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Zweite Gotthard-Strassenröhre Hoffnung und Skepsis in Göschenen

In zwei Jahren beginnt der Bau der zweiten Gotthard-Röhre. Die Einwohner von Göschenen befürchten mehr Lärm und Verkehr.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Planung für dien zweiten Gotthard-Strassentunnel geht in die entscheidende Phase. Nun wurde die Bevölkerung in Göschenen am Nordportal des Tunnels informiert.
  • Skeptiker erinnerten an das Jahr 1980. Airolo hatte vom Bau der ersten Röhre profitiert. Doch danach verschwanden die Arbeitsplätze und mit ihnen die Menschen.
  • Gemeinde, Kanton Uri und Bund wollen nun nach nachhaltigen Lösungen suchen und aus der Geschichte lernen.

Valentina Kumpusch ist Grossprojektleiterin beim Bau der zweiten Strassenröhre am Gotthard. Sie muss der Bevölkerung erklären, welch kompliziertes Puzzle von Problemen sie zu lösen hatte: In Airolo und Göschenen habe sie Platz für je 170 Arbeiter finden müssen. Die Orte seien eng. Es gebe Lawinenzüge und Heimatschutzvorschriften. Nun werde eine Lösung greifbar, die hoffentlich für alle akzeptabel sei.

Dreistöckige Wohnblöcke für die Arbeiter

Am Dorfrand von Göschenen sind dreistöckige Wohnblöcke für die Tunnelarbeiter geplant. Es soll unterirdische Parkplätze geben und es wird in Schall- und Staubschutz investiert. Mit dem Gestein, das aus dem Tunnel gebrochen wird, wird der Urnersee aufgeschüttet. In Airolo wird damit zudem die Gotthard-Autobahn zugedeckt.

Suche nach nachhaltigen Lösungen

Bei der Vorstellung der Pläne vor der Bevölkerung in Göschenen meldeten sich auch Skeptiker zu Wort. Sie fürchten den Lärm und den Verkehr, den die Arbeiter mit sich bringen. Sie fragten auch, was für die Gemeinde herausspringe.

Angesprochen war der Urner Kantonsingenieur Stefan Flury. Man möchte, dass nachhaltige Lösungen gefunden werden, sagte dieser. So sollen die Unterkünfte auch nach dem Bau genutzt werden können. Es sei auch vorgesehen, das Bahnhofgebäude zu nutzen, das heute fast leer sei.

Das sind alles wirklich nachhaltige Lösungen, die wieder etwas Leben in das Dorf bringen.
Autor: Stefan Flury Urner Kantonsingenieur

Aus der Geschichte lernen

In Airolo erinnert man sich mit Nostalgie an das Leben und den wirtschaftlichen Aufschwung, den die Baustelle des Gotthard-Strassentunnels bis 1980 brachte.

Dem Aufschwung folgte aber die Abwanderung von Arbeitsplätzen und Menschen. Gemeinde, Kantone und das Bundesamt für Strassen bemühen sich nun, dass sich diese Geschichte in Göschenen nicht wiederholt.

Eindrückliche Fortschritte im Tunnelbau

Eindrückliche Fortschritte im Tunnelbau
Die Planer des zweiten Gotthard-Strassentunnels werden stark von den geologischen Erkenntnissen des bestehenden Bauwerks profitieren können, das in 70 Meter Entfernung parallel verläuft. Überraschungen mit schwierigen Gesteinszonen, die Mehrkosten auslösten, dürften also ausbleiben.
Auch die Technik und damit die Industrialisierung im Tunnelbau sind einen riesigen Schritt weiter als noch 1980. So kam damals eine Tunnelbaumaschine nur bei einem Lüftungsschacht, aber noch nicht für den Haupttunnel zum Einsatz. Betrug die damalige Bauzeit von Start bis Durchschlag noch sechs Jahre, soll es jetzt in vier Jahren geschafft sein.

Die Sicherheit wurde stark erhöht, auch dank den jüngsten Erkenntnissen aus dem Bau des Gotthard-Basistunnels. Dabei gab es neun tödliche Unfälle, was 0,08 Toten pro Kilometer entspricht. Zum Vergleich: Beim Bau des 1882 vollendeten ersten Gotthard-Bahntunnels gab es noch 13 Tote pro Kilometer. Beim ersten Strassentunnel 1980 war es noch ein Todesfall pro Kilometer.

Die Tunnelbauer-Berufskrankheiten von früher sind fast verschwunden. Dazu kommt die Entwicklung in der Unterbringung: So sorgten die Verhältnisse in Göschenen und Airolo beim ersten Gotthardtunnelbau noch für einen internationalen Skandal. 1980 waren dank der Gewerkschaften Arbeiterbaracken mit maximal vier Betten pro Zimmer vorgeschrieben. Heute sind Einzelzimmer in den Baracken Standard.

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