«SRF News Online»: Sie haben die Art zu Lieben in Polen recherchiert. Was hat sie am meisten verstört?
Rahel Sahli: Ich war überrascht, wie viel Einfluss die katholische Kirche in Polen heute noch auf die Liebe hat. Aussagen wie «Gott ist mit dabei im Bett» haben mich erstaunt und auch etwas verstört.
Wo würden sie sagen: Davon könnten wir in der Schweiz uns eine Scheibe abschneiden?
Nie zuvor habe ich Menschen so offen über Sex sprechen hören wie in den Liebesseminaren des Mönchs. Ausgerechnet ein Mönch lehrt die Menschen, offen über Bedürfnisse und Probleme im Bett zu reden. Das hat mich seltsam berührt.
Auf der anderen Seite habe ich die Menschen, die Liebe und Glaube derart stark verknüpfen, als glücklich und ausgeglichen erlebt. Als hätten sie ein Geheimnis, auf das ich selbst noch nicht gekommen bin.
Welche Szene wird ihnen nie mehr aus dem Sinn gehen?
Wie der Mönch mich beiseite nimmt und sagt, ich sei eine «fürchterliche Direktorin». Damit meinte er, dass ich ihn ununterbrochen mit Fragen löchere und immer weiter nachhake.
Anderseits wurde mir bewusst, wie «sexualisiert» unsere «normale» Welt ist. Als wir unser Auto eine Stunde in Warschau stehen liesen, klemmten unter unserem Scheibenwischer Telefonnummern von acht Prostituierten.