Seit heute ist auf SRF die erste Folge der neuen Podcast-Serie «Dark Social» zu hören. Die Mini-Serie ist eine Zusammenarbeit von SRF Hotspot und SRF Data und ist in der SRF App, auf srf.ch oder im Podcast-Kanal SRF Hotspot abrufbar. Die weiteren Folgen werden wöchentlich jeweils am Mittwoch veröffentlicht.
SRF: Der Titel eurer neuen Podcast-Serie klingt ganz schön bedrohlich. Was genau ist «Dark Social» denn überhaupt?
Julian Schmidli: Der Begriff «Dark Social» meint die sozialen Aktivitäten in Kanälen wie Whatsapp oder Telegram, also private Messengerdienste, die oft in abgeschlossenen Gruppen auch als soziale Medien funktionieren. Der Begriff kommt eigentlich aus dem Marketing, weil man das Verhalten dieser Leute nicht gut tracken und vermarkten kann. Aber diese Eigenheit hat auch eine andere, gefährlichere Seite: Als Gesellschaft wissen wir nur wenig, was in diesen ‘abgedunkelten’ Kanälen passiert. Und das ist ein Problem.
Warum? Jeder hat doch Gruppen-Chats mit seinen Freunden oder Familie.
Und die finden meistens auf Whatsapp oder Threema statt. Das ist auch völlig ok und Teil der Privatsphäre. Wir beziehen uns vor allem auf Chats und Kanäle auf der Plattform Telegram. Dort kann eine Gruppe bis zu 200’000 Nutzerinnen und Nutzer fassen. Die Nachrichten, die dort kursieren, erreichen oft zehntausende, manchmal Millionen von Menschen. Das ist oft mehr Reichweite, als ein Artikel eines gängigen Newsportals bekommt.
Was unterscheidet denn diese Telegram-Gruppen von Twitter oder Facebook-Gruppen?
Die Inhalte. Auf Telegram ist der Anteil an Desinformation viel höher. Desinformationen sind Falschinformationen, die absichtlich gestreut werden, um Menschen zu manipulieren – aus politischen oder wirtschaftlichen Motiven. Während Facebook oder Twitter gegen solche Inhalte vorgehen und sie löschen, tut das Telegram eben nicht. Dadurch ist Telegram während der Pandemie zu einer Art Auffangbecken für Menschen geworden, die an Falschinformationen glauben und/oder diese teilen wollen, gerade zum Coronavirus und Massnahmen wie Masken oder Impfung. Und diese Dynamiken beleuchten wir im Podcast.
Warum ist das Thema gerade jetzt, zwei Jahre nach Beginn der Pandemie, relevant?
Gerade die deutschsprachige Telegram-Community ist während der Pandemie so stark angewachsen wie sonst nirgends. Während diesen zwei Jahren hat sich dort eine eigentliche Parallelrealität entwickelt. In dieser Zeit ist Telegram zu einer Desinformationsschleuder und Radikalisierungsmaschine geworden – und die Stimmung dort wird immer toxischer.
Während den letzten zwei Jahren hat sich auf Telegram eine eigentliche Parallelrealität entwickelt.
Wie seid ihr denn bei der Recherche vorgegangen? Sind diese Kanäle denn nicht geschlossen?
Ein paar sind öffentlich, aber für viele Gruppen braucht man eine Einladung, um mitlesen zu können. Wir haben uns mittels eines Undercover-Profils Zugang zu über 90 Schweizer Gruppen und Kanälen verschafft und dort Daten gesammelt und ausgewertet. Natürlich haben wir auch mit vielen Expertinnen gesprochen, um das Phänomen einzuordnen. Die Recherche hat uns unter anderem zu Hackern im Baselbiet, zu reichen Hintermännern in der Innerschweiz, zu Verschwörungstheoretikerinnen und Rechtsextremen geführt. Sie alle finden sich in den Dark-Social-Kanälen wieder.
Eure erste Folge handelt aber nicht von Telegram, sondern von einer SMS. Warum denn das?
Die SMS ist im Grunde so etwas wie der älteste der Dark-Social-Kanäle. Mit nur wenig Programmieraufwand und dem richtigen Datensatz kann man damit Hunderttausende von Schweizerinnen und Schweizern erreichen und sie mit Falschinformationen eindecken. Und das erst noch vollkommen anonym. Die Geschichte, wie mit einer solchen Aktion die Abstimmung zum Covid-Gesetz hätte manipuliert werden sollen, erzählen wir in Folge 1 des Podcasts ‘Dark Social’ auf dem Kanal Hotspot. Um Telegram geht es dann in der kommenden Woche.
Aufwändig recherchierte Geschichten, die in der Schweiz zu reden geben. In News Plus Hintergründe gibt es die ganze Story.
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