Zum 41. Mal traf sich die Schweizer Literaturszene an den Solothurner Literaturtagen zu einer Werkschau. Diese ging am Sonntagabend zu Ende. Die Organisatoren melden rund 18'000 Eintritte über 200 Veranstaltungen. Felix Münger ist Literaturredaktor bei SRF und war von Freitag bis Sonntag in Solothurn.
SRF: Sie waren gerade an einer Lesung von Milena Moser. Sie ist eine Aargauerin, lebt aber schon lange in den USA. Sie hat den Roman «Land der Söhne» vorgestellt, es ist ein Familienepos, das von der Schweiz bis in den US-Bundesstaat New Mexico geht. Wie kam dieses Buch denn an in Solothurn?
Gut, sehr gut sogar. Es waren ca. 150 Leute an der Lesung im Landhaus. Milena Moser war zum letzten Mal vor 14 Jahren eingeladen an die Solothurner Literaturtage. Jetzt haben die Organisatoren die hohen Qualitäten ihres Romans gewürdigt mit einer erneuten Einladung. Milena Moser gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Autorinnen der Schweizer Gegenwartsliteratur.
Milena Moser ist ein bekannter Name. Haben Sie denn an den Literaturtagen auch neue Talente entdeckt.
Ja, und wie. Man sieht viele Débütanten, die hier auftreten. Da ist mir vor allem Tabea Steiner aufgefallen. Sie hat mit ihrem Roman «Balg» ein eindrückliches Buch vorgelegt, wie man mit Aussenseitern umgeht. Und dann ist mir auch noch Shelley Kästner aufgefallen aus Zürich mit ihrem Buch «Jewish Roulette». Es ist eine Sammlung von Portärts von Jüdinnen und Juden aus allen Alterklassen, vom Kind bis zum Senior, der den Holocaust überlebt hat. Kästner hat diese Porträts zu kurzen Erzählungen verdichtet. Ihr zuzuhören, ist sehr packend. Fazit: Es gab dieses Jahr durchaus Entdeckungen in Solothurn.
Die Solothurner Literaturtage, Ausgabe Nr. 41: War es ein guter Jahrgang?
Als Veranstaltung war es auf jeden Fall sehr gut. Es gab knapp 18'000 Eintritte, man konnte also das hohe Niveau der Vorjahre halten. Das Programm war wirklich sehr vielseitig. Auch das sehr schöne Wetter hat dazu beigetragen, dass die Athmosphäre gut war. Was das Literarische betrifft, habe ich ein paar Fragezeichen. Ich hätte mir ein paar mehr Frühlingstitel gewünscht. Es gab auffällig viele Bücher mit Jahrgang 2018. Es hätte aber auch Bücher aus diesem Jahr gegeben, die man hätte bringen können. Zum Beispiel Sibylle Berg mit ihrem Roman «GRM Brainfuck», der im Frühling sehr viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Das hätte gut zu «Dystopien» gepasst, also zu diesen negativen Zukunftsbeschreibungen, die in Solothurn ein grosses Thema waren.
Die Fragen stellte Stefan Ulrich.