Zum Inhalt springen

Header

Video
«Was wäre, wenn … »: Globaler Ausfall des Internets
Aus 10 vor 10 vom 14.09.2023.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 51 Sekunden.
Inhalt

Antworten auf Ihre Fragen Was wäre, wenn morgen das Internet ausfällt?

Das Internet bildet das Rückgrat unserer globalisierten und digitalen Gesellschaft. Was passiert, wenn es ausfällt? Dazu hat eine Fachrunde Ihre Fragen beantwortet.

Von der einfachen Suche nach Informationen bis hin zur Steuerung komplexer Industrieanlagen ist die Reichweite des Internets grenzenlos geworden. Welche Risiken gehen mit dieser Abhängigkeit einher? Was würde passieren, wenn das Internet auf der ganzen Welt morgen für einige Stunden, einige Tage oder gar mehrere Wochen ausfällt? Wie realistisch ist das? Ist das Internet durch die ständig wachsende Anzahl an Cyberbedrohungen verwundbarer geworden?

Expertinnen und Experten aus der Informationstechnologie, der Cybersicherheit und der digitalen Welt haben dazu Ihre spannenden Fragen beantwortet. Die Antworten darauf können Sie im untenstehenden Protokoll nachlesen.

Haben Sie weitere Ideen für Zukunftsszenarien, die SRF beleuchten sollte? Schicken Sie ihren Input gerne an communites@srf.ch.

Gäste im News-Chat

Box aufklappen Box zuklappen

Myriam Dunn Cavelty
Expertin für Cybersicherheit und stellvertretende Leiterin für Forschung und Lehre am Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich
css.ethz.ch

Catarina Katzer
Psychologin, Expertin auf dem Gebiet Cyberpsychologie-Verhalten, Emotionen und Denken im digitalen Zeitalter
chatgewalt.de

Guido Berger
Leiter SRF Digital

Chat-Protokoll

Wie sind die Verbindungen zwischen den Kontinenten gesichert? Reicht es ein Seekabel zu kappen und eine Satelliten-Empfangsstation, damit der Internetverkehr stark behindert wird? Generell die Redundanz von Leitungen zwischen den Staaten?

Myriam Dunn Cavelty: Nein, das reicht nicht! Es gibt sehr viele Seekabel und Satelliten. Es ist möglich, dass das Internet je nach Unterbrechung langsamer würde, aber ein Totalausfall ist kaum denkbar. Das Internet ist absichtlich als redundantes Netzwerk konzipiert und funktioniert auch bei Teilausfall weiterhin sehr gut.

Da in der Schweiz alle grossen Mobilfunkprovider (und generell Telefon-Betreiber), auf VOIP Technologie setzen, wären die Notrufnummer noch erreichbar?

Guido Berger: Eventuell nicht. Es hängt etwas davon ab, wie schlimm man sich das Gedankenspiel ausmalen möchte. Wenn nur Internet-Leitungen ausfallen, also Leitungen zwischen Netzanbietern und nicht deren eigene Netze, dann ist der Notruf evtl. noch erreichbar. Wenn aber auch Firmeneigene, interne IP-Netze betroffen sind, dann wird es schwierig.

Was wären die Konsequenzen bei einem globalen Stromausfall?

Guido Berger: Das ist ein völlig anderes Szenario als unser aktuelles Gedankenspiel. Ich gebe das gerne an die Kolleg:innen weiter, die sich Inhalte für die «Was wäre wenn..."-Reihe ausdenken.

Wäre SRF in der Lage ohne Unterbrechung weiter zu senden. Auf dab und im Kabel Netz?

Guido Berger: Radio (UKW) könnten wir noch senden, dazu sind wir auch verpflichtet. Man müsste aber auch einen analogen Empfänger haben, um es zu hören.

Was wäre, wenn wir einen Tag lang einen Internet-Test wie die Schweizer Sirenentage hätten, um zu prüfen, ob alles wie gewohnt weitergehen kann?

Guido Berger: Wenn Sie damit meinen, dass man einmal pro Jahr das Internet abstellt, machen Sie sich wohl keine Freunde. Wenn Sie das umgekehrte meinen (testen, ob das Internet funktioniert), dann kann ich Ihnen versichern, dass sehr viele Menschen rund um die Welt jeden Tag genau das tun, weil es ihre Arbeit und/oder ihre Berufung ist. Nicht für das ganze Internet natürlich, sondern immer für den Teil davon, für den sie zuständig sind (ein Gerät, eine Anwendung, ein Dienst). Dass das ohne zentrale Steuerung funktioniert, ist einer der ganz, ganz grossen Vorteile dieser Technologie und ist auch der Grund, warum alle überall Internet-Technologie einbauen – nicht weil wir uns «blind abhängig machen», sondern weil die Technologie so grossartig ist und so viele Vorteile bietet.

Die Regierung USA befiehlt den IT-Unternehmungen aus den USA (wie z.B. Microsoft, Amazon, Google) sämtliche Dienstleistungen (wie z.B. M365, AWS, iCloud) für Unternehmen und Brüger ausserhalb der USA nicht mehr erbringen dürfen (Gesetzesgrundlage Patriot Act). Ist es sichergestellt, dass die kritischen Infrastrukturen in der Schweiz noch funktionieren? (gibt es dazu eine Gesetzliche Grundlage – wie Infrastruktur muss funktionsfähig sein ohne Internet / Dienst aus dem Internet)

Guido Berger: Das Szenario (weltweiter Totalausfall des Internets) ist so unwahrscheinlich, dass es keinen Sinn macht, dafür gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Betreiber kritischer Infrastruktur sind aber natürlich verpflichtet, den Betrieb aufrechterhalten zu können. Viele Systeme (AKWs, Wasser, Strom, Bahn etc.) benötigen kein Internet. Auf lokale Teilausfälle ist man vorbereitet.

Was wäre mit den Banken wen jetzt zum Beispiel das gesamte Internet ausfallen würde was wäre mit dem Geld das die Leute auf der Bank haben (also digital(Kreditkarte usw.)) Wäre das Geld alles gelöscht oder sind die zahlen auch offline gespeichert? Oder mit den Krankenhäuser die ihre Patientenakten im Netzwerk gespeichert haben?

Myriam Dunn Cavelty: Wenn das Internet ausfällt (Datenübertragung), werden lokal gespeicherte Daten nicht beschädigt oder gelöscht. Ihr Geld wäre also sicher! Es käme aber zu erheblichen Problemen im Zahlungsverkehr und die wirtschaftlichen Schäden wären enorm, weil Gelder nur noch im beschränkten Ausmass verschoben werden könnten. Auch Patientendaten wären noch da – auch sie werden auf Computern gespeichert, deren Funktion durch den Ausfall des Internets nicht beeinträchtigt würden. Der Zugriff auf die Daten von verschiedenen Standorten wäre aber nicht mehr möglich.

Wieso macht man nicht einfach geschlossene Systeme bei Relevanten Aufgaben?! Die Alchemie des Rückgangs auf die Basic ist das Wesentliche. Alles andere ist Hoffnungslos zum Untergang unserer Spezies verdammt.

Myriam Dunn Cavelty: In der Tat gibt es viele geschlossene Systeme für kritische Prozesse! Ganz viele Industrieanlagen etc. sind nicht am Internet. Auch beim Militär z.B. sind die Netzwerke nicht mit dem Internet verbunden. Im SRF-Gedankenexperiment «Totalausfall des Internets» würden solche internen Netzwerke auch durchaus noch funktionieren.

Würden alle Verkehrsampeln ausfallen?

Guido Berger: Ich kenne das System nicht im Detail, gehe aber davon aus, dass viele Systeme eigene Netze nutzen, die nicht am Internet hängen. Es ist aber wohl auch plausibel, dass es Kaskadeneffekte geben kann. Deshalb: Einige würden noch funktionieren, andere nicht, es wäre wohl etwas chaotisch.

Eine Explosion des Katla in Island ist seit vielen Jahren überfällig. Die klimatischen Folgen wären bekannt (2-3 Jahre Winter infolge fehlender Sonne und gewaltiger Wassermassen in der Luft). Was wären die Folgen für das Internet?

Myriam Dunn Cavelty: Ein Vulkanausbruch sollte eigentlich keine Auswirkungen auf das Internet haben, denn dessen Infrastruktur ist meist auf dem Boden

gibt es Planungen, das alte analoge Telefonnetz wieder zu reaktivieren? Aus Kostenoptimierungsgründen war der Schritt des Ausstiegs ja durchaus nachvollziebar, bzgl. Krisensicherheit bestehen heutzutage aber wieder andere Anforderungen. Heutzutage laufen ja alle Kommunikationsdienste über das Internet, wenn das ausfällt geht nichts mehr !?

Guido Berger: Nein. Klar, wenn das Internet ausfallen würde, geht nichts mehr – aber das ist eben ein sehr, sehr, sehr unwahrscheinliches Szenario, eine Fantasie-Vorstellung – sich darauf vorzubereiten, macht keinen Sinn. Wir machen dieses Gedankenexperiment, weil es spannend ist und zeigt, wo überall Internet drin steckt – nicht weil wir das für ein reales Risiko halten. Auf Teilausfälle sind Betreiber entsprechender Infrastruktur durchaus vorbereitet.

Was wenn nicht das Internet ausfällt, sondern nur ein Teil bzw. eine Funktion des Internets? Ich denke speziell an das Zeitprotokoll (das heisst glaube ich TTP). Wenn es in diesem Falle keine einheitliche Zeit der Geräte gäbe, wären die Folgen in etwa genauso schlimm wie ein Totalausfall des Internets?

Guido Berger: Nein. Wenn ein Dienst ausfällt, sogar wenn es ein sehr zentraler ist, kann man den wiederherstellen. Vielleicht kommt es kurzfristig zu Problemen (Stunden, Tage), aber sicher nicht in dem Ausmass, wie wir sie uns bei einem Totalausfall ausmalen (Zusammenbruch des Finanz- und Wirtschaftsystems über Monate).

szenario ausbruch campi flegrei der üblen art: über einen langen zeithorizont u.a. kein strom, chaos, wassermangel, kriege, pandemien etc. der klassiker, nur: erstmals im stromzeitalter. fragen: – auf welche weise wird die bevölkerung informiert? – inwieweit wird diese darüber orientiert wie ein internet ohne strom funktionieren kann, z.b. über organische computer, die rasch irgendwo/wie, eventuell ethisch heikel, vorangebracht werden? – anders als historische, umfassende extremsituation sind wir stromgenerationen: wie wird, wird sie?, die digitale zeitgenossenschaft geschult, in einem solchen szenario länger lebensfähig zu sein? vielen dank für ihre aufmerksamkeit.

Myriam Dunn Cavelty: Ein Stromausfall wäre einiges schlimmer als ein Internetausfall: Ein längerfristiger Blackout von mehreren Stunden bis Tagen führt dazu, dass die Versorgung mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen erheblich eingeschränkt ist. Viele Regierungen – inkl. der Schweiz – machen sich schon lange Gedanken darüber. Es gibt also Notfallpläne und Pflichtlager, usw. Bei einem Stromausfall ist man auch nach wie vor in der Lage, via UKW-Radio und speziell mit Notstrom ausgerüsteten Sendeanlagen Informationen zu verbreiten. Übrigens weiss man aus Erfahrungen (lokale Stromausfälle), dass die Menschen recht resilient sind und sich selber helfen.

Was würde in den Spitälern, beim öffentlichen Verkehr, in den Tourismusbranchen, in der Maschinen- und Dienstleistungsindustrie noch funktionieren? Praktisch nichts?

Guido Berger: Spitäler würden weiter laufen, ÖV würde weiter fahren. Die haben eigene Netze und können den Betrieb aufrechterhalten. Aber: Wenn mein Telefon nicht mehr funktioniert, kann ich keinen Notruf mehr absetzen. Und wenn das Spital nicht mehr mit Patienten, Hausärztinnen oder Krankenkassen kommunizieren kann, wird Planung und Betrieb schnell chaotisch. Maschinen- und Dienstleistungsindustrie erlebt einen totalen Zusammenbruch von Finanzfluss und Lieferketten und bleibt wohl stehen.

Das Internet ist sehr robust, solange einzelne oder auch mehrere Knoten ausfallen. Bei einem Sonnensturm (Carrington-Ereignis) hingegen, würden sehr sehr viele Knoten ausfallen und die restlichen wären meines Erachtens komplett überlastet. Wie sehen Sie die Gefahr eines erneuten Carrington-Ereignisses? Und was wären Ihrer Meinung nach die Konsequenzen?

Guido Berger: Es gibt die Befürchtung, dass ein extrem schwerer Sonnensturm so viel elektromagnetische Strahlung auf die Erde einwirken lassen könnte, dass diese Strahlung in langen Kabeln ein Strom induziert, der dann an den Kabeln angeschlossene Geräte wie Repeater zerstört. Die Wahrscheinlichkeit, dass das tatsächlich passiert, ist sehr gering – und dass gleich ALLE Kabel davon betroffen sind, noch viel geringer. Ausserdem kennen Betreiber solcher Infrastruktur das Problem und können Geräte so verbessern, dass sie weniger anfällig sind.

Als wie real schätzen Sie die Gefahr eines Sonnensturm ein, der unser ganzes Internet- und Stromnetz lahm legt?

Myriam Dunn Cavelty: Als sehr, sehr unwahrscheinlich! Insbesondere, wenn wir vom gesamten, globalen Internet sprechen.

Guten Tag, Gibt es nur «EIN» Internet? Haben nicht verschiedene Staaten ein eigenes Internet-Netz? im Zeitalter der Cyberkrminalität: wäre es möglich, dass sich Länder durch gezielte Angriffe auf das Internet eines anderen Landes kriegsführende Aktivitäten einfallen lassen könnten? Danke für Ihre Rückmeldung.

Myriam Dunn Cavelty: Nein, wie auch Guido Berger in seinem Erklärvideo sehr schön sagt, «Das» Internet gibt es nicht, es handelt sich vielmehr um ein sehr vielfältiges, sehr dynamisches Netzwerk mit ganz unterschiedlichen Bestandteilen. Es gibt Staaten, die über Internetkontrolle ein «eigenes» Internet definieren können (z.B. China, Iran), in der westlichen, demokratischen Welt ist es aber so, dass die Inhalte zumindest frei über die Landesgrenzen hinweg fliessen. Über Cyberkrieg spricht man schon seit Jahrzehnten, heute weiss man aber, dass sich das Internet vor allem für die Spionage eignet und nicht dafür, Krieg zu führen.

Bei Internetausfall von mehreren Wochen bezügl. a) Systemrelevante Anlagen: gibt es sowas wie eine Internet-Notversorgung? b) Strom: Welche Zeitspanne würden ggf. die nötigen Anpassungen in Anspruch nehmen – sofern mit der heutigen Technologie überhaupt noch möglich – um den nötigen Strom zu erzeugen und das Stromnetz umfassend zu bedienen ganz ohne Internet? c) Geldfluss (wenn es Strom hat aber kein Internet): Mit wie viel Verzögerung müsste man rechnen um finanzielle Angelegenheiten erledigen zu können (Bargeld abheben und Rechnungen bezahlen am Bankschalter), wenn die Banken wie in alten Zeiten sämtliche Bewegungen manuell und per Post abwickeln müssten?

Guido Berger: In unserem (unrealistischen) Szenario wäre das Internet ganz weg. Viele Unternehmen oder Betreiber kritischer Infrastruktur betreiben aber eigene Netzwerke, eigene Handy-Netze oder kommunizieren über Funk. Das würde in unserem Szenario noch funktionieren und vor allem bei Notfällen helfen. Strom wäre nicht betroffen, der kommt auch ohne Internet aus der Steckdose. Weil aber Stromanbieter und Netzbetreiber die Produktion und Verteilung koordinieren müssen, wären hier wohl mindestens mittelfristig auch mit Problemen zu rechnen. Geldfluss müsste man auf Bargeld umstellen, was auf keinen Fall problemlos ginge. Das Problem hier wäre aber nicht das Einkaufen, sondern der Unterbruch der globalen Geldflüsse mit wohl völlig chaotischen Folgen.

Wie kommunizieren wir (jeder einzelne und die Behörden – Gemeinde) miteinander – gewohnt an Smartphone, E- Mail – digital TV und digital Radio? Welche Alternativen sind dann noch realistisch und möglich? Gibt es Empfehlungen? Tipps?

Guido Berger: Man müsste schnell sehr kreativ werden. Information auf Papier, verteilt per Post oder Kurier. Funk (inklusive analoges Radio und Amateur-Funker). Plakate. Vielleicht eine Person mit Megafon und Velo, die in der Gemeinde herumfährt. Aber sicher auch Nachbarsnetzwerke und andere private Initiativen.

Wie würde alleine die schnelle Kommunikation funktionieren? Privat, geschäftlich in allen Belangen und in allen Sparten, Sicherheit persönlicher und militärischer Art? Gar keine Frage der wirtschaftlich gearteten!

Catarina Katzer: Die gesamte Kommunikation, die wir über Technologie abwickeln, wäre komplett lahmgelegt. Auch SMS verschicken oder Telefonieren, alles wäre unmöglich. Bildlich gesprochen, bräuchten wir dann wieder Brieftauben oder den berittenen Postboten. Es wäre wahrlich eine Katastrophe, denn wenn auch der Verkehr zusammenbricht, kommt auch niemand mehr schnell von A nach B. Die Verständigung sowie der gesamte Informationsaustausch wäre extrem langwierig. Alleine die Kommunikation innerhalb meines physischen Umfeldes, face to face, würde noch reibungslos funktionieren.

Wie weit wäre ein Inselbetrieb möglich? Wenn z.B. ein Akteur die transatlantischen Glasfaserleitungen trennt, wären wir noch in der Lage, ein europaweites Internet zu betreiben? Würde DNS lokal noch funktionieren? Und BGP? Könnten lokal noch Verbindungen hergestellt werden, z.B. mit statischen IP Adressen? Welche systemrelevanten Infrastrukturen sind vom Internet abhängig? Würde bei einem Internettotalausfall das Telefonnetz noch funktionieren? Haben Kraftwerke Internetunbhängige Kommunikationskanäle für die Regulierung und die Synchronisation, oder würde ein Internettotalausfall auch zu einem grossen Stromunterbruch führen? Wie weit ist das Radionotfallkommunikationssystem vom Internet abhängig? Würde zumindest dieses Notfallradioprogramm noch funktionieren, damit die Bevölkerung informiert werden kann? Wird in Zukunft ein teilweiser oder kompletter Internetausfall in der Risikoanalyse des Bundes berücksichtigt?

Guido Berger: Wenn transatlantische Kabel ausfallen, wird der entsprechende Verkehr über andere Leitungen (z.B. durch den Pazifik) umgeleitet. Das Internet würde nicht ausfallen, sondern langsamer werden. In extremen Fällen müsste man priorisieren. Die entsprechenden Mechanismen gibt es. Bei einem Totalausfall würde das Telefonnetz nicht mehr funktionieren, das ist alles auf IP umgestellt. Viele Unternehmen haben eigene Netzwerke – und gerade Anbieter kritischer Infrastruktur haben Kanäle, die Internet-unabhängig sind. Hier ist es Ihrer Fantasie überlassen, wie extrem sie das Gedankenspiel gestalten wollen, denn realistisch ist dieses Szenario nicht. Stromausfall gäbe es nicht – mit der Zeit hätten die Produzenten und Netzbetreiber aber wohl Probleme, die notwendige Koordination reibungslos aufrecht zu halten. Radio würde über Not-Funk-Antennen noch funktionieren, aber Internet-Streams oder DAB würde nicht mehr gehen. Nein, eine Risikoanalyse des Bundes gibt es dazu nicht, weil das Szenario völlig unwahrscheinlich ist. Teilausfälle sind dagegen plausibel, und da gibt es entsprechende Planung.

Ich denke vorallem an die Menschen. Wir gehen wir damit um sollten die gewohnten Kommunikationskanäle, Konsum und Technik nicht mehr oder eingeschränkt zur Verfügung stehen? Ein solches Szenario kann sehr schnell zu Panik und destabilisierung führen. Anschlussfrage: Wie verwundbar ist das DNS System wirklich (Root Nameserver)?

Catarina Katzer: Ihre Frage bezüglich der psychologischen Auswirkungen auf uns Menschen ist von grosser Bedeutung- gerade auch für die Bewältigung eines solchen Krisenszenarios. Der extreme Kontrollverlust über unsere Lebenssituation, macht uns immer kopfloser, je länger die Situation andauert. Das bedeutet, wir funktionieren immer stärker auf der emotionalen Angstebene. Mit der Zeit entsteht eine regelrechte Massenpanik. Dieser Effekt wird umso stärker, je weniger die Regierungen fähig sind, die Lage zu verbessern. Ein Vertrauensverlust in die Politik kann dann eben auch dazu führen, dass Menschen die Dinge selbst in die Hand nehmen. Notlagen führen nicht selten zu katastrophalen Lagen innerhalb der Gesellschaften. Aggression sowie Verlust von Wert- und Moralvorstellungen können die Folgen sein. Ein wichtiger Gedanke von Ihnen!

Wer müsste es wieder zum lauffen bringe wer ist für dn schaden haftbat, was wenn es nieh mehr geht…für immer ohne was dann???

Guido Berger: Weil das Szenario so unrealistisch ist, gibt es auch niemand, der das versichern würde. Entsprechend müssten wohl Staaten eine Reparatur bezahlen. Die Situation wäre so aussergewöhnlich und so dringlich, dass man wohl schnell international kooperieren und notfalls auch die Notenpresse anwerfen würde.

Was würde bezüglich Internet passieren, falls – wie dies immer wahrscheinlicher werden könnte – eine strategische Atombombe in grosser Höhe gezündet würde?

Myriam Dunn Cavelty: Das zünden einer Atomwaffe in der Atmosphäre hätte (lokal) so tödliche, katastrophale Auswirkungen, dass der Verlust des Internets sekundär wäre! Es stimmt aber natürlich, dass durch den Elektromagnetischen Impuls (EMP) elektronische Geräte zerstört würden, das jedoch nicht weltweit – zudem wurde der Vorgänger des Internets, das ARPANET, so gebaut (nämlich dezentral!), dass es auch nach einer Atombombe weiter funktionieren würde

ICloud von Apple wird durch einen Cyber-Angriff übernommen. Sämtliche Daten auf der iCloud werden gelöscht und Smartphons (IPhones) werden deaktiviert (gleiches Szenario auch bei Google). --> Sämtliche Smartphones in der westlichen Welt sind nicht mehr funktionsfähig – Was wären die Auswirkungen? – Gibt es für dieses Szenario einen Plan? – Ist es sichergestellt, dass die kritische Infrastruktur in der Schweiz noch funktionsfähig ist

Myriam Dunn Cavelty: Es ist nicht möglich, die iCloud von Apple durch einen einzigen Cyber-Angriff zu übernehmen, denn die «Cloud» als solche ist ja kein in sich geschlossenes Objekt, sondern eine Vielzahl von vernetzten Computern/Servern. Auch könnten aus der Ferne keine Smartphones deaktiviert werden. Ein solches Szenario ist also unmöglich!

Guten Tag Was wäre, wenn ein Sonnensturm unsere digitale Infrastruktur zerstören würde? Vielen Dank für ihre Antwort.

Guido Berger: Es gibt diese Befürchtung, und auch ein entsprechendes Forschungspapiert dazu – und eine entsprechende Verschwörungstheorie bzw. Angst. Ein Sonnensturm erzeugt mehr elektromechanische Strahlung als gewöhnlich und es gibt zumindest die Sorge, dass diese Strahlung dann in langen Kabeln wie z.B. Untersee-Kabeln einen Strom induzieren könnte, der die Kabel bzw. die Repeater zerstören könnte. Niemand kann aber sagen, wie wahrscheinlich dieses Szenario ist – und die Wahrscheinlichkeit, dass ALLE und nicht nur einige Kabel ausfallen, ist wohl sehr, sehr, sehr klein. Ausserdem gibt es Möglichkeiten, die Gefahr zu mindern, was Hersteller und Betreiber entsprechender Infrastruktur wissen. Also kurz: Das ist kein plausibles Szenario.

Wem «gehört» eigentlich das Internet? Und wer ist dafür «verantwortlich», das es funktioniert?

Guido Berger: Das Internet ist eine Idee, nicht ein Gegenstand. Also ein Set von Technologien und Protokollen, die es Geräten ermöglichen, am Internet «teilzunehmen». Entsprechend gehört es niemandem, und es ist auch nicht eine einzelne Institution dafür verantwortlich. Sondern alle, die am Internet teilnehmen, besitzen die Geräte, mit denen sie das tun, und sind für diese Geräte verantwortlich.

Ist beim Bund irgend jemand auf so ein Szenario vorbereitet? Funktioniert Wasser, Strom und Kommunikation (Telefon) ohne Internet? Wenn nein, gibt es Notfallszenarien? Ist UKW auch abhängig von Strom und Internet?

Myriam Dunn Cavelty: Beim Bund beschäftigen sich unterschiedliche Bundesämter (z.B. das BABS oder das BWL) schon länger mit solchen Fragen und Szenarien. Viele kritische Infrastrukturen funktionieren auch ohne Internet, auch die Kommunikation oder Alarmierung der Bevölkerung, denn die Schweiz investiert in redundante Netzwerke für den Ernstfall

Würde das Natelnetz auch aussteigen?

Guido Berger: In unserem Gedankenexperiment würde das Handy zwar noch mit der Antenne verbinden – dann wechselt die Kommunikation aber auf ein Internet-Kabel, das nicht mehr funktioniert. Also ja, Natel würde nicht mehr funktionieren.

Fragen habe ich keine. Möglich wäre das schon. Das alles habe ich mich schon oft gefragt. Das wäre eine reine KATHASTROPHE!!!! Ich würde ev. noch zurecht kommen, aber die Leute wo ständig am Telefon hängen? ich frage mich ob sich die Regierungen eine Lösung zu diesem Szenario schon ausgemalt haben. Mit freundlichen Grüssen

Guido Berger: Die Einschränkung der persönlichen Kommunikation wäre nicht das grösste Problem, sondern der Zusammenbruch der globalisierten Wirtschaft, ein totales Chaos in den Produktions- und Lieferketten. Die persönlichen Sorgen würden sich also nicht darum drehen, ob ich nicht telefonieren kann, sondern ob ich meine Familie versorgen kann, ob ich noch einen Job habe, ob ich noch an meine Medikamente komme etc.

Die transatlantischen Unterseekabel sind das Rückgrat des Internets und lassen sich doch unmöglich auf ihrer ganzen Länge bewachen. Was blüht uns, wenn da ersnthaft Sabotage betrieben wird?

Myriam Dunn Cavelty: Ja, die Unterseekabel sind sehr wichtig und man weiss schon lange, dass sie ein verwundbarer Punkt sind. Es gilt aber auch, dass alle Akteure etwa gleich abhängig sind von der Datenübertragung und deshalb das Interesse an einer Sabotage oder Zerstörung sehr gering ist. Eher sind Nationalstaaten interessiert, diese Daten für nachrichtendienstliche Zwecke abzuzapfen.

Was wären denn die wahrscheinlichsten (auch wenn unwahrscheinlich) Ursachen für einen breiten (landesweiten oder gar globalen) Internetausfall? Hacking? Angriff auf Seekabel? ...

Guido Berger: Hacking: nein. Niemand ist in der Lage, mit einem Hacking-Angriff das ganze Internet lahmzulegen. Seekabel: es gibt hunderte. Alle gleichzeitig zu zerstören, ist unmöglich. Ich würde diese Fähigkeit nicht einmal einer Grossmacht zuschreiben, und keine einzige Grossmacht hätte auch nur das geringste Interesse daran, das zu tun. Am ehesten denkt man an Szenarien wie Meteoriten-Einschläge oder enorme Sonnenstürme – und selbst bei diesen enorm unwahrscheinlichen Szenarien ist es immer noch unwahrscheinlich, dass das ganze Internet ausfällt.

Guten Tag Würde die Kriminalität stark zurückgehen, zumindest nicht in einem grossen organisierten Netzwerk und wäre sie dann stärker angreifbar und so zerstört? Ihre Kommunikation würde ja schon zusammenbrechen. Kriminalität im Sinne von Kinderprostitution, Zwangsprostitution, Drogenkartelle, Menschenhandel etc. Aber auch Bagatelle? Wie stark wären die alle eingeschränkt?

Guido Berger: Moderne organisierte Kriminalität ist ebenso globalisiert wie der Rest der Wirtschaft. Und damit ebenso von globaler Kommunikation abhängig wie der Rest der Wirtschaft. Und würde deshalb mit den gleichen Problemen kämpfen: unterbrochene Lieferketten und Finanzflüsse.

Im Beitrag erwähnt Guido Berger, dass so wie das Internet (ursprünglich) gebaut wurde dank dezentralen/verteilten Komponenten einen kompletten Ausfall unmöglich ist. Ist das heutzutage immer noch der Fall, oder haben wir uns nicht von einzelnen globalen Playern (z.B. Google, Amazon, etc) soweit abhängig gemacht, dass das nicht mehr gilt? Und was ist mit DNS? 🙃

Guido Berger: Das Internet ist nicht ein Gerät, sondern eine Idee – machen Geräte Probleme, können sie ersetzt werden. Natürlich gibt es zum Teil grosse Abhängigkeiten von einzelnen Diensten und Flaschenhälse – aber ein Ausfall dieser Dienste würde nicht zu einem Totalausfall führen wie in unserem Szenario, sondern einfach das Internet verlangsamen für ein paar Stunden oder Tage. Und das Problem würde mit Hochdruck behoben. Das ist also möglich, aber nicht vergleichbar mit unserem unplausiblen Fantasie-Szenario eines weltweiten Totalausfalls.

Guten Tag, Werden eigentlich kritische Infrastrukturen wie Wasserversorgung, Elektrizitätswerke, Verkehrssteuerung etc. durch physikalisch getrennte Netzwerke kontrolliert, oder kann jemand vom andern Ende der Welt uns total lahmlegen? Solange es keine Gateways zum Internet gibt, müsste dann ein Hacker ja zumindest in die Schweiz kommen und das Netzwerk physikalisch anschliessen, was eher unwahrscheinlich ist. Danke und viele Grüsse

Myriam Dunn Cavelty: Es ist nicht möglich, alle kritischen Infrastrukturen gleichzeitig aus der Ferne lahmzulegen. Unter anderem, weil die Kontrollsystem nicht ans Internet angeschlossen sind. Auch wichtig: Hacken funktioniert nicht wie in den Filmen, in denen häufig suggeriert wird, dass das ganz schnell geht und auf Knopfdruck ein gewünschter Effekt erzielt werden kann. Ein Hacker braucht Zeit, nachdem er in ein Netzwerk eingedrungen ist (weil er nie wissen kann, was genau er vorfindet und wo z.B. die wichtigen Daten sind) und das heisst, er muss über längere Zeit verborgen bleiben können. Dabei muss er auch fürchten, entdeckt zu werden! Das alles heisst, dass es viel zu schwierig ist, eine solche Aktion richtig zu «timen». Selbstverständlich sieht es etwas anders aus, wenn man einen Insider hat, der Zugriff zu Kontrollsystemen und Netzwerken hat.

Ab wann wird es für das Trinkwasser kritisch?

Guido Berger: Das scheint mir kein Problem zu sein. Diese Infrastruktur benötigt keine Internet-Verbindung und ändert sich auch nicht so rasant, dass digitale Kommunikation entscheidend ist. Per Funk oder Papier-Kurier könnten die Verantwortlichen wohl problemlos alles Notwendige kommunizieren.

Im Falle eines dauerhaften InterNet-Ausfalls… 1.) Sind einzelne Städte und Gemeinden der Schweiz, auf ein solches Szenario vorbereitet und wenn Ja, welche? 2.) Wie viele Menschen würden am Beispiel der Stadt Zürich, nach ca. 4 Wochen voraussichtlich verstorben sein?

Guido Berger: Das ist kein reales Szenario, und deshalb bereitet man sich auch nicht vor. Lokale, zeitlich eng begrenzte Internet-Ausfälle sind realistisch, und darauf sind auch Behörden und Betreiber kritischer Infrastruktur vorbereitet. Ich rechne nicht mit Todesfällen innert kürzester Zeit. Wahrscheinlich würde es schnell einen Run auf Läden und Bargeld geben, aber ich glaube nicht, dass die Leute sofort aggressiv würden – im Gegenteil, man würde sich wohl helfen. Längerfristig würde aber ein Kollaps der globalisierten Wirtschaft eine deutliche Einbusse an Wohlstand bedeuten, und vor allem auch eine deutliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung. Das würde bedeuten, dass die Lebenserwartung sinken würde, und das wäre dann eine Übersterblichkeit, die man direkt als Folge des Ausfalls sehen könnte.

Was würde bei einer Durchtrennung der Datenkabel im Atlantik mit dem Internet in Europa geschehen? Wie rasch würde es zur Anarchie/Kontrollverlust der Behörden bei einem Internetausfall kommen?

Guido Berger: Durch den Atlantik gehen sehr viele Kabel, nicht alle auf der gleichen Route. Wenn also einige gekappt werden, wird der Internet-Verkehr über andere umgeleitet; wenn alle im Atlantik gekappt würden, wird der Verkehr über andere Routen (durch den Pazifik und den Indischen Ozean) umgeleitet. Weil diese Kabel dann aber überlastet sind, würde es zu Behinderungen und Verlangsamung kommen, aber nicht zu dem Totalaufall, den wir uns in unserem Gedankenexperiment vorstellen. Die Kabel würden dann repariert werden, was eine Weile dauert und auch vom Wetter abhängt. Wenn sehr viele Kabel gleichzeitig kaputt gehen, gäbe es wahrscheinlich zuwenig Kabelschiffe, die reparieren können, was die Reparatur zusätzlich verzögern würde. Ich würde dann nicht mehr mit Wochen, sondern Monaten rechnen, bis sich alles wieder normalisiert hat. Und nein, mit Anarchie/Kontrollverlust rechne ich bei so einem Szenario nicht.

Wie stark wären die militärischen Kapazitäten der Weltmächte eingeschränkt?

Myriam Dunn Cavelty: Nur gering, denn militärische Kommunikation läuft zum grössten Teil nicht über das öffentliche Internet. Satellitenkommunikation (das Militär verwendet auch nur bedingt kommerzielle Satelliten) z.B. wäre von einem Internetausfall nicht betroffen.

Ist es Moeglich dass die Menschen sich wieder sehen, wieder diskutieren, wieder Zeit haben und auf der Strasse sich nicht mehr in gefaehrliche Situationen bringen beim Starren auf das «Haendy» Ist es Moeglich, dass die Post wieder rentiert...

Guido Berger: Es gäbe sicher sehr schnell viele kreative Ideen, Kommunikation wieder herzustellen. Und bin auch überzeugt, dass zu Beginn die gegenseitige Solidarität und die Bereitschaft, sich zu helfen, sehr gross wäre. Und ja, evtl. fände man das ein paar Stunden sogar noch lustig. Aber wenn dann die ganze Weltwirtschaft zusammenbricht, weil Lieferketten ohne Kommunikation nicht mehr funktionieren, würde man das wohl sehr schnell als beängstigend und nicht angenehm empfinden.

Ist es ratsam für einen solchen Fall immer Bargeld bereit zu haben, da ja alle elektronischen Zahlungsmöglichkeiten ausfallen werden ? – Inwiefern soll man auch Lebensmittelvorräte bereit halten ? – Rechnet man dann auch mit vermehrter Kriminalität ? – Ist es ratsam, sich ein Satelliten-Telefon zu beschaffen ? Hat das auch keine Verbindung mehr ?

Guido Berger: Das Szenario ist äusserts unwahrscheinlich. Das Internet ist so gebaut, dass es nicht total ausfallen kann. Und selbst wenn es ganz oder teilweise kaputt ginge, wäre die oberste Priorität aller, das so schnell wie möglich wieder zu reparieren. Ich würde deshalb sagen, dass es keinen Sinn macht, sich speziell auf dieses Ereignis vorzubereiten. Ein Notvorrat und etwas Bargeld zu Hause zu haben, ist ja aber auch aus anderen, viel naheliegenderen Gründen (Stromausfall, Naturkatastrophen etc.) sinnvoll.

„Was wäre, wenn morgen das Internet ausfällt?“ wären wir auf das vorbereite? Welche Vorbereitungen müssen dafür gemacht werden das das Leben trotzdem weiter geht? Was würden all die Menschen machen welche sich über das Internet verkaufen? Usw. Aus meiner Sicht würde das Leben viel gelassener.

Catarina Katzer: Ein wichtiger Punkt, auch für das unwahrscheinliche Szenario eines gesamten Internetausfalls, ist aus meiner Sicht, dass alle Länder sowie die politischen Eliten einen Notfallplan aufstellen, der genau skizziert, welche Stellen wie eingreifen könnten, um Sicherheit und auch Ruhe in der Bevölkerung zu garantieren. Dazu gehört natürlich auch die Absicherung der Grundversorgung (das beträfe z.B. auch Trinkwasser), so wie Sie es in der Schweiz ja auch bei bestimmten Lebensmitteln und Medikamenten haben. Ich glaube, man muss etwas trennen zwischen dem digitalen Leben und dessen Nutzung auf der Ebene des Individuums auf der einen Seite und Wirtschaft und Gesellschaft auf der anderen. Sicherlich ist der Gedanke, auf der Individualebene etwas stärker analog zu leben, sinnvoll, und sich von zu vielen Abhängigkeiten zu lösen. Wirtschaftlich global wird ein Zurück nicht möglich sein, deshalb sollten Schutzmechanismen gerade für kritische, lebensnotwendige Strukturen einen deutlich höheren Stellenwert bekommen!

Besteht die Möglichkeit, dass das Internet global auf der ganzen Erde gleichzeitig ausfallen kann?

Myriam Dunn Cavelty: Das Szenario ist so unwahrscheinlich, dass wir sagen können: Nein. Denn «das Internet» als eine Einheit, die zentral gesteuert oder abgeschaltet werden kann, gibt es nicht. Am wahrscheinlichsten wäre bei einem Kometeneinschlag mit grossflächigem Ausfall zu rechnen, aber dann wäre uns das Internet wahrscheinlich egal... denn wir hätten andere Probleme

Ich habe nur eine Frage: ist oder wird da jetzt schon etwas unternommen? ein alternative Überbrückung wenn das Internet ausfallt? Das es heute keine analoge Festnetz Telefonen mehr gibt, ist meinermeinung die grösste Fehler aller Zeiten, sowieso alles ans Internet zu koppeln auch, schöne Grüsse aus Alvaneu

Guido Berger: Nein, das Szenario «weltweiter Totalausfall des Internets» ist so unwahrscheinlich, dass sich niemand darauf vorbereitet. Lokale Ausfälle sind aber natürlich ein plausibles Szenario und darauf sind auch alle Unternehmen oder Organisationen vorbereitet, insbesondere wenn sie kritische Infrastrukur betreiben. Unser Gedankenexperiment ist eine Fantasie, und deshalb ist es unnötig, sich auf Fantasie-Szenarien vorzubereiten.

Guten Tag miteinander! Zu wie vielen Prozenten sind wir heute abhängig von der Datenübertragung via Land/-Meereskabelverbindungen und via Sateliten-Übertragung? Vielen Dank für Ihre Antwort.

Myriam Dunn Cavelty: Das ist in verschiedenen Weltregionen unterschiedlich, aber man sagt, dass rund 98 Prozent der Datenübertragung durchs Meer läuft. Satelliten werden wichtiger, aber für die Unmengen an Daten heutzutage reichen Satelliten gegenwärtig nicht aus

Wie beurteilen Sie die Risiken für komplexe Industrieanlageñ und Infrastrukturen im Kontext mir dem Zeitfaktor ?

Guido Berger: Bei einem weltweiten Totalausfall des Internets können diese Unternehmen nicht mehr operieren. Sie wissen nicht mehr, was sie wann wohin liefern sollen, sie geraten evtl. sehr schnell in Liquiditätsengpässe, sie können keine Löhne mehr bezahlen – die Fabriken stehen still.

Ich fände es nicht schlimm. Obwohl ich meine Berufstätigkeit mit 100%iger Sicherheit vorübergehend nicht mehr ausüben könnte. Es wäre wohl alles sehr plötzlich sehr ruhig und ich würde das sehr geniessen. Ich frage mich aber, wie die Behörden der Schweiz in einem solchen Fall mit der Bevölkerung kommunizieren würden? Bei mir stellt beispielsweise bei einem Unterbruch der Internetverbindung (was hin und wieder wohl seitens des Provider vorkommt) das Radio ab. Es gäbe die Möglichkeit der Kommunikation per Post. Aber würde die Post noch funktionieren ohne Internet? Wie sieht es mit dem Öffentlichen Verkehr aus? Die Verkehrsleitsysteme sind wohl auch auf Internetverbindung angewiesen?

Guido Berger: Die Behörden müssten sehr schnell sehr kreativ sein. Natürlich hätte die Post plötzlich eine grosse Aufgabe. Ich könnte mir z.B. auch vorstellen, dass Gemeinden Leute aufs Velo setzen und Information mündlich oder auf Papier verbreiten. Organisationen wie Sanität, Polizei, Militär könnten über Funk kommunizieren, und Amateur-Funker wären evtl. plötzlich sehr gefragt. ÖV wurde eine gewisse Zeit noch funktionieren, weil die auch teilweise über Funk arbeiten oder eigene Netzwerke oder sogar Handy-Netze betreiben – für die Kunden brächen aber viele alltägliche Möglichkeiten weg (App, Ticketkauf z.B.), und ob dann die internen Netze gar nicht betroffen sind, scheint mir unplausibel. Es würde also nach ein paar Tagen doch zu chaotischen Zuständen kommen, wohl aber nicht sofort.

ohne internet bin ich überzeugt, entstünde ein riesen chaos weltweit unvorstellbar. das würde in allen belangen zu einem totalen stillstand kommen. ohne internet. oder sehe ich das falsch? sie als spitzenfachleute sehen das vielleicht anders. was könnte in diesem fall gemacht werden.

Catarina Katzer: Es ist tatsächlich so, dass im Falle eines kompletten Internetausfalls die gesamte westliche Zivilisation zusammenbräche. Unser öffentliches Leben, staatliche Organisationen, Verkehr, Produktion und Lieferketten, aber auch unsere private Mobilität (Autos bekommen kein Benzin, keine Batterien, kein Software-Update etc.), Wasserversorgung, Einkaufen in Supermärkten – nichts ginge mehr, um nur ein paar Aspekte zu nennen. Auch wenn ein globales Szenario recht unwahrscheinlich ist, partiell könnte diese Gefahr bestehen. Eine gewisse Vorbereitung – eine Art Rescue-Plan – sollte jeder von uns entwickeln. Also sich selbst fragen: Wer hilft mir, wem kann ich helfen (analoges soziales Netzwerk), sollte ich Vorräte anlegen. Auch wichtige persönliche Informationen vielleicht in einem «echten Ordner» in den Schrank stellen.

Sind die Lieferketten der Grossverteiler (Coop, Migros, etc.) in der Schweiz für den Fall eines Ausfalls des Internets ausgelegt? Oder müssten wir mit einem Zusammenbruch der gesamten Logistik rechnen mit den entsprechenden Folgen? Hierzu reicht ein mehrstündiger oder mehrtägiger Stromausfall oder eine Strommangellage.

Guido Berger: Ja, die Logistik würde zunächst völlig zusammenbrechen. Man müsste auf Bargeld umstellen – was für uns Private wohl machbar wäre. Bankomaten würden noch funktionieren, weil die Banken eigene Netze betreiben. Doch der Bargeldbedarf würde auf einen Schlag massiv ansteigen, es gäbe lange Schlangen und mit der Zeit nicht mehr genug. Ausserdem: Im Grossverteiler könnte ich dann zwar bar bezahlen, aber wie bezahlt der Grossverteiler seine Zulieferer? Und wichtiger: Woher weiss er, was wo wie sehr benötigt wird? Es käme wohl sehr schnell zu Engpässen – verstärkt durch Panik-Käufe. Auch die Zulieferer hätten in kürzester Zeit Probleme. Der Bauer kann zwar seine Gurken noch ernten, aber wohin soll er wie viele liefern und wie wird er dafür entlöhnt?

 

10vor10, 14.09.2023, 21:50 Uhr;

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel