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Staatsanwältin (im Bild) und Verteidiger waren sich einig: Es war Mord.
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 18.10.2022. Bild: Erika Bardakci-Egli / SRF
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Tötungsdelikt Bruggerberg Kollege in Höhle gesperrt – Mord scheint unbestritten

Nun stand der mutmassliche Täter im Fall Bruggerberg vor Gericht. Die Verteidigung fordert 12 statt 16 Jahre Freiheitsstrafe.

Ein heute 23-Jähriger hat 2019 einen Kollegen in einer Sandsteinhöhle am Bruggerberg (AG) eingesperrt und ihn dort sterben lassen. Die Überreste wurden ein Jahr später gefunden. Das Opfer war mit dem 23-Jährigen befreundet.

Der mutmassliche Täter hat keinen Schulabschluss und keinen Beruf. Er verbrachte viel Zeit in Heimen. Das Opfer war ein 24-jähriger Mann mit einer Entwicklungsverzögerung, der froh war, einen Freund gefunden zu haben.

In Höhle gelockt

Am Tag der Tat waren die beiden im Raum Brugg verabredet. Der Angeklagte dachte sich jeweils «Challenges» aus, Herausforderungen, bei denen sein Kollege Mut beweisen musste. Das Opfer wurde vom mutmassliche Täter im Rahmen einer «Challenge» in eine Höhle gelockt. Der Angeklagte verschüttete den engen Eingang mit Steinen und Sand.

Höhle
Legende: In einer engen Sandsteinhöhle am Bruggerberg wurde ein 24-Jähriger lebendig begraben. SRF

Als sein Kollege panisch wurde, reagierte der Angeklagte nicht. Er machte nach der Tat ein Feuer und briet einen Cervelat. Das Opfer ist in der Höhle erfroren. Laut Rechtsmedizinerin könnte das über einen Tag gedauert haben.

Der Angeklagte ist geständig, erinnert sich aber oft nicht mehr. Er habe psychische Probleme, sei nervös, die Tat sei schrecklich. Er verliess den Saal nach Beginn der Verhandlung, wegen Angstzuständen. Danach wurde er per Videokonferenz befragt. Er hat gemäss Gutachtern ADHS und eine Persönlichkeitsstörung.

Am zweiten Prozesstag begründeten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Strafmassforderungen. Die Staatsanwaltschaft fordert 16 Jahre und vier Monate Freiheitsstrafe und eine stationäre Massnahme, die immer wieder überprüft wird (Artikel 59, kleine Verwahrung).

Verstehen wird man diese Tat nicht.
Autor: Staatsanwältin im Plädoyer vor dem Bezirksgericht Brugg

«Verstehen wird man diese Tat leider nicht», so die Staatsanwältin. Das Opfer habe an einem Sprachfehler gelitten, sei ein höflicher Mensch gewesen, auf der Suche nach einem Freund. Im Angeklagten fand er einen, der mit ihm Ausflüge machte, auch wenn das Opfer meist bezahlte.

«Sohn auf die abartige Weise zu verlieren, ist unerträglich»

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Die Angehörigen des Opfers brachen vor Gericht immer wieder in Tränen aus. Schon nach einem ersten Vorfall im Tessin habe die Familie und das Opfer nicht glauben können, dass der mutmassliche Täter seinen Freund absichtlich in die Tiefe gestossen haben könnte.

Kurz danach wurde das Opfer in die Höhle gelockt. «Der Beschuldigte hat ihn dort elendig verrecken lassen», sagte der Opfervertreter.

«Der Verlust des eigenen Kindes ist schon schlimm genug. Aber den Sohn auf diese abartige Weise zu verlieren, ist unerträglich», sagten die Eltern vor Gericht.

Der Angeklagte sei schuldfähig. Die Angehörigen machen Schadenersatzforderungen geltend, für den Tod des Opfers und für die Therapiekosten, die die Angehörigen tragen müssen, damit sie mit dem Todesfall klarkommen.

Der Vertreter der Opfer forderte im Zivilprozess über 200'000 Franken Genugtuung.

Der Angeklagte sei neidisch gewesen, auf das Leben des Kollegen. Der loyale Kollege habe alles mitgemacht. Der Kollege wollte mehr Zeit mit anderen Freunden verbringen, das machte den Angeklagten wütend. Er lockte ihn in die Höhle und verschloss sie mit einem 50 Kilogramm schweren Stein. «Das Opfer ist in der Höhle kläglich erfroren.» Der Angeklagte hatte bereits im Tessin versucht, seinen Kollegen zu töten. Bei einem Ausflug stiess er ihn die Tiefe. Dieser überlebte den Sturz.

Das Opfer ist in der Höhle kläglich erfroren.
Autor: Staatsanwältin im Plädoyer vor Gericht

Immerhin sei der Angeklagte geständig. Die Tat sei Mord und besonders verwerflich. «Die Hilfeschreie des Freundes waren im egal», das Verhalten des Angeklagten eiskalt und skrupellos. Der 23-Jährige sei gefährlich und schwer therapierbar, deshalb die stationäre Massnahme.

Gerichtszeichnung
Legende: Der Angeklagte (in Rot) im Gerichtssaal. War es Mord oder vorsätzliche Tötung? Das Urteil folgt am Donnerstag. Erika Bardakci-Egli / SRF

Verteidigung findet Tat «grässlich»

Auch die Verteidigung findet die Tat «grässlich», gemäss seinem Klienten auf einer Grausamkeitsskala von 1 bis 10 eine 10. Beim Vorfall sei davon auszugehen, dass die Tat nicht langfristig geplant wurde.

Man könne nicht klar sagen, warum der Angeklagte sein Opfer in der Höhle einschloss. Dass ein Mensch langsam und qualvoll getötet wurde, sei unbestritten. Der Angeklagte sei schuldig zu sprechen, wegen Mordes. Man müsse berücksichtigen, dass der Angeklagte finde, mit «ihm stimme etwas nicht». Deshalb sei eine Freiheitsstrafe von 12 statt 16 Jahren angemessen, plus eine mildere stationäre Massnahme für junge Erwachsene zur Integration gemäss Artikel 61.

Angeklagter hat letztes Wort

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Der Angeklagte nimmt zum Schluss des Prozesses einen Zettel zur Hand und liest emotionslos vor: «Sehr geehrte Familie, es tut mir leid, dass ich Ihren Sohn auf brutalste Art umgebracht habe. Ich bereue es sehr.»

Das Urteil wird am Donnerstag bekannt gegeben.

Video
Mordprozess am Bezirksgericht Brugg
Aus Schweiz aktuell vom 17.10.2022.
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Regionaljournal Aargau Solothurn, 18.10.2022, 06:31 Uhr;

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