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Unfall im Gotthardtunnel Sust bestätigt erste Befunde: Unfallursache war ein Räderriss

Die Sust hat den Abschlussbericht zum Unfall im Gotthard-Eisenbahntunnel 2023 publiziert. Den Rädern wurde es zu heiss.

An der Unfallursache gebe es keine Zweifel, sagt Philippe Thürler, der die Untersuchung der Sust (Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle) geleitet hat. In der letztlich gebrochenen Radscheibe habe es zahlreiche Risse gegeben, die senkrecht durch das Rad verlaufen seien. «Diese Risse sind schwerwiegende Fehler, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und behoben werden. Diesen Fehler haben wir bei der Untersuchung bei elf Rädern festgestellt.»

Dieser Radsatz hat nur 50'000 Kilometer zurückgelegt. Die heutigen Fristvorgaben schreiben für eine Revision der Achsen acht Jahre oder 660'000 Kilometer vor.
Autor: Philippe Thürler Untersuchungsleiter bei der Sust

Ausgelöst worden seien diese Risse durch eine thermische Überbeanspruchung des Rades, kurz gesagt durch zu viel Hitze. Verantwortlich hierfür sind die Bremssohlen, die bei diesem Zug verwendet wurden. Und das, obwohl die Räder gemäss den geltenden Vorschriften eigentlich noch lange nicht am Ende ihrer Lebenszeit angekommen waren, sagt Philippe Thürler: «Dieser Radsatz hat nur 50'000 Kilometer zurückgelegt. Die heutigen Fristvorgaben schreiben für eine Revision der Achsen acht Jahre oder 660'000 Kilometer vor.»

Senkrechte Risse an den Radscheiben

Diese senkrechten Risse in den Radscheiben seien ein systematisches Problem, so Thürler weiter. Die Europäische Eisenbahnagentur ERA habe in den letzten fünf Jahren über 80 Radscheibenbrüche wegen Materialüberlastung registriert. Die Sust empfiehlt deshalb, die Richtlinien bei der Verwendung bestimmter Bremssohlen anzupassen.

Güterverkehr ist grenzüberschreitend. Darum macht es keinen Sinn, länderspezifische Vorgaben zu machen.
Autor: Stephan Eder Leiter der Sust

Stephan Eder, Leiter der Sust, sagt diese Empfehlung richte sich in erster Linie an die Europäische Eisenbahnagentur und nicht an das Bundesamt für Verkehr. «Güterverkehr ist grenzüberschreitend, die Schweiz ist recht klein. Es gibt viele dieser Güterwagen. Sie verkehren in ganz Europa. Darum macht es keinen Sinn, länderspezifische Vorgaben zu machen.»

SBB zieht Konsequenzen

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Als Konsequenz aus dem Sust-Abschlussbericht will sich die SBB schrittweise von den sogenannten LL-Bremssohlen bei Güterwagen trennen, zudem sollen Güterwagen intensiver kontrolliert werden. Die Häufung von Ereignissen in Europa zeige, dass das Unfallrisiko zugenommen habe, teilte das Bahnunternehmen mit.

Güterwagen mit solchen Bremssohlen gehörten international tätigen Wagenhaltern, und die SBB und andere Eisenbahnverkehrsunternehmen beförderten sie innerhalb der Schweiz und Europa. Die SBB habe jedoch keinen Einfluss auf Bauweise und Instandhaltung. Es brauche deswegen so rasch wie möglich griffige Massnahmen. Die SBB unterstützten die Sicherheitsempfehlungen der Sust und forderten die Behörden in der Schweiz und vor allem in Europa zum raschen Handeln auf.

Bislang hat die Europäische Eisenbahnagentur ERA noch nicht gehandelt und die Vorgaben noch nicht angepasst, obschon diese Forderung nach dem Unfall im Gotthardtunnel von vielen Seiten aufgekommen war. Stephan Eder sagt dazu: «Ich denke, es ist eine Frage des Drucks, der auf die ERA zukommt. Im Nachgang zur Untersuchung der Sust haben andere Länder mehr Augenmerk auf solche Radscheibenbrüche gelegt. Früher wurde dieses Problem einfach abgetan. Und seitdem die Sust das gründlich untersucht hat, kommen auch andere Länder, die das gleiche Problem hatten. Damit steigt der Druck auf die ERA, weil es kein isoliertes schweizerisches Problem ist.»

entlgeister cargo-wagon, schräg auf Seite gefallen.
Legende: Der Güterzug entgleiste Anfang September 2023 im Gotthard-Basistunnel. KEYSTONE / Urs Flueeler

Verletzt wurde beim Unfall im Gotthard niemand. Der Sachschaden aber war hoch. Zusammen mit den Ertragsausfällen beziffern ihn die SBB auf rund 150 Millionen Franken.

Rendez-vous, 2.6.2025, 12:30 Uhr;liea

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