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Übergewicht im Alter «Ein bis zwei Kilo zu viel ist im Alter nicht nur negativ»

Jeder zweite Mensch über 65 Jahre in der Schweiz ist übergewichtig. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Ältere Menschen sind demnach viel häufiger von Übergewicht betroffen als jüngere. Weil sie tendenziell weniger aktiv sind, sich weniger bewegen. Laut Peter Burri Follath von Pro Senectute muss man diese neusten Zahlen aber relativieren.

Peter Burri Follath

Marketingleiter Pro Senectute

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Er ist Leiter Marketing und Kommunikation bei Pro Senectute und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.

SRF News: Die Zahlen seien bedenklich, schreibt das BAG. Wie sehen Sie das?

Peter Burri Follath: Man muss die Zahlen genau anschauen. Es kann nicht sein, dass man an Übergewicht leidet, sobald man das Rentenalter erreicht. Dass das also zu einer Art Massenepidemie wird. Man muss die Zahlen aber auch etwas relativieren. Wir haben viele neue Senioren, die übergewichtig sind. Das verfälscht das Gesamtbild. Aber klar ist, dass wir hinschauen müssen. Wenn man aus dem Arbeitsprozess ausscheidet, bewegt man sich zu wenig und ist nicht mehr in den hektischen Alltag eingebunden.

Alte Frau im Wasser.
Legende: Pro Senectute bietet viele Sportkurse für Senioren an. Keystone

Zudem ist es ein Problem, dass man Bewegung und einen sportlichen Körper nicht wie bei anderen Dingen ansparen kann. Wenn jemand einen Marathon gerannt ist und zwei Jahre nichts mehr macht, ist er genauso untrainiert, wie jemand der sein Leben lang nichts gemacht hat. Man kann aber jederzeit mit Sport anfangen.

«Lieber ein Fettpölsterchen zu viel als zu wenig», erklärt Pro Senectute und gibt Ernährungstipps. Können Sie dazu angesichts der neusten Zahlen noch stehen?

Man hat den sogenannten BMI, welcher das Verhältnis zwischen Körpergrösse und Gewicht angibt. Wenn ich zwei bis drei Kilo über diesem BMI bin, ist das im Alter nicht nur negativ.

Ich kann auch mit 88 noch anfangen, mich zu bewegen.

Bei der Hochwertigkeit im Alter von 80-85 herrscht häufig eher Untergewicht und Mangelernährung. In diesem Alter wäre es gar nicht schlecht, wenn man ein Kilo mehr hätte.

Alte Frau am Tisch im Gespräch.
Legende: Älteren Menschen fehlt es häufig an Bewegung. Keystone

Was macht Pro Senectute gegen Übergewicht bei älteren Menschen?

Wir sagen, dass man sich auch im Alter bewegen und Sport treiben soll. Pro Senectute ist der grösste private Sportanbieter der Schweiz im Seniorenalter. Hier sind aber auch die Krankenkassen gefordert. Es gibt ein paar, die unsere Kurse bereits unterstützen.

Sie wollen Ihr Angebot also ausbauen und mehr Kurse anbieten?

Wir bewegen jedes Jahr über 150’000 Menschen im Pensionsalter. Durch die Demografie müssten wir diese Kurse ausbauen. Grundsätzlich haben wir aber nach wie vor genügend Kapazitäten.

Die Pro-Senectute-Kurse müssten die jungen Senioren etwas mehr ansprechen, solche die neu in Pension gehen.

Man muss auch schauen, was die Bedürfnisse sind. Während früher in einem Kirchgemeindezentrum geturnt wurde, ist heute Krafttraining gefragt, aber dazu gibt es auch Fitnesscenter. Es kann nicht nur Pro Senectute sein, die dieses Problem zu lösen hilft.

Sie haben gesagt, dass Sie immer noch Platz hätten in ihren Kursen. Bieten Sie vielleicht das Falsche an?

Nein, es hat eher mit einem Bewusstsein zu tun, dass es nicht zu spät ist, sich zu bewegen. Vielleicht hat es auch mit dem Image zu tun. Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Sensibilität hoch ist und wir sind froh, dass diese Zahlen des BAG veröffentlicht wurden. Es ist nie zu spät, sich zu bewegen. Ich kann auch mit 88 noch anfangen, mich zu bewegen.

Alte Frau am Sport machen.
Legende: Peter Burri Follath findet, dass vor allem die jüngeren Senioren mehr für Sportkurse animiert werden sollten. Keystone

Hat Pro Senectute ein Imageproblem?

Nein. Es kommen sehr viele Leute zu uns in die Kurse. In der Schweiz hat es viele Senioren, was toll für uns ist. Hier gilt es, die richtigen Weichen zu stellen. Die Pro-Senectute-Kurse müssten die jungen Senioren etwas mehr ansprechen, solche die neu in Pension gehen. Die finden, dass Pro Senectute noch etwas für ihre Eltern sei. Hier müssen wir ansetzen, denn das Alter beginnt ja jeden Tag.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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