Auf den welschen Geschmack kam Thomas Raaflaub vor 35 Jahren, weil er die Sprache der Deutschschweizer TV-Tagesschau nicht mehr ertrug. Fortan stillte er seinen Informationsdurst bei Radio Suisse Romande. «Die haben ein anderes Verhältnis zur Sprache und zur Information».
Dass in Estavayer-le-Lac am Neuenburgersee auch noch das ehemals elterliche Ferienhäuschen steht, machte dem Berner Oberländer Schulleiter den Sprung über die Sprachgrenze nochmal einfacher: «Ich wollte in Estavayer nicht mehr Tourist sein. Und so ging ich in einen Integrationskurs des Kantons Freiburg für Ausländer und Berner.»
Er koordiniert den Sprachaustausch der bernischen Schulen
Sein Faible für den sprachlichen Kulturaustausch («man lernt nicht eine Sprache, sondern entdeckt eine Haltung») kann Thomas Raaflaub beruflich ausleben. Seit rund 10 Jahren ist er einer der Koordinatoren der bernischen Erziehungsdirektion für den Sprachaustausch der Schulen. Da gehen Schülerinnen und Schüler ein paar Tage im anderen Sprachraum in den Unterricht und wohnen bei Gasteltern.
Manchmal komme ich mir vor wie ein Romand, der mit der falschen Muttersprache geboren wurde.
«Alles ist vorbereitet. Man muss es nur wollen», wirbt er an die Adresse von Eltern, Schulen, Bildungspolitiker. Zurzeit hat er einen Überhang an Schulkindern aus der Romandie. «Ich suche dringend Schulen und Gasteltern im Bernbiet». Der Aufwand für die Schulen sei absolut leistbar. Er selbst bewegt sich leichtfüssig zwischen den Sprachen. «Manchmal komme ich mir vor wie ein Romand, der mit der falschen Muttersprache geboren wurde.»
Gut 2'000 Schulkinder schnuppern so jährlich an der jeweils anderen Sprache und lernen Lebensgewohnheiten kennen. Dass dies nur ein Bruchteil aller Schülerinnen und Schüler sind, weiss Thomas Raaflaub schon. Die Zeiten des legendären «Welschlandjahres» seien halt schon lange vorbei.