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Solothurner Energiegesetz Das Nein war zu erwarten, aber warum so deutlich?

70 Prozent Nein zum Energiegesetz. Wollen die Solothurner einfach keine Energie sparen? So einfach ist es nicht. Die Analyse zur Abstimmung.

Das Solothurner Stimmvolk hat vor einem Jahr die «Energiestrategie 2050» des Bundes unterstützt – wie die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer. Auch Solothurn trägt also die Energiewende grundsätzlich mit: Weg vom Atomstrom, hin zu mehr erneuerbarer Energie. Allerdings fiel das Ja im Kanton Solothurn damals sehr knapp aus – mit 50,6 Prozent.

Marco Jaggi

stv. Leiter Regionalredaktion Aargau Solothurn

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Marco Jaggi arbeitet seit 2010 für SRF in Aarau und Solothurn. Er ist stellvertretender Redaktionsleiter, betreut aber auch das Redaktionsbüro in Solothurn, wo er vor SRF bereits journalistisch tätig war. Unter anderem als Redaktionsleiter beim Solothurner Privatsender «Radio 32».

Ging es damals bei der Energiestrategie «nur» um einen Grundsatzentscheid, standen nun bei der Abstimmung zum Solothurner Energiegesetz ganz konkrete Vorschriften zur Diskussion, wie die Strategie umgesetzt werden soll. Es war zu erwarten, dass da einige Menschen die Angst packt, die Umsetzung der Energiewende könnte teuer werden, wenn sie die Ölheizung auswechseln oder eine Photovoltaik-Anlage montieren müssen. Dass nach dem nur knappen Ja zur Energiestrategie das Solothurner Energiegesetz jetzt scheitert, ist insofern keine Überraschung.

Starke Gegner, Versäumnisse der Politik

Überraschend ist hingegen, wie deutlich das Gesetz nun abgelehnt wurde. Dass die Abfuhr mit über 70 Prozent wuchtig ist, dürfte mit der teils aggressiven Kampagne der Gegner zu tun haben. Da wurden Fragen aufgeworfen, die verunsicherten. Wird es wirklich so teuer, dass zum Beispiel Senioren ihre Häuser aufgeben müssen?

Klare Antworten fehlten. Im Kanton Solothurn werden traditionell schlanke Gesetze gemacht. Vieles wird erst in Verordnungen geregelt. In diesem Fall wurde das den Befürwortern zum Verhängnis. Zu wenig genau konnte aufgezeigt werden, was für Folgen eine Annahme des Energiegesetzes wirklich hätte.

Nun will die Regierung einen runden Tisch organisieren, will an neuen Lösungen arbeiten. Und sie will sich die Ängste anhören von denen, die sich vor neuen Regelungen fürchten. Sie tut also das, was sie vielleicht im Vorfeld dieser Abstimmung zu wenig gemacht hat.

Ein neues Gesetz wird kommen

Hauseigentümerverband und Wirtschaftsverbände stehen für solche Diskussionen zur Verfügung und bringen bereits Vorschläge. Die Handelskammer kann sich ein Energiegesetz vorstellen mit Zielvereinbarungen statt Zwang: Die Regierung solle bei grossen Gebäuden vorgeben, wie viel Energie diese verbrauchen dürfen, es aber den Hausbesitzern überlassen, wie sie dieses Ziel genau erreichen wollen.

Ob es wirklich in diese Richtung geht, lässt Volkswirtschaftsdirektorin Brigit Wyss (Grüne) noch offen. Für sie ist aber klar: Der Kanton Solothurn muss die Energiestrategie des Bundes umsetzen, also braucht es einen neuen Anlauf für ein Solothurner Energiegesetz. Einen «Marschhalt», wie ihn die SVP fordert, wird es nicht geben.

Ein paar Sätze zum Abstimmungskampf

Der für Solothurner Verhältnisse sehr intensive Abstimmungskampf wird noch eine Weile nachwirken. Ein Nachspiel haben wird, dass sich die regionalen Gasversorger, die den Städten gehören, sowie die Stadtpräsidenten in den Abstimmungskampf eingemischt haben. Dürfen die das? Politische Vorstösse haben die Frage aufgeworfen, Diskussionen werden folgen.

Immerhin ist festzuhalten: Es gab wieder einmal einen richtigen Abstimmungskampf zu einer kantonalen Vorlage. Einen engagierten Abstimmungskampf mit Plakaten und Flugblättern und haufenweise Leserbriefen. Die Debatte um das Energiegesetz hat also bewiesen, dass die Politik im Kanton Solothurn noch immer lebendig ist.

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