Das Coronavirus hat so manches durcheinander gebracht. Dem Bieler Eishockeyspieler Mathieu Tschantré hat es ein turbulentes Karriereende beschert. Seine letzte Saison wurde abgebrochen, das Highlight – die Playoffs – gestrichen.
Danach musste die ganze Mannschaft des EHC Biels in Quarantäne, weil der Trainer positiv getestet wurde. Und genau in dieser Zeit ist Mathieu Tschantré zum dritten Mal Vater geworden. Ein Gespräch über ein fast schon filmreifes Karriereende.
SRF News: Mathieu Tschantré, in Ihren 20 Jahren beim EHC Biel haben Sie viel erlebt, aber nie ein solches Saisonende wie jetzt und das ausgerechnet in Ihrer letzten Saison...
Mathieu Tschantré: Ja, in 20 Jahren kommt einiges zusammen, man rechnet auch mit grossen Turbulenzen, aber mit so einem Saisonende – so einem Abschluss habe ich nun wirklich nicht gerechnet.
Sie mussten mit der ganzen Familie in die Quarantäne, weil der Trainer Antti Törmänen das Coronavirus hatte. Sie haben selber Asthma, hat das Ihnen Sorgen bereitet?
Ich erschrak zuerst, weil ich nicht gedacht hätte, dass es so schnell geht. Dass jemand aus unserem Team betroffen war, hat mich auf dem falschen Fuss erwischt. Persönlich habe ich mir dann auch Sorgen gemacht – immer noch – mein Asthma ist nicht von Vorteil. Ich möchte das Virus natürlich nicht erwischen.
Sie sind in Tüscherz-Alfermée aufgewachsen, Ihre Grosseltern hatten bereits das Saisonabonnement des EHC Biel. Mit 16 Jahren hatten Sie dann das erste Spiel mit dem EHCB, noch in der Nationalliga B. Hätten Sie je gedacht, dass Sie bis 35 in Biel bleiben?
Nein, absolut nicht. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich einmal Profi-Eishockeyspieler würde. Ich habe schon früh das Eishockey geliebt, habe Tag und Nacht gespielt und nun sind 20 Jahre vorbei. Ich kann es kaum glauben.
Wer weiss, was dieses Jahr möglich gewesen wäre.
Es war eine lange, intensive Zeit. Dabei haben Sie den Wandel des EHCB miterlebt, vom mittelklassigen NLB-Verein zum ambitionierten Club der National League, der es in die Playoff-Halbfinals geschafft hat. Jetzt wäre vielleicht der Final möglich gewesen. Denken Sie darüber nach?
Auf jeden Fall. Wenn man zurückblickt und überlegt, woher wir gekommen sind, ist das unglaublich. Was alles passiert ist in dieser Zeit, wie wir uns verändert haben – wir haben ein neues Stadion erhalten, sind überall gewachsen. Wer weiss, was dieses Jahr möglich gewesen wäre.
Sie waren seit dem Aufstieg 2008 Captain. Man sagt auch häufig, der EHC Biel sei Mathieu Tschantré und Mathieu Tschantré sei der EHC Biel. Identifizieren Sie sich immer noch mit dem Club?
Ja, das ist sehr schwierig. Im Moment noch extrem stark. In meinem Kopf habe ich noch gar nicht realisiert, dass Schluss ist und ich eigentlich ab sofort nicht mehr dazugehöre. Das braucht noch einen Moment. Vielleicht holt mich das irgendeinmal ein. Man muss sich anpassen und in diesem Prozess stecke ich.
Ich habe noch nicht realisiert, dass ich ab sofort nicht mehr dazugehöre.
Sie beenden Ihre Karriere nach 899 Spielen. Das 900. Spiel hätten Sie eigentlich noch bestritten, sind dann aber ins Spital zu Ihrer Frau gefahren, die das dritte Kind bekommen hat. Danach hat es kein Spiel mehr gegeben. Ein Wechselbad der Gefühle?
Ja, irgendwie passt das zu meiner Karriere. Es wäre alles angerichtet gewesen für dieses 900. Spiel, dann musste ich los. Viele sagen mir, ich müsse das 900. Spiel unbedingt noch machen. Aber für mich war die Geburt wieder so etwas Einmaliges. Wir haben einen gesunden Sohn bekommen und dafür ist nun mal das 900. Spiel auf der Strecke geblieben. Wenn ich die gleiche Entscheidung noch tausendmal treffen müsste, ich würde es wieder genau so machen.
Das Gespräch führte Marielle Gygax.