Im Urner Hauptort Altdorf war Max Dätwyler für viele bis zuletzt der «Herr Direktor», auch wenn er schon lange nicht mehr im Jaguar mit dem Nummernschild «UR 1» vorfuhr. Dätwyler hatte sich zwar bereits 1990 aus der operativen Leitung seines Dätwyler-Konzerns zurückgezogen und verabschiedete sich 1999 auch aus dem Verwaltungsrat – als Ehrenmitglied nahm er an dessen Sitzungen aber weiterhin teil, und er behielt auch sein Büro am Hauptsitz der Firma; mindestens einmal pro Woche setzte er sich dort hinter seinen alten Schreibtisch aus dunklem Holz.
«Das ist seit Jahrzehnten mein Büro, hier fühle ich mich daheim», sagte er im Jahr 2015 in einem Inteview mit Radio SRF. Er wolle dem aktuellen Management nicht dreinreden, aber: «Ich bin einfach gerne auf dem Laufenden, will mitbekommen, was in der Firma passiert. Und wenn man mich fragt, dann gebe ich meine Meinung zu einem Thema ab.»
Grösster privater Arbeitgeber im Kanton
Ohne Max Dätwyler und seinen bereits früher verstorbenen Bruder Peter sähe Uri, der strukturschwache Gebirgskanton mit seinen gut 30'000 Einwohnerinnen und Einwohnern, heute anders aus.
Der Hightech-Konzern, den sie geschaffen haben, beschäftigt heute weltweit gut 7000 Angestellte – 400 davon in Uri. Dätwyler ist damit der grösste private Arbeitgeber des Kantons.
Max Dätwyler gab Uri zudem zahlreiche kulturelle Impulse. 1996 etwa überschrieb er die elterliche Villa in Altdorf der Musikschule, kam für Umbau und Einrichtung auf. Er initiierte und finanzierte ein Museum für zeitgenössische Kunst, das er später um den Danioth-Pavillon erweitern liess, um den Urner Künstler Heinrich Danioth (1896 bis 1953) zu würdigen. Zudem unterstützt die Dätwyler-Stiftung zahlreiche Institutionen und Projekte und prägt damit das Urner Kulturleben.
«Zuerst die Firma, dann die persönlichen Wünsche»
Auf Wunsch seines Vaters Adolf hatte der 1929 geborene Max Dätwyler Chemie studiert– ihm selber wäre Jus lieber gewesen, doch das Wort des Vaters hatte mehr Gewicht: «Zuerst kam die Firma, und dann erst die persönlichen Wünsche – diese Einstellung wurde uns eingeimpft», erinnerte sich Max Dätwyler im Interview mit SRF.
Sein Vater war 1915 in die maroden «Schweizerischen Draht- und Gummiwerke» in Altdorf eingestiegen, baute sie aus und machte sie zur Dätwyler AG. Nach seinem Tod 1958 übernahmen Max Dätwyler und sein Bruder Peter das Ruder, wandelten die Firma in eine Holding um, expandierten ins Ausland, suchten nach neuen Marktnischen. Und förderten nebenbei stets das kulturelle Leben.
Er wollte, dass Uri kulturell «auf der Höhe» ist
Ja, er sei ein musischer Mensch, sagte Max Dätwyler einst – aber nicht nur deswegen habe er sich für kulturelle Belange starkgemacht. Kultur sei auch wichtig für den Wirtschaftsstandort Uri. «Unser Kanton ist von der Einwohnerzahl her so gross wie ein Quartier der Stadt Zürich», sagte er. «Für unsere Firma mussten wir Leute von auswärts anwerben. Und das war einfacher, wenn man ihnen zeigen konnte, dass auch wir in kultureller Hinsicht auf der Höhe sind.»
2002 ernannte der Kanton Uri Max Dätwyler zum Ehrenbürger, 2012 überreichte ihm die Regierung den «Goldenen Uristier» für seine «grossen kulturellen Verdienste.» Das sei zwar nur eine goldene Anstecknadel, sagte der nun verstorbene Max Dätwyler 2015 im Interview. «Aber es ist ein Zeichen der Anerkennung – und das tut gut.»