Jeden Handgriff in seinem Leben muss er delegieren: Der 44-jährige Bieler Stefan Csombo ist seit einem Bikeunfall Tetraplegiker, er kann nur noch den Kopf und seine Schultern bewegen. Seit diesem Unfall ist er deshalb auf fremde Hilfe angewiesen. Während rund drei Jahren hat Stefan Csombo in zwei verschiedenen Heimen gelebt. Doch das hat ihm Mühe bereitet: «Ich führte vorher ein selbstbestimmtes Leben. Nach dem Unfall, im Heim, musste ich beispielsweise zu festgelegten Zeiten ins Bett gehen.»
Im Heim konnte ich plötzlich nicht mehr über Dinge entscheiden, die mir wichtig waren.
Das ist jetzt anders: Stefan Csombo lebt wieder in seiner eigenen Wohnung. mitten in Biel. Und er entscheidet wieder selber, wie er sein Leben gestalten will. Möglich gemacht hat dies das neue Finanzierungssystem für Menschen mit Behinderung im Kanton Bern, das sogenannte «Berner Modell»:
- Menschen mit einer Behinderung erhalten eine persönlich bemessene Kostengutsprache durch den Kanton.
- Diese Kostengutsprache kann für individuelle Betreuungsleistungen eingesetzt werden.
- Die Betroffenen können wählen, ob sie die Betreuungsleistungen in einem Heim einkaufen oder persönliche Assistenten anstellen.
- Die Kostengutsprache erfolgt nach einer umfassenden Betreuungsabklärung.
Ein Team von sieben Personen
Stefan Csombo hat ein Team von sieben Assistentinnen und Assistenten, die sich zwei 100 Prozent-Stellen teilen. Dies verteilt auf sieben Tage die Woche. Sein Team hilft ihm, seinen Alltag in den eigenen vier Wänden zu bewältigen. «Ich kann nun wieder selber entscheiden, wie ich meinen Balkon begrünen, welche Bilder ich an welche Wand hängen will. Und ich kann mit jemandem selber kochen», sagt Stefan Csombo. Und: «Jetzt bin ich endlich frei!»
Es riecht nach mir, das ist mein Zuhause und das ist mir wichtig.
Teurer als ein Heimplatz?
Dass die Anstellung von Assistenz-Personen den Kanton am Ende mehr kosten könnte als ein Heimplatz, diese Befürchtung teilt Astrid Wüthrich nicht. Die Leiterin des kantonalen Alters- und Behindertenamts sagt, dass die betroffenen Personen eine Kostengutsprache aufgrund ihrer Behinderung erhalten würden. «Wer mehr ausgeben will für seine Betreuung, muss diese Kosten dann auch selber übernehmen.» Ziel des neuen Finanzierungssystems sei es, die Kostenneutralität zu wahren. Kurz: Nicht mehr Geld auszugeben als beim heutigen Modell.
Nun läuft die Testphase
Zurzeit befindet sich das «Berner Modell» in der Testphase. Sofern das Kantonsparlament einer entsprechenden Änderung im «Gesetz über das soziale Leistungsangebot» zustimmt, soll das neue Berner Finanzierungssystem 2020 / 2021 definitiv eingeführt werden.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)