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Solothurn Classics Solothurn Classics: Keine Freunde mehr – und keine Zukunft?

Der Gönnerverein «Freunde des Solothurn Classics» hat sich am Montagabend aufgelöst. Das Opern-Festival selber existiert auf dem Papier zwar noch. Ob es in Zukunft noch Opern-Aufführungen auf die Bühne bringt, ist aber fraglich.

Opern-Zuschauer vor historischem Turm
Legende: 1997 war die Opern-Welt noch in Ordnung: «La Bohème» lockte viel Publikum auf die St. Ursen-Bastion in Solothurn. Keystone

Lange Jahre war Solothurn stolz auf seine Freilicht-Opern: Noëmi Nadelmann hatte den Weg nach Solothurn gefunden, der spanische Star-Tenor José Carreras gab sich in Solothurn gar zwei Mal die Ehre, zuletzt im Juni 2015.

Jetzt sieht es aus, als ob diese Ära zu Ende geht. Nicht nur, aber auch wegen des Gönnervereins «Freunde des Solothurn Classics»: Er löste sich am Montagabend per sofort auf. Der Entscheid fiel einstimmig.

Die Gründe:

  • Die Zuschauerzahlen von Opern-Aufführungen sind drastisch gesunken, nicht nur in Solothurn.
  • Es gelang nicht, eine grosse Anzahl Mitglieder zum Besuch der Partner-Oper Schenkenberg zu bewegen.
  • Nur noch die Hälfte der Mitglieder hat den Jahresbeitrag 2016 einbezahlt. Viele glaubten wohl schon nicht mehr an eine Zukunft von Solothurn Classics.

Die rund 150 Privat- und Firmenmitglieder hatten seit 2003 mit fast einer halben Million Franken zur Förderung der Solothurner Kultur-Szene beigetragen. Nun wird das Vereinsmögen vollständig zur Unterstützung von klassischen Musikanlässen, insbesondere Opernaufführungen, im Raum Solothurn verwendet, teilt der Vorstand mit.

Solothurn Classics am Ende?

Heisst die Auflösung des Gönnervereins auch die Auflösung der Solothurn Classics selbst? Präsident Peter Kofmel äussert sich in der Mitteilung des Gönnervereins nicht zu dieser Frage. Am Telefon und per Mail ist er am Dienstag für Radio SRF nicht zu erreichen. Es spricht aber einiges dafür, dass die Organisation keine Opern mehr auf die Bühne bringen wird:

  • Die Homepage «www.solothurn-classics.ch» existiert nicht mehr.
  • Aus den letzten Solothurn Classics im Jahr 2015 resultierte ein Defizit von 130'000 Franken. Noch sind diese Schulden nicht vollständig beglichen. Für eine Organisation, die Schulden hat, wird es schwierig, eine neue Produktion auf die Beine zu stellen.
  • Die 2015 stolz verkündete Zusammenarbeit mit der «Oper Schenkenberg» ist nach dem Konkurs der Aargauer Organisation gescheitert. Die Oper «Tosca» kann jedenfalls nicht wie geplant 2017 in Solothurn aufgeführt werden.
  • In früheren Jahren wurden Gelder aus dem Swisslos-Fonds beim Kanton beantragt für Solothurn Classics. Laut Anfrage beim Kanton ist aber aktuell kein Gesuch spruchreif, und man habe länger nichts mehr von den Verantwortlichen gehört, so der Chef des zuständigen Amts.

«Kein echter Verlust»

Die Zeichen deuten also auf ein Ende der Ära Solothurn Classics hin. Was würde das für den Kanton Solothurn bedeuten? Wäre dies ein grosser Verlust? Cäsar Eberlin, Leiter des Amtes für Kultur und Sport, sieht das nicht so. «Solothurn hat ein grosses musikalisches Leben: Auf der ‹Freilicht-Ebene› passiert viel, beispielsweise in Burgäschi, auf dem Schloss Waldegg und auch in Selzach», so Eberlin.

Und dann gebe es ja auch noch das Stadttheater Solothurn mit seinem eigenen Musikensemble. «Das kulturelle Leben hier ist sehr vielfältig. Deshalb glaube ich nicht, dass das Ende von Solothurn Classics ein echter Verlust ist», meint Cäsar Eberlin auf Anfrage.

Eberlin sieht bessere Chancen für kleinere Projekte, grosse Freilicht-Opern hätten es derzeit grundsätzlich schwer: «Sie sind teuer. Alleine mit dem Publikum aus der Region können solche Projekte nicht überleben.»

Lange Opern-Tradition in Solothurn

Drei Männer mit Fliege und weissen Hemden
Legende: Dino Arici (Mitte) hatte die Openair-Opern zu einem kulturellen Leuchtturm Solothurns gemacht. Nun scheinen sie am Ende. Keystone

«Solothurn Classics» geht auf das 1991 gegründete «Classic Openair» zurück. Der charismatische Solothurner Dino Arici hatte das Opernfestival unter freiem Himmel ins Leben gerufen und mit den Jahren zu einem der wichtigsten und erfolgreichsten kulturellen Anlässe Solothurns gemacht.

Populäre Opern wie «Nabucco», «Turandot», «La Traviata», «Barbiere di Siviglia» oder «Carmen» standen jeweils im Mittelpunkt von Aricis Programmen. So gelang es ihm, das zu Beginn kleine regionale Opernfestival zu einem national bekannten und international beachteten Anlass zu wandeln.

2015 ist Arici 82-jährig an Herzversagen gestorben. Bereits 2010 hatte er sich als Leiter des Classic Openairs zurückgezogen. Unter neuer Führung wurde der kulturelle Leuchtturm dann umbenannt.

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