Zum Inhalt springen
Portemonnaie mit Geld
Legende: Der Grundbedarf soll für eine Einzelperson von 977 auf 899 Franken pro Monat gesenkt werden. Keystone

Sozialhilfe im Kanton Bern «Bei jedem Franken überlegt man zweimal, ob man ihn ausgibt»

Der Grosse Rat hat in erster Lesung entschieden: Der Kanton Bern soll die SKOS-Richtlinen in der Sozialhilfe unterschreiten. Neu soll der Grundbedarf für Einzelpersonen, die älter als 25 Jahre alt sind, acht Prozent weniger betragen. Der Betrag sinkt von 977 auf 899 Franken. Bei jüngeren Personen sinkt der Grundbedarf gar um 15 Prozent.

Für Betroffene sei das fatal, sagt Barbara Diethelm, die Leiterin des Sozialdienstes Oberes Emmental: «Sie mussten bereits heute jeden Rappen umdrehen.»

Was wird mit dem Grundbedarf bezahlt?

Miete und Krankenkasse werden separat behandelt. Auch der Besuch beim Doktor muss man nicht mit dem Grundbedarf bezahlen, wenn man Sozialhilfe bezieht. Aber dafür alles andere: Essen, Trinken, Kleider, Schuhe, Handyrechnung, Coiffeurbesuch, Geschenke, Zeitungsabonnemente und alles, was man eben so kaufen könnte.

Niemand bezieht freiwillig Sozialhilfe.
Autor: Barbara Diethelm Leiterin Sozialdienst Oberes Emmental

«Es wird niemand verhungern müssen», so Barbara Diethelm, «aber wenn jetzt dieser eh schon knappe Grundbedarf noch um 78 Franken gesenkt wird, könnte es sein, dass Betroffene verwahrlosen.» Es könne dann sein, dass sich Betroffene es nicht mehr leisten können, mit Freunden etwas trinken zu gehen.

Porträt
Legende: Barbara Diethelm, Leiterin des Sozialdienstes Oberes Emmental SRF

Sie befürchtet nicht nur Auswirkungen auf die Betroffenen selbst, sondern auch auf den Sozialdienst Oberes Emmental.

Enttäuschung, Ohnmacht und Wut – mit diesen Reaktionen rechnen wir.
Autor: Barbara Diethelm Leiterin Sozialdienst Oberes Emmental

Falls der Grosse Rat in der zweiten Lesung nächstes Jahr die Gesetzesänderung bestätigt, müsste der Sozialdienst die Betroffenen informieren: «Da kann es schon sein, dass jemand auf uns wütend wird und dann dadurch die Zusammenarbeit erschwert wird.» Niemand beziehe freiwillig Sozialhilfe – deshalb sei der Entscheid des Grossen Rates besonders schwierig für die Betroffenen.

(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)

Meistgelesene Artikel