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Endo Anaconda: «Man muss vom Weg abkommen, um ans Ziel zu gelangen.»
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 16.08.2020. Bild: zvg/Michael Schär
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Sonntagsgast Endo Anaconda: «Ich habe es gern ruhig»

Nach über 30 Jahren unterwegs als «Stiller Has» will Sänger und Geschichtenerzähler Endo Anaconda bald keine Haken mehr schlagen. Nach einer nächsten Tournee soll Schluss sein mit der Band – seinem Lebensprojekt. Der Kulturwelt möchte er jedoch erhalten bleiben.

Endo Anaconda

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Endo Anaconda, geboren 1955 als Andreas Flückiger, ist seit über 30 Jahren Kopf und Herz der Berner Mundart-Band «Stiller Has». Deren letztes Album «Pfadfinder» erschien 2020. Neben der Musik schreibt Endo Anaconda Kolumnen und Bücher.

SRF News: Endo Anaconda, was ist Ihnen an «Stiller Has» überdrüssig geworden?

Endo Anaconda: Ach, dieser Rock'n'Roll. Wenn ich sehe, wie die Band Gotthard auf der Kasperli-Bühne auf dem Ballenberg Abba-Songs spielt, muss ich einfach sagen: Rock'n'Roll ist nur noch eine Pose. Ich werde sicher nicht aufhören Musik zu machen. Aber vielleicht heisst es dann einfach noch «Has». Ich lebe ja schon anders: Ich trinke nicht mehr, nehme keine Drogen mehr, wohne abgeschieden im Emmental. Ich bin eigentlich sehr brav geworden mit der Zeit.

Ist dieser Rückzug ins Emmental aus der Not oder aus Freude geboren?

Es ist beides. Man lebt günstig dort in der Abgeschiedenheit. Und ich brauche auch keine Partykultur mehr, kein LED-Licht. Ich geniesse es dort und möchte auch dort bleiben. Aber ich habe Angst, dass jetzt die Reichen kommen – aufs Land flüchten, so wie früher – und im Trub Landhäuser bevölkern. Ich habe es gern ruhig.

SRF News: Ihre Zeit mit «Stiller Has» verhalf Ihnen zu vielen Preisen, vielen verkauften Tonträgern, gut besuchten Konzerten. Sie erlebten viel Ruhm und Rummel. Macht Sie das stolz?

Nein. Aber ich muss schon sagen, dass ich nach meiner traumatisierten Jugend meiner Musik und meiner Poesie zu verdanken habe, dass ich aus meinem Leben noch irgendetwas gemacht habe.

Sie hatten keine leichte Kindheit. Ihr Vater starb früh. Sie zogen als Kind mit Ihrer Mutter aus der Schweiz weg in deren Heimat Österreich, wo Sie streng gehalten wurden und im Internat landeten. Danach kam ein Aufwachsen auf der schiefen Bahn – Kontakt mit Drogen, Gewalt und politischer Protest. Dass daraus ein preisgekrönter Künstler wird, ist so gesehen eigentlich ein Riesenglück?

Ja. Ich habe in meinem Leben eine Art empirischen Ansatz gefunden: Man muss irren, damit man versteht. Man muss vom Weg abkommen, um ans Ziel zu gelangen. Und man muss stehen bleiben, wenn man losrennen will. Das Leben ist ein Lernprozess. Wenn man – so wie ich – extrem lebt, macht man auch extreme Erfahrungen. Und es geht darum, dass man daraus die richtigen Schlüsse zieht. Und nicht nur rückwärts schaut. Ich könnte jetzt stundenlang erzählen, was ich alles schlecht gemacht habe. Ich war manchmal ein Arschloch, ich weiss das. Und mittlerweile weiss ich auch, warum das passiert ist und dass ich auch nicht immer selbst daran schuld war. Ich versuche einfach zu lernen. Ich bin eigentlich im Frieden – mit allem.

Sie lebten stets am Limit. Alkohol und harte Drogen brachten Sie beinahe um. Was hat Ihnen wieder auf die Beine geholfen?

Ich mir selbst.

Chapeau! Was braucht es dazu?

Gutes Wasser, einen Fitnessraum und eine Wohnung zwischen Fankhaus und Mettlenalp (lacht). Im Ernst. Man muss lernen allein zu sein. Das habe ich lange nicht gekonnt. Und zulassen, dass man weinen kann.

Das Gespräch führte Michael Sahli.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr

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