Zum Inhalt springen

Umstrittene Affenversuche Kritiker halten Bewilligungsverfahren für unausgewogen

In den nächsten Wochen beginnt an der Uni und ETH Zürich ein umstrittenes Experiment mit Rhesus-Affen. Tierschützer kritisieren, dass die zuständigen Tierversuchskommissionen schweizweit zu forschungsfreundlich besetzt seien. Damit werde das eidgenössische Tierschutzgesetz systematisch missachtet.

Zürcher Forscher dürfen Rhesusaffen Elektroden implantieren. Sie wollen so eine bestimmte Hirnregion untersuchen. Die Affen werden dazu in einem Stuhl fixiert und müssen Aufgaben an einem Computerbildschirm lösen. Die zuständige, kantonal-zürcherische Tierversuchskommission hat dem umstrittenen Experiment zugestimmt.

GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley kritisiert das Bewilligungsverfahren: Für sie hat das Wohl der Tiere dabei zu wenig Gewicht. «Um ausgewogene Entscheide zu erhalten, müssten die kantonalen Tierversuchskommissionen auch ausgewogen besetzt sein. In der Praxis sind Forschung und Pharma aber viel besser vertreten», so Chevalley gegenüber der «Rundschau». Deshalb würden die Entscheide fast immer zu Gunsten der Forschung ausfallen.

Was heisst angemessen?

Laut eidgenössischem Tierschutzgesetz müssen Vertreter der Tierschutzorganisationen «angemessen» in den kantonalen Kommissionen vertreten sein. In der Kommission des Kantons Zürich haben die Tierschützer drei Sitze. Uni und ETH können hingegen sieben Sitze in Eigenregie nominieren. Für GLP-Nationalrätin Chevalley wird so das Gebot der angemessenen Vertretung im Falle von Zürich und auch bei anderen Schweizer Tierversuchskommissionen systematisch missachtet. Damit würden die Kantone die Vorgaben des eidgenössischen Tierschutzgesetzes nicht einhalten, moniert Chevalley.

Doch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sieht keinen Handlungsbedarf. Es kontert die Kritik: Angemessen heisse gerade nicht, dass die Tierschützer genau gleich viel Gewicht wie die Forscher haben müssten. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, «dann hätte er eine andere Formulierung als angemessen gewählt», so die Stellungnahme des Bundesamtes.

«Rundschau»-Theke

Box aufklappen Box zuklappen

Der für die Bewilligung der Zürcher Affenversuche zuständige Regierungsrat Thomas Heiniger (FDP) stellt sich im Studio den Fragen von Sandro Brotz.

Das Amt stützt also die Zusammensetzung der Zürcher Kommission: «Diese Regelung steht nach Ansicht des BLV nicht im Widerspruch zum Bundesrecht.» Auch die Zürcher Kantonstierärztin verteidigt die Zusammensetzung der Kommission. Wie die Kommission zusammengesetzt sein müsse, sei im eidgenössischen und kantonalen Tierschutzgesetz geregelt: «Diesen gesetzlichen Vorgaben folgt der Zürcher Regierungsrat. Dieser ist für die Wahl der Kommission zuständig.»

Rechtsprofessor sieht das Gesetz nicht eingehalten

Dieser Rechtsauslegung widerspricht jedoch Professor Christoph Zenger von der Universität Bern, der zum Thema Tierversuche publiziert hat. «Das Bundesgericht hat das in einem Leiturteil ausgelegt. Angemessen heisst in diesem Fall auch ausgewogen.» Weil das Forschungsinteresse und das Wohl der Tiere gleichwertige Interessen seien, müssten beide Seiten gleich stark in den Kommissionen vertreten sein.

«Wenn drei Tierschützer sieben Forschungsvertretern gegenübersitzen, dann scheint mir fraglich, ob das mit dem eidgenössischen Tierschutzgesetz noch übereinstimmt», so Rechtsprofessor Zenger gegenüber der «Rundschau».

Meistgelesene Artikel