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Parteien geben mehr Geld für Wahlkampf auf Social Media aus
Aus Tagesschau vom 11.10.2023.
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Wahlen 2023 So viel investieren Parteien und Kandidierende in Social Media

Immer mehr Parteien werben mit Microtargeting. Wer erreicht werden soll – und wer nicht. Die Übersicht.

Der Wahlkampf ist in vollem Gange: Am Bahnhof, auf der Strasse und im Briefkasten – überall prangt Werbung von Parteien und Kandidierenden. Auch in den Sozialen Medien.

Mit Videos, Hashtags und Wahlslogans ringen Kandidierende und Parteien auf Facebook oder Instagram um Aufmerksamkeit. Eine Analyse der geschalteten Werbung durch SRF zeigt: Diese Aufmerksamkeit lassen sie sich ordentlich kosten.

Transparenz zu politischer Werbung auf Meta – wie und weshalb?

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Die eidgenössischen Wahlen 2023 sind die ersten nationalen Wahlen, bei denen politische Werbung auf Meta-Plattformen als solche gekennzeichnet beziehungsweise registriert wird. Die Werbetreibenden, die auf Meta politische Werbung machen wollen, müssen ein Authorisierungsverfahren durchlaufen. Schalten sie dann auf Instagram, Facebook und Co. politische Werbung, wird diese mit einem entsprechenden Disclaimer wie «Finanziert von …» versehen.

Zusätzlich wird die Werbung in die Werbebibliothek von Meta aufgenommen. In dieser Werbebibliothek findet man zwar auch ganz normale Werbeanzeigen. Zu den politischen Werbungen erhält man jedoch deutlich mehr Informationen: So gibt es Angaben zur geschätzten Zielgruppengrösse, dem ausgegebenen Betrag, der Anzahl Impressionen und der Seite, die die Werbung finanziert hat. Bei «normalen» Anzeigen sind solche Informationen nicht einsehbar. Ausserdem kann bei politischer Werbung auf Anfrage auch Zugang zu den Targeting-Daten erlangt werden. So findet man heraus, welche Gruppen mit einer bestimmten Werbung erreicht werden sollen und für welche die Anzeige nicht sichtbar sein soll.

Diese Informationen sind bei politischer Werbung besonders wichtig. Denn durch zielgruppenspezifische Werbung sehen nicht alle User dieselben Beiträge. Man spricht von «Dark Ads». Im Wahlkampf könnten Parteien dies ausnutzen, in dem sie unterschiedlichen Zielgruppen widersprüchliche oder falsche Informationen zukommen lassen. Das kann für die Meinungsbildung und die Demokratie wiederum Gefahren bergen. Besonders aktuell wurde das Thema «Dark Ads» erstmals im Zusammenhang mit den US-Wahlen 2017.

Seit Anfang Juli haben alle Parteien und Kandidierenden zusammen über 1 Million Franken in den Wahlkampf auf Facebook und Instagram investiert. Am meisten Geld floss auf Seiten der FDP.

Wie die Analyse von SRF Data zeigt, hat die FDP auch im Rahmen der Politfinanzierung eines der grössten Budgets deklariert. Eben so die SVP – trotzdem hat sie auf Meta vergleichsweise tiefe Ausgaben.

Wo darf man in der Schweiz politische Werbung machen?

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Politische Werbung ist grundsätzlich in allen Medien zulässig. Davon ausgeschlossen sind jedoch Radio und Fernsehen. Ausserdem gibt es einzelne Plattformen wie beispielsweise LinkedIn, die das Schalten politischer Werbung bei sich verbieten. Auch auf X (ehemals Twitter) ist politische Werbung nur in vereinzelten Ländern erlaubt – die Schweiz ausgeschlossen. Nebst der digitalen Werbung geschieht natürlich auch viel analog: Plakate und Flyer sind weit verbreitet. Zudem ist es in verschiedenen Kantonen erlaubt, Wahlwerbung mit den offiziellen Wahlunterlagen zu verschicken.

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Wahlkampf-Endspurt mit den Parteispitzen
Aus Arena vom 06.10.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 32 Sekunden.

Der tägliche Betrag, der auf Meta für Werbung ausgegeben wird, ist seit August deutlich angestiegen. Gaben Parteien und Kandidierende Anfang Juli pro Tag nicht mehr als 500 Franken für Werbung aus, liegen die täglichen Ausgaben Anfangs Oktober zwischen 5000 und 12’000 Franken.

Wahlkampf auf Meta – was lief 2023?

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Im Jahresrückblick gab es verschiedene Spikes – auch wenn im Ausmass nicht mit den nationalen Wahlen vergleichbar: Im Januar schossen die Ausgaben hoch, denn am 12. Februar fanden die Kantons- und Regierungsratswahlen im Kanton Zürich statt. Dasselbe nochmals im Vorlauf des 2. Aprils, als in Genf, Luzern und dem Tessin neue Regierungen gewählt wurden. Im Sommer ging es dann um die nationalen Abstimmungen: Am 18. Juni wurde unter anderem über das Klimagesetz abgestimmt. Nachdem das CO2-Gesetz zwei Jahre zuvor von der Stimmbevölkerung abgelehnt wurde, dürfte vor allem Grün-Links nun tief in die Taschen gegriffen haben, um die Stimmbevölkerung für ein Ja an die Urnen zu bringen. Besonders auffällig ist der Ausschlag in den Ausgaben der GLP.

Der steile Anstieg seit Anfang September wird nebst den Parteien auch von einzelnen Politikerinnen und Politikern befeuert. Besonders bei der FDP und SVP läuft ein vergleichsweise grosser Anteil der Werbung über die Kandidierenden.

Microtargeting: An wen richtet sich die Werbung?

Studien konnten der Online-Wahlwerbung noch keinen Effekt nachweisen. Weshalb also auf Social-Media Werbung schalten? Die Attraktivität der Werbung auf Facebook oder Instagram liegt darin, dass eine Anzeige nicht jeder beliebigen Person angezeigt wird. Werbeschaltende können anhand von Targeting ihre Zielgruppe einschränken – zum Beispiel auf Personen, die einem typischen Wähler-Profil ihrer Partei entsprechen.

Im Wahlkampf geht es nämlich primär darum, potenzielle Wählende zur Wahl zu bewegen. Wählende aus dem entgegengesetzten politischen Spektrum für sich zu gewinnen, ist weniger die Absicht. Dass die Parteien teils sehr unterschiedliche Interessenprofile ins Auge nehmen, zeigt sich exemplarisch am Targeting der Polparteien: Während die SVP gezielt Werbung für Personen mit den Interessen «Patriotismus» und «Autos» schaltet, schliesst die SP Personen, die sich für «Autos», «Tradition» oder «Militärgeschichte» interessieren, explizit aus.

Targeting – was gilt es zu beachten?

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Die Targeting-Begriffe, die in den folgenden Grafiken aufgelistet werden, wurden jeweils von Kandidierenden oder der Partei beim Schalten von Werbung ausgesucht beziehungsweise übernommen. Sie beziehen sich auf die Interessen von Meta-Usern.

In den Grafiken dargestellt ist der Anteil aller Anzeigen einer Partei (inkl. Kandidierende), die diesen Begriff im Targeting verwendet haben. Schaltet eine Partei also 100 Anzeigen und in 10 davon verwendet sie den Begriff «Politik», wurde der Begriff «Politik» in 10 Prozent aller Anzeigen verwendet. Die Grafiken geben keine Auskunft darüber, in welcher Kombination die Begriffe gebraucht wurden. Es ist möglich, dass Anzeigen mit allen, nur drei oder gar keinem der aufgeführten Targeting-Begriffen gelaufen sind. Ausserdem ist nicht ableitbar, ob die offizielle Seite einer Partei, eine Gemeindesektion oder einzelne Kandidierende die Targeting-Begriffe verwendet haben. Der berücksichtigte Zeitraum reicht von Anfang Juli bis Anfang Oktober.

Im Targeting tauchen teils besonders spannende Begriffe auf: So werden bei der SP – bei etwa 70 ihrer 1200 Anzeigen – Interessen wie «Männlichkeit» oder «Männersache» ausgeschlossen. Die FDP schloss in ihrem Targeting hingegen «soziale Probleme», «soziale Bewegungen» und «Community Issues» in gut 400 ihrer 3’400 Anzeigen aus. Die GLP verwendetet – teils zum Ausschluss, teils als Targeting – Interessen wie «Yacht», «Motorboote» oder «Golf».

Zielgruppen ein- und ausschliessen – Wie funktioniert das?

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Bei manchen Parteien kommt es vor, dass ein Begriff sowohl einschliessend wie auch ausschliessend im Targeting verwendet wird. Das kann verschiedene Gründe haben: Dieselbe Seite kann Werbeanzeigen für jeweils unterschiedliche Zielgruppen schalten – etwa spezifisch eine Werbung für Familienväter und eine für Alleinstehende. Damit Familienväter nicht die Werbung für Alleinstehende sehen, werden sie im Targeting dieser Anzeige ausgeschlossen. Jedoch kann es auch sein, dass unterschiedliche Seiten derselben Partei ihre Zielgruppen unterschiedlich definieren. Seite A will beispielsweise nur Leute in der Stadt erreichen und schliesst «Land» aus dem Targeting aus. Die Zielgruppe der Seite B umfasst hingegen sowohl Leute vom Land als aus der Stadt. Beide Begriffe werden ins Targeting eingeschlossen.

Die Mitte und die Grünen arbeiten hingegen kaum mit dem Ausschluss von Interessen. Besonders auffällige Begriffe finden sich bei der Mitte keine. Einzig auffällig bei den Grünen: Feministische Philosophie wurde in gut 70 von 1’100 Anzeigen als Targeting verwendet.

Über die Daten und Methodik

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Die Analysen umfassen primär Daten von Meta. Einzelne Seiten wurden mithilfe der Smartvote-Datenbank den jeweiligen Parteien zugeordnet. Jungparteien wurden ihren Stammparteien angerechnet.

Für das Total der Ausgaben sowie den zeitlichen Verlauf der täglichen Ausgaben wurden Anzeigen, die für eine Partei und für einzelne Kandidierende geschaltet wurden, zusammengenommen. Das ergibt ein vollständigeres Bild, da die Parteien unterschiedliche Strategien fahren, was das Schalten von Werbung anbelangt: Gewisse Parteien lassen Werbung vor allem über die Seiten der Partei laufen, andere überlassen das den Kandidierenden. In den Auswertungen wurde zur Berechnung des Totals der Zeitraum von Anfang Juli bis Anfangs Oktober berücksichtigt.

In den Meta-Daten gibt es ausserdem zwei Arten von Akteuren, die von Relevanz sind: diejenigen, die einen Post finanziert haben und dann die Meta-Seite, über die die Werbung läuft. Zum Beispiel kann eine Partei X einen Post finanzieren, der dann aber über die Seite «Maria Muster» läuft beziehungsweise auf ihre Seite verweist. In der Analyse hat sich SRF auf jene fokussiert, für welche die Werbung geschaltet wird, gemäss dem Beispiel also Maria Muster. Dadurch soll sichtbar werden, für wen beziehungsweise für welche Partei mit welchen finanziellen Ressourcen auf Meta Werbung geschaltet wird. Im Normalfall sind Finanzierte und Geldgeber dieselben oder verwandte Seiten (z.B. Grüne Schweiz finanzieren eine Anzeige von Grüne Kanton Zürich).

Für die Auswertungen zum Targeting wurde ein weiterer Zugang auf die Werbebibliothek von Meta verwendet. Auch hier werden Seiten von Parteien und Kandidierenden zusammengenommen. Das Interessen-Targeting wurde nur für einen Teil der Anzeigen verwendet. In welcher Kombination die Targeting-Begriffe verwendet wurden, ist nicht ableitbar aus den Daten. Weiter wird das Targeting immer nur zusammengefasst über 7 Tage und pro Seite – nicht pro Werbung – öffentlich gemacht. Wenn eine Werbung nicht nur während einer Woche läuft, wird sie also mehrfach gezählt. Die pro Targeting-Begriff angegebenen absoluten Zahlen wurden daher korrigiert, unter der Annahme, dass die Laufzeit von Werbungen mit und ohne Interessen-Targeting der gleichen Verteilung folgt.

Arena, 06.10.2023, 22:30 Uhr

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