten Kontrolle in diesem Jahr habe man keine Tierschutzverstösse festgestellt. Peter V. Kunz, Präsident des STS und Professor für Tierrecht bezweifelt das: «Im Mai soll alles noch in Ordnung gewesen sein und heute sind die über 100 Hunde in so einem schlechten Zustand, dass man sie euthanasieren muss – das widerspricht für mich dem gesunden Menschenverstand.» Der Fall werde weiter beschäftigen, ist sich Kunz sicher. «Die Behörde wird sicherlich noch Rechenschaft ablegen müssen, warum sie so gehandelt hat, wie sie es getan hat.»
Wie werden Tierhalter in der Schweiz kontrolliert? Ob und wie oft Bauernhöfe kontrolliert werden, hängt von der Art des Hofes ab. Das Tierschutzrecht sieht vor allem bei der Nutztierhaltung regelmässige Kontrollen vor. «Nutztiere wie Kühe, Rinder oder Schweine sind also besser überwacht als Haustiere wie Katzen oder Hunde», sagt der Präsident des Schweizer Tierschutzes STS, Peter V. Kunz. Wenn ein Veterinäramt eine Tierschutzkontrolle anordnet, muss diese gut gerechtfertigt sein, wegen des Personals und der Kosten.