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Solothurner Filmtage Luzerner Filmerin ist mit der Kamera ganz nah dran

Eine Flüchtlingsfamilie wird privat bei einem Schweizer Ehepaar untergebracht - Maria Müller filmte ihr Zusammenleben.

Ein älteres Ehepaar in einem Dorf im Zürcher Weinland. Das Haus ist zu gross, seit die Kinder ausgezogen sind; den gesamten oberen Stock, finden sie, könnte man doch gleich an eine andere Familie vermieten.

So geschieht es dann auch – doch die Familie mit den vier Töchtern und dem Sohn, die 2016 schliesslich einzieht, bringt eine dramatische Geschichte mit: Sie stammt aus Syrien, wurde aus der Heimat vertrieben von den Wirren des Bürgerkriegs.

Zwei Lebenswelten unter einem Dach

Dies ist die Ausgangslage des Dokumentarfilms «Unter einem Dach» der Luzernerin Maria Müller. Drei Jahre lang hat sie das Zusammenleben des Schweizer Ehepaars mit der syrischen Familie beobachtet und gefilmt. Hat dokumentiert, wie zwei verschiedene Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. Und wie zwei Lebenswelten auf engstem Raum nebeneinander existieren: Hier das Schweizer Ehepaar, das ein Leben lang in Frieden und Wohlstand gelebt hat – dort die syrische Familie, die sich in der Fremde zurechtfinden muss. Die nicht weiss, wo ihre Zukunft liegt und die bange die Fernsehnachrichten zum Krieg in ihrer Heimat verfolgt.

Ein Film, der nahe an den Protagonisten ist

Maria Müller zeigt den Alltag dieser Menschen und verzichtet dabei auf die klassischen Elemente des Dokumentarfilms: Es gibt weder Interviewsequenzen noch eine Stimme, die aus dem Off das Geschehen kommentiert.

Dafür ist die Kamera nah dran an den Protagonisten, an ihren Gesichtern, die zweifeln, lachen oder auch mal irritiert sind, wenn die kulturellen Differenzen zwischen dem Schweizer Ehepaar und der syrischen Familie Anlass zu Diskussionen geben.

Mit «Unter einem Dach», der an den Solothurner Filmtagen Premiere feierte, wollte die Luzerner Filmerin zeigen, was die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz angesichts des Flüchtlingselends tun können.

«Wir werden tagtäglich konfrontiert mit Bildern von Geflüchteten, und wir müssen immer wieder neu einpegeln, wie viel Empathie wir selber zulassen können und wann wir uns vor solchen Bildern schützen müssen», sagt sie. «Aber mir ist es wichtig, dass wir immer wieder hinschauen und uns überlegen: Wo liegen unsere Möglichkeiten?» Das Ehepaar im Film versuche – wie viele andere Menschen in der Schweiz auch – der Not zu begegnen, die der Krieg in Syrien anrichte.

Angst vor dem syrischen Geheimdienst

Schwierig sei es gewesen, Protagonistinnen und Protagonisten für den Film zu finden, sagt Maria Müller. «Viele Flüchtlinge aus Syrien fürchten sich vor dem syrischen Geheimdienst. Sie haben haben Angst, dass ihre Angehörigen in Syrien darunter leiden müssen, wenn sie hier etwas falsches sagen. »

Die Familie, die beim Film schliesslich mitmachte, war weniger ängstlich – aber auch sie war vorsichtig mit politischen Äusserungen.

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