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Schäden wegen Epilepsie-Medikament
Aus 10 vor 10 vom 07.02.2017.
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Schädigung von Babys Wegen Epilepsie-Medikament: Eltern klagen gegen Pharmafirma

Ein weit verbreitetes Medikament führt während der Schwangerschaft zu schweren Schäden. Swissmedic bestätigt «10vor10» erstmals neue Fälle in der Schweiz.

  • Swissmedic bestätigt Meldungen von 15 Fällen von Missbildungen sowie weitere Fälle von Entwicklungsstörungen in den letzten 26 Jahren.
  • In Frankreich haben sich bereits hunderte betroffener Eltern zusammengeschlossen um gegen den Hersteller Sanofi zu klagen.
  • Auch in der Schweiz klagen jetzt Eltern gegen die französische Pharmafirma.

Für viele Mütter ist es ein Schock: Das Medikament, das sie während der Schwangerschaft einnehmen mussten, hat ihrem eigenen Kind grossen Schaden zugefügt. «Ich habe Schuldgefühle. Warum hat mich niemand gewarnt», erzählt die Genferin N.A. in der Sendung «10vor10».

Depakine heisst das Medikament der französischen Firma Sanofi. Es ist ein verbreitetes Mittel gegen Epilepsie. Um Anfälle zu vermeiden, müssen Epilepsie-Kranke oft ein Leben lang ein Mittel einnehmen. Auch während der Schwangerschaft sind sie im Dilemma: Denn ohne Medikament riskieren die Frauen einen Anfall, der sich auch negativ auf das Ungeborene auswirken kann.

Swissmedic warnt Schwangere

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Die Nebenwirkungen betreffen nicht nur Depakine von Sanofi, sondern alle Medikamente mit dem Präparat Valproat. Auch Desitin Pharma, Sandoz und Orion Pharma haben solche Medikamente auf dem Markt. Swissmedic warnt Frauen, die schwanger werden wollen vor der Einnahme dieser Mittel.

Swissmedic-Informationen zu Depakine

Risiko seit Jahren bekannt

Die Nebenwirkungen betreffen nicht nur Depakine von Sanofi, sondern alle Medikamente mit dem Präparat Valproat. Auch Desitin Pharma, Sandoz und Orion Pharma haben solche Medikamente auf dem Markt. Swissmedic warnt Frauen, die schwanger werden wollen vor der Einnahme dieser Mittel.

Das Risiko des Medikaments für das ungeborene Kind ist seit Jahrzehnten in Fachkreisen bekannt. Aber erst 2006 wird im Beipackzettel deutlicher auf das erhöhte Risiko hingewiesen. Und erst 2015 nennt der französische Hersteller Sanofi die Nebenwirkungen des Medikaments auf schwangere Frauen in aller Deutlichkeit.

Swissmedic, die Schweizer Heilmittelbehörde, veröffentlicht auf Ihrer Website folgende Zahlen:

  • 30 bis 40 Prozent der Kinder von Schwangeren, die das Medikament oder ein Generika davon nehmen, haben Entwicklungsstörungen im Laufe der Kindheit.
  • 10 Prozent der Kinder entwickeln sogar Missbildungen.

Frankreich entschädigt Eltern

In Frankreich hat sich das Ganze zu einem regelrechten Skandal entwickelt. Hunderte von betroffenen Eltern haben sich zusammengeschlossen und klagen gegen den Hersteller. Das Parlament hat im November entschieden, einen Entschädigungsfonds zu gründen und auch die Herstellerfirma in die Pflicht zu nehmen.

In der Schweiz klagen jetzt erstmals Eltern in Genf gegen die Pharmafirma und das Universitätsspital Lausanne. Die Lausanner Ärzte hatten vor 15 Jahren der Mutter das Medikament verschrieben. Die Eltern wollen 3,5 Millionen Franken Schadenersatz. Sie wollen damit aber vor allem auch ihr Anliegen publik machen. «Es ist höchste Zeit über die Nebenwirkungen von Depakine zu reden», sagt N.A.

Wie viele sind in der Schweiz betroffen?

In der Schweiz ist Depakine seit Jahrzehnten zugelassen und gehört zu den meistverbreiteten Mittel gegen Epilepsie. Swissmedic bestätigt «10vor 10» erstmals, dass auch in der Schweiz Missbildungen bekannt sind. «Wir haben heute Meldungen von 15 Fällen von Missbildungen und das im Zeitraum von 26 Jahren», sagt Christoph Küng, Abteilungsleiter Arzneimittelsicherheit von Swissmedic. Zu dieser Zahl kommt noch eine «Zahl im einstelligen Bereich» zusätzlicher gemeldeter Fälle von Kindern, die eine Entwicklungsstörung haben.

In der Westschweiz schliessen sich jetzt betroffene Mütter zusammen zum Verein Assac. Die Eltern wollen vor den Gefahren warnen und Betroffene unterstützen. Sie vermuten, dass viele Eltern die Entwicklungsprobleme ihrer Kinder gar nicht auf das Medikament zurückführen. Die Entwicklungsstörungen treten oft erst im Laufe der Jahre auf.

Pharmafirma weist Vorwurf zurück

Die Pharmafirma Sanofi bekräftigt, man habe die Patienten stets korrekt informiert. In Absprache mit den Behörden habe man ausserdem in den letzten Jahren die Informationen an die Patienten verdeutlicht. Auch das kritisierte Universitätsspital Lausanne antwortet, man habe gemäss dem damaligen Wissensstand alle Mütter transparent informiert.

Auch Swissmedic setzt nicht auf ein Verbot des bewährten Mittels, sondern auf Aufklärung der Patientinnen und der Ärzte. Es sei Aufgabe des Arztes im Gespräch mit der Patientin, die sich ein Kind wünscht, dieses oder eine anderes Medikament zu verschreiben.

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